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Druck u.Verto<^Alwin MarF (Inh. Otto May-) Süüiaufl'tzer Nachrrchien.Reiohenau^Sci. L MWlD Btaitep füp -§?eimc»ikunöe Scdristleitung unö Geschäftsstelle (n'Nei'csienau.SQ. Fernsprecher Nr. 2>ä Gescl)ics)ie, ^KunULitepatup Hcvptjchriftleitung, sowie für Geschichte, Vorgeschichte, Volkskunde, Sagen und Aberglauben Dr. Frsnzsl, Bautzen, Wettinstraps 48; für Naturwissenschaften Dr. Hs in Ke, Aittau, Komturstrape 5; für Kunstgeschichte und Kunstgswsrbe Dr. Reinhard Müller, Aittau, Stadtmussum, Klostsrgasjs 1. Manuskripten ist RLckpoüo beizufügsn, da sonst ein Anspruch auf Rücksendung nicht besteht. Unberechtigter verboren Postscheckkonto: Leipzig Nr. 27 534. Bankverbindung: Girokasje Reichenau Nr. IS. Privat- und Commerzbank A.-G., Awsigstelle Reichenau, 6a. Gswerbebank Reichenau, 6a. Nr. 11 Sonntag, 13. ^Zuli (Heuert) 1924 5. Jahrgang Die NBWMzMiMWM Dr. Frenzel VI. Heute sei eiu kurzes Wort über die Art und Weise dieser umfassenden Grabung gesprochen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß eine Grabung, wie die jetzt unternommene, ganz andere Ziele und Aufgaben und damit auch andere Arbeitsmethoden hat als eine Grabung an einem Burgwall oder auf einem Gräberfelde. Handelt es sich hier um Ber gung und Beobachtung der Funde, so tritt in Kirschau er schwerend noch hinzu, daß nicht nur das Bauwerk selbst, so weit seine Reste noch vorhanden sind, in seiner gesamten Anlage sreigegraben werden muß, sondern daß man auch mit ganz anderen stofflichen Schwierigkeiten zu Kämpfen hat, als auf einem Gräberselde. Während unsere vorgeschichtlichen Bestattungen ja allermeist unter einer fremdkörperarmen Humusschicht, höchstens eingehüllt von Steinsetzungen ge ringen Umfanges, ruhen, muß man In Kirschau die Trümmer der gewaltigen Mauerreste erst megräumen, um zu der Kultur- schicht zu gelangen, die aus dem Schloßpslaster bezw. in den Häusern liegt. Feder Block — und mancher wiegt mehr als einen Zent ner, muß vorsichtig herausgehoben werden, damit nicht etwa darunterdefindliche Reste zerstört werden. Jeder Block muß sorgsältig nach Werkspuren adgesucht werden, leicht könnte er behauen sein, Steinmetzzeichen oder Gebrauchsspuren zeigen. Da wird er zunächst gereinigt, der Rutenbesen lieb kost ihn, dann wird er gewendet, hin- und hergedreht, dann erst saßt ihn ein sehniger Mann und trägt den klotzigen Ge sellen zum Steinhaufen hiir. Doch auch dieser Hausen darf nicht ohne Bedacht zu immer größerer Höhe anwachsen, darf nicht aus einer beliebigen Stelle angelegt werden. Denn wenn der Abraum später wieder umgeschichtet werden soll, um an darunter gelegene Bodenteile den Spaten ansetzen zu können, so wäre dies sehr unpraktisch und hieße, die kostbaren Arbeits kräfte unserer freiwilligen Helfer vergeuden. Die Steinhaufen werden daher so angelegt, daß sie nur an Stellen lagern, wo die Ausgrabung schon vollendet ist oder wo ihr Abtransport keine Schwierigkeiten bereitet. Wenn nun der Granitblock entfernt ist, so sucht forschend das Auge sein bisheriges Bett nach Resten der Borzeit ab, dann wühlt die Hand oder das Grabeisen im Berwitte- rungsschutt. Vorsichtig geht es abwärts, braun und fett glänzt der Lehm. Hier hats keine Gefahr, voll Schwung fährt Meister Pietsch mit seinem „Akkordlöffel" zu und räumt mit der breiten Schaufel weg, was als toter Boden im Ab lauf der Jahrhunderte sich häufte. Krachend fährt die Ladung in die eisern Schubkarre. Noch einmal wird sie durchsucht, ein kleiner, eiserner Rechen zerwühlt das Erdreich. Halt — ein Knochen findet sich, er entging dem Auge, aber nicht dem Rechen. Die Feder kratzt übers Papier, eine kurze Notiz, dann gehts weiter. Mit der Rodehacke wuchtet man die nächsten Steine los, sie hängen aneinander, Mörtelspuren dazwischen. Wieder schreibt die Feder, zeichnet der Stift. Das Grabungsprotokoll wächst ins Endlose. Endlich zeigt sich eine schwarze Schicht. Da fährt die Schubkarre ab, prasselnd stürzt die Erde auf die Halde, die wir für das lockere Erd reich anlegten. Schon nächstes Fahr wird sie sich mit frischem Grün bedecken. Die Schollen rollen und poltern den Abhang hinab, indessen ein Wächter späht, daß nicht Unberufene sich in den Bereich der stürzenden Massen begeben. Jetzt aber gehts an die Kulturschicht. Da schimmert es rötlich! Eine Pfeilspitze, verrostet, an der Spitze krumm, verbogen. Sie fehlte wohl einst ihr Ziel und biß vergeblich auf den Granit der Mauer. Wieder wird gemessen, geschrieben, gerechnet. Jetzt geht die Grabung nur langsam vorwärts. Teelöffelweise wird die schwarze Erde abgehoben. Da zeigt sich eine Rundung, vorsichtig verfolgt sie das kleine Grabe eisen, da hört sie auf, also wieder nichts Ganzes, „nur" ein Schorb von einem Gefäß. Aber auch der wird mit zartem Drucke abgelöst, gereinigt, betrachtet und schließlich beschrieben und verpackt. Auf ihm ist eine Zier angebracht, in unregel mäßigen Wellenlinien läuft sie auf ihm hin und bricht dann