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Die forstliche Bedeutung der Meisen Bon Rud. Zimmermann, Dresden achdem man lange Jahre hindurch, in erster Linie wohl durch das allzu starre Festhalten an einem zu Unrecht angewandten Nützlichkeitsstandpunkte, dem Bogel- leben unserer Wälder eine nur geringe Beachtung ge schenkt hat, beginnt man in der Gegenwart erfreulicher weise die hohe Bedeutung, die die Vogelwelt für das Wohlergehen des Waldes besitzt, wieder richtig einzuschätzen. Und es mehren sich daher nicht nur die Maßnahmen, wo man in unfern Wäldern, etwa wie durch das Aufhängen von Nistkästen, diesen den bis herigen Bogelbestand zu erhalten und ihn sogar noch zu vermehren bestrebt ist, sondern es wird mehr und mehr auch bei der direkten Bewirtschaftung des Waldes auf eine Verbesserung der Aufent halts- und Lebensbedinqungen für unsere Vögel sowie auf die Erhaltung und Neuschaffung von natürlichen Brutgelegenheiten großer Wert gelegt. In einer ganzen Anzahl behördlicher Erlasse bereits ist angeregt und verordnet worden, bei den Hiebführungen nach Möglichkeit das schützende Unterholz zu belassen, in Dickungen angemessene Horste vom Hieb auszuschließen und Pflegehauungen in Iungwüchsen zur Brutzeit zu unterlassen, stark anbrüchige, hohle und geringwertige Bäume gleich den Hecken und Gestrüpp an Wegcrändern, Böschungen usw. aber stehen zu lassen, kleine, nasse und sumpfige Stellen nicht zu entwässern, Waffertümpel nach Mög lichkeit nicht trocken zu legen usw., alles Maßnahmen, die von ganz hervorragender Bedeutung für das Vogelleben des Waldes sind und diesen vielfach auch sonst noch in anderer Weise zugute kommen. Wenn nun auch, man hat dies oft beobachtet, in anderen Fällen aber auch das Gegenteil festgestellt, meistens die Vogel welt eine einmal ansgebrochene, umfangreichere Insektenkalamität allein zu bekämpfen nicht in der Lage ist — es liegen sogar eine Anzahl zuverlässiger Beobachtungen vor, wo viele insektenfressende Vögel aus den von Insektenfraß befallenen Waldteilen einfach ausgewandert sind, möglich, weil die Gleichartigkeit der Nahrung ihnen auf die Dauer nicht zuträglich ist, wie auf der anderen Seite oft aber auch wieder starke Zuzüge von Vögeln in die von Insekten befallenen Gebiete festgestelli worden sind —, so steht auf der anderen Seite doch unzweifelhaft fest, daß sie sehr wohl in der Lage sind, unter normalen Verhältnissen die Insektenwelt des Waldes in angemessenen Grenzen zu halten und einen in seinen ersten, oft kaum merkbaren Anfängen begriffenen Schaden zu verhüten. Und in dieser Schäden vorbeugenden Tätigkeit ist die forstliche Be deutung unserer insektenfressenden Vögel begründet. Unter ihnen nehmen die Meisen und die ihnen nahestehenden Goldhähnchen, die Baumläufer und Kleiber eine ganz besonders hervorragende Stelle ein, einmal, weil sie in ihrem Vernichtungs kriege eine geradezu unermüdliche Tätigkeit entfalten, und zum anderen, weil sie diesen auch noch fortsctzen in einer Zeit, in der die Mehrzahl der übrigen insektenfressenden Kleinvögel unsere Wälder längst wieder verlassen und im sonnigeren Süden Schutz vor der Strenge des deutschen Winters gesucht hat. Dabei sind sie den meisten anderen Vögeln gegenüber zu ihrer nützlichen Tätig keit noch ganz besonders befähigt dadurch, daß sie nicht nur specht artig die Stämme auf und ab klettern und auf diese Weise auch deren Rinde absuchen können, sondern daß sie auch auf besonders schwachen und schwankenden, anderen Vögeln keinen Halt mehr bietenden Zweigen mit einer geradezu einzigartigen turnerischen Fertigkeit und Gewandtheit sich zu bewegen verstehen und auch die hier lebenden Insekten ablesen können. Man braucht nur ein mal an einem schönen Spätherbst-, Winter- oder Vorfrühlingstag unsere Wälder zu durchwandern und jene oft auffallend starken Meisenflüge zu beobachten, deren Vögel mit einer geradezu vor bildlichen Gründlichkeit Stämme und Aste absuchen und dabei jedes Insekt, das sich zur Winterruhe in einen Borkenriß zurück gezogen hat oder noch an einer Knospe schmarotzt, jede versteckte Larve und jedes kleine, unbedeutend erscheinende Ei mit Sicher heit zu finden verstehen, braucht weiter zu verfolgen, wie diese Flüge dann aus einem