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> Leidenschaft jagte ihn. Er raste an den Leuten vorüber, schnaufte wie «in Hund, der hinter der Katze her ist. Er achtete der Leute , nicht und wußte doch immer, daß die Gesuchte es nicht war. Blind verirrt war er und ging doch immer die richtige Fährte, als wittere er sie. Kein Erwägen: könnten sie diesen, könnten sie ' jenen Weg eingeschlagen haben? Nur die instinktmäßige Gewiß ¬ heit: dort werde ich sie gleich haben. Und am Hinteren Schuppen der Gärtnerei hatte er sie. Uber die nasse Wiese war er am Staketenzaun heran- und an ihm ent- langgeschltchen. An der finsteren Ecke blieb er stehen. Wahrhaftig, jetzt vernahm er ein Flüstern. Immer noch wartete er. „Mariechen , sagte der Eleve jetzt halblaut. ! Da stürzte der Schmied um die Ecke. „Ha!" brüllte er. „Das heißt du allein gehen I" i Er riß an den alten, morschen Staketen, daß ein großes Zaun- stück umbrach. I Ein Quieken. Zwei Schatten huschten um's Wohnhaus. Der Schmied keucht« ! ihnen nach. - Die Haustür wurde geöffnet, geschloffen. Und wie der Rasende i die Stufen heraufstürmte, drehte sich der Schlüssel. Ein Grunzen wie das eines wütenden Stiers. Dann torkelte der Schmied wie ein Betrunkener die Stufen hinab, wendete sich unten aber noch einmal und rief, indem er mit beiden mächtigen > Fäusten drohte: „Euch zwei will ich zusammentun, daß kein Pfarr' es bester kann!" Quer über Wiesen und Gärten raste er nach Haus. Und dann tönten zwei harte, schauerliche Baum—bäum durch , die stille Nacht, schreckten die Schlafenden aus der Ruhe, ließen i die vom Tanze Helmkehrenden zusammenfahren. . Der Schmied schlief ein. Frühzeitig stand er am Herd. Kreuz haken schmiedete er. Der Lehrjunge kam sich vor wie ein Sperling im Käfig eines Adlers und hielt sich immer an der Peripherie. ' Denn wie die krachenden Schläge eines Gewitters war des Meisters Hammerschlag und wie zündend« Blitze das raschelnde Funkensprühen. Dem Schmiede war's recht so: donnern sollte es, krachen! Schade, daß es das bißchen Eisen war! Diesen Forst- eleoen hätte er unterm Hammer haben sollen! Ein unheimliches Lachen flog bei diesem Gedanken über sein Gesicht, und er schwang den schweren Hammer hoch über den Kopf und ließ ihn — bumm — auf den leeren Amboß niedersausen. s Dann nahm er ein neues Eisen aus dem Feuer. Und auf ein- . mal, wie die Funken den Raum erhellten, sah er vor sich ein > kleines, schmales, blasses Mädchenangesicht. i Sein Arm erstarrte. Der Hammer ruhte. > Es war kein Spuk: eine zarte Mädchengestalt stand jetzt als c feiner Schatten gegen die Tür. „Meister — verschont mich! — Es war tut ihm nichts I ' zuleide " flehte das Mädchen, stand und zitterte. > Da erkannte sie der Schmied, und wie eine Erleuchtung kam ; es über ihn: dieses zarte, kleine, feine Wesen — und du! Du, ; der du losfährst wie das wilde Wetter, der du donnerst, dröhnst, krachst und mit deinem Hammer am liebsten die ganze Erdkugel zu einem Brei zusammenhauen möchtest, du großes, trampelndes Ungeheuer — und dieses blütenzarte Menschenkind! Halt ich , denn gar keine Ahnung von mir selber? c Er legte den Hammer auf den Stein und ging hin. Er wollte > nach ihrem Händchen fasten, aber er ließ es. „Du könntest es > zermalmen", dacht er. , Sie zitterte, sie glaubte wohl, daß er sie jetzt zerschmettern würde, c Aber er sah mitleidig aus sie hernieder und sagte: „'s ist gut. > Geh', Mariechen!" Und dachte: „Gott sei Dank, daß sie sich , gestern rettete!" „Meister!" hauchte Mariechcn und streckte die Hand nach der t seinen aus. Sie wollte wohl danken. Er aber schritt wieder zum Herde, und sie ging still, wie sie gekommen war, hinaus. Das ist eine alte Geschichte. Seitdem ist Mariechen eine blühende Müllersfrau geworden, der Eleve irgendwo ein glück- lich verheirateter Förster, und der Schmied — ein Einsamer, Gefürchteter, ein Popanz. Denn das ganze Dorf hat von seinem Wüten erfahren, und er hat's ihnen angemerkt und hat doch nicht aus seiner Schmiedehaut gekonnt. Es wurmt ihn, er möchte heran an die Menschen, an die Großen und an die Kleinen, aber er bleibt einsam: seine Geschicht steht zwischen ihm und den anderen. Wie es einem Bautzener Bürgermeister im Siebenjährigen Kriege erging Bon Otto Flösset-Bautzen mn das Jahr herum ist, kann Gabel in Böhmen auf ein tausendjähriges Bestehen zurückblicken. Schon rüstet die Stadt zur Feier ihres Wiegen festes. Auch unsere Lausitzer Heimatstadt Bautzen ist mit der Geschichte der deutschböhmischen Schwester verknüpft, leider durch ein Ereignis weniger freudiger Art. Es war im Siebenjährigen Kriege. Die Schlacht von Hochkirch war geschlagen. Friedrich der Große hatte die Reste seines Heeres bei Kleinbautzen gesammelt und nach Bautzen gebracht. Die Spitäler und Bürgerhäuser lagen voll Verwundeter. Täglich starben deren viele. Davon zeugten die langen Reihen frischer Gräber unten auf dem Friedhöfe zum Heiligen Geist. Aber die Österreicher ließen den Preußen nicht lange Zeit zum Rasten. Zehn Tage nach dem Überfall mußten sie die Stadt räumen. Doch traf Friedrich der Große Vorbereitungen, die erlittene Schlappe wieder wett zu machen. Nicht weniger al« I2S0V II. Sieh, der Tag mit seinem Leid Fährt nun hin zur Ewigkeit. Nnd es ist dis dunkle Nacht Mit den Sternen ausgewacht. Was am Tag noch wirr und toll. Ist nun klar und ruhevoll. In den Fenstern Haus um Haus Löschen schon die Lichtlein au». Leis entschlummert jeder Daum. Vöglein wiegt sich auch im Traum. Nnd besänftigt zieht der Dach Seins müden Wellen nach. Duhsam schläft nun Weh und Wind — Nur «in armes Menschenkind, Das hier ganz verlassen ist, Schreit geängstet: Jesus Christ l t. Fern die Dbsndschatten dämmern Aber Dera und Tal herein. Dass der Herzen ruhlos Hämmern Mag getrost und stille sein. Alles eitel Tun und Treiben Deckt die dunksljchöne Nacht, Tausend güldne Sterne bleiben Aus und halten gute Wacht. Leis entschlummern alle Sorgen» Ans beglückt Vergessenheit, Dis der Tag mit Hellem Morgen Sieghaft nach dem Leben schreit. Ewig so in gleichen Dahnen Fliesten Träne, Trost und Traum Nnd wir armen Menschen ahnen Ihren schnellen Wechsel kaum. Am Abend Awsi Gedichte von Max Seibig, Dauhsn.