Teil des Waldes in den anderen wandern und dort die gleiche Tätigkeit entfalten, um zu begreifen, was sie in der Schädigungsvertilgung leisten können. Ihr Nahrungsbedürfnis ist ja ein ungewöhnlich großes. Dr. Rörig von der Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirt schaft in Berlin hat auf Grund vieljähriger und mit einer seltenen Sorgfalt durchgeführter Untersuchungen nachgewiesen, daß dieser im umgekehrten Verhältnis zur Größe des Vogels steht oder mit anderen Worten, daß er bei kleineren Vögeln ein größerer ist, als wie den größeren Arten. So brauchen beispielsweise unsere Gold hähnchen, die Laubsänger oder der Zaunkönig täglich etwa 30 "X die Meisen etwa 25"/«, Vögel von der Größe eines Rotkehlchens etwa 18—20"/», solche von Star- und Drosselgröße aber nur 8—12°/» ihres Körpergewichtes an Trockensubstanz zu ihrer Nah rung. „Das sind", so schreibt der genannte Forscher, „bei dem ge ringen Gewicht dieser Tiere an und für sich kleine Mengen, die jedoch in Wirklichkeit sehr bedeutend sind, wenn wir bedenken, daß sie Tag für Tag beansprucht werden. So ergibt sich für ein Paar Kohlmeisen mit ihrer Nachkommenschaft eines Jahres, Eltern und Junge zusammen zu 20 Köpfen angenommen, ein Iahres- bedarfoon zirka 50Pfund Trockensubstanz in derKerbtiernahruna. Insekten haben im Mittel eine Trockensubstanz von 20—30 die obige Zahl von Meisen verbraucht mithin jährlich mindestens 1Zentner Insekten, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß diese Vögel die festeren Teile des Insektenkörpers überhaupt nicht ver zehren, ihren Bedarf an Trockensubstanz also zum großen Teil aus dem weichen Inhalte des Kerbtierleibes decken und dem- entsprechend viel mehr gebrauchen, als dem absoluten Gewicht des Insektes entspricht." Wenn die Zahl der nützlichen Vögel im Walde überall der art groß wäre, als wie er sie mit seinen riesigen Insekten mengen zu ernähren imstande wäre, so würden sich sofort auch dieInsektenschäden auf das denkbar Geringste vermindern. Leider aber ist das bei uns kaum schon der Fall; in der Regel wird die Zahl der Waldvögel sogar noch recht erheblich hinter jener ge gebenen natürlichen oberen Grenze Zurückbleiben. Und so erwachsen denn dem Waldwirt außer den oft beträchtlichen laufenden Kosten der Schädlingsbekämpfung nicht selten auch noch jene, auf Jahre hinaus fühlbaren Schäden durch einen direkten Insektenfraß. Wir müssen daher danach trachten, den Vogelbestand des Waldes noch mehr zu erhöhen und ihn nach Möglichkeit seiner oberen Grenze nahe zu bringen. Das ist uns am erfolgreichsten aber gerade wieder inbezug auf des Waldes verdienstlichste Gäste, auf die Meisen möglich. Ihnen fehlt es in unseren Wäldern, vor allen in den intensiv bewirtschafteten Nadelforsten, an geeigneten Nistgclegen- heiten und häufig genug müssen sich daher die heute schon in diesen Wäldern beheimateten Vögel mit solchen begnügen, die ihren Bruten nur einen ganz ungenügenden Schutz bieten. Die Zahl der Nistgelegenheiten bedeutend zu erhöhen, den Vögeln an Stelle jener wenig geschützten Brutorte weit sichere zu bieten, sind wir aber namentlich durch das Aushängen künstlicher Nisthöhlen sehr wohl in der Lage und man sollte daher, nachdem staatliche Forst verwaltungen darin vielfach schon mit recht guten Beispielen voran gegangen sind und auch mancher private Waldwirt längst auch schon vorbildlich vorgegangen ist, überall dort, wo man bisher den Fragen des Vogelschutzes nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen hat, ihnen in erhöhter Weise Rechnung tragen. Alle darauf verwandten Mühen und Kosten werden sich sicherlich in kurzer Zeit in einer Erhöhung der Walderträgnisse bemerkbar machen. Mr bittsn um Adressen von im Auslands lebenden Gberlausihern! Schon manche der im Auslands lebenden geborenen Gberlausitzsr sind eifrige Leser der Gberlausitzsr Heimat-Leitung und dankenswerte Zuschriften von diesen zeigen dis Hoch schätzung dieser einzig dastehenden Hsimatzeitjchrist. Am nun auch weiters fern von der Heimat weilende Gberlausitzsr mit der Heimatzeitung bekannt zu machen, bittsn wir unsere geschätzten Leser, uns Adressen von Verwandten und Bekannten, dis im Auslands ihren Wohnsitz haben, bald gsf. mittsilen zu wollen.