Volltext Seite (XML)
Honorarienkasse für alle die Kosten aufzukommen, die ent standen, wenn irgendeine Ratskanzlei aufgeräumt und ge reinigt wurde, wenn die Ratslogen in der Klosterkirche ge heizt wurden; sie hatte den Druck der monatlichen Kirchen zettel und die Texte zur Kirchenmusik, die der Organist an der Iohanneskirche und Kirchenmusikdirektor Johann Trier überreichte, zu bezahlen; mit ihren Geldern beteiligte sich der Rat an der Königswarthaer Lotterie, wofür ihr die gezoge nen Gewinne zuflossen, und sie diente dazu, um den Agenten den die Stadt in Dresden hielt, zu erhalten und dessen Aus lagen zu vergüten. Wenden wir uns nun dem letzten Teile unsrer Arbeit zu, der sich mit der Chür, d. h. der Wahl des Zittauer Stadt rates beschäftigen soll. Auf die Geschichte der Ratswahl in unserer Stadt einzugehen, würde über den Rahmen dieser Arbeit weit hinaussühren. Nur das will ich bemerken, daß die Wahl der Bürgermeister und Ratsherren von 1350 bis 1360 am Neujahrstage stattfand, seit 1361 meist am Tage Mariä Geburt, seit 1389 aber am Donnerstage vor Bartho- lomäi, und so blieb es auch bis 1830. Die sogenannte freie Ratschür sand unter Beobachtung ganz bestimmter Formen statt, an die sich nach erfolgter Wahlhandlung ein großes Chüressen anschloß. Doch hatten die Nöte des Sieben jährigen Krieges es mit sich gebracht, daß die Ratschür einige Jahre hindurch nur in eingeschränkter Form statt finden konnte, bis sie 1763 nach Abschluß des Friedens zu Hubertusburg am 15. Februar zum ersten Male wieder mit vollständigen Feierlichkeiten abgehalten wurde. Bon dem sich anschließenden Festessen besitzen wir, da die Kosten der Honorarienkasse zur Last fielen, aus dem Jahre 1756, in dem die Chür zum letzten Male bis 1763 mit aller Voll ständigkeit abgehalten wurde, eine ganz genaue Beschreibung, die ich ihrer Absonderlichkeit halber trotz ihres Umfanges hier wörtlich wiedergeben möchte. Zu den Chüressen, auch Chürtractamente genannt, be diente sich der Rat eines Kochs, dem er die Ausstellung der Speisenfolge und den Einkauf aller „Victualien" überließ und der ihm nach Beendigung der Feierlichkeiten die Rech nung einreichte. Der Name des Kochs, der immer wieder die Chüressen zurichtete, ist Blümel. Seine Rechnung 1756 lautet folgendermaßen: Aus E. Hochedl. Hochw. Raths-Kühr Tractament ist von mir an Backwerk und anderen Victualien geliefert worden. Als . Z Z 's L V A 2 Tiircksche Hähne L 2 Taler -1 — 4 Gänse k 14 Groschen 2 8 60 Stück kleine Haschte Bastetel ä 1 Groschen 2 12 50 Pfund englischer Braten L 2 Groschen 4 4 21 Pfund Rindfleisch denen Bedienten 1 7 12 Pfund Rindfleisch den andern Tag 18 25 Pfund Kalbfleisch 1 l 8Vr Pfund Speck 1 10 2 Schinken 5 8 Pfund und einer 9 Pfund 2 12 18 Stück geräucherte Schweinszungen ä 2 Groschen 1 12 2 Schalen Kirschgelee 2 16 Jus Sleisch 4 Pfund 6 2 Schweinskeuien 20'/- Pfund 1 10 40 Stück Iohannisbeertörtchen ä 2 Groschen 3 8 2 Brottorten L 2 Taler 4 40 Stück Zuckerstrauben L 1 Groschen 3 Pfennige 2 2 Garnir Gebacknes beide Tage 12 Eine Iohannisbcertorte I 16 Seidel Butter ä 3 Groschen 1 14 '/- Pfund Sardellen zur Sauce zum englischen Braten 6 8 Stück Zitronen L 2 Groschen 16 Weinessig, Kirschessig auf die Tafel, Salate und Küche 10 Seidel 15 2 5 Zuckergewllrz 1 s Kirschen, Lampertsniisse, Birnen, Morelgen, 1 Melone 2 7 Altbackne Semmel und Mehl 5 6 Welschkraut, Zwiebeln, Möhren, Petersilie, Meerrettig 10 7 Sauerkraut und Weißkraut zum Krautsalat 16 10 Mestel Salz 15 1 Schock Eier, die Mandel zu 3 Groschen 9 7 Bindfaden und Kllchenpapier 1 4 5 Pfund Bockfleisch für die Aufivaschweibcr 5 6 Dutzend Teller zu Borgen 6 Kupfer und Bratzeug und meine Bemühung 4 Den Weibern, wie sie die Stuben gewaschen und gescheuert, noch 4 Seidel Butter L 3 Groschen und 1 Seidel Branntwein 11 2 Sa.: 50 16 3 Ferner verzehrte der Rat zur Hauptmahlzeit 32 Pfund Forellen, das Pfund zu 6 Groschen, 18 Pfund Hechte, das Pfund zu 3 Groschen und 3 Schock Krebse, das Schock zu 4 Groschen. Reich war auch der Nachtisch besetzt; denn er enthielt Sardellen, kandierten Zucker, kandierte Aprikosen, Stachel beeren, Apfelsinen, Ammern, saure Kirschen, gebrannte Mandeln usw. Der Apotheker Dr. Johann Karl Akoluth aus Breslau, der die Zittauer Apotheke 1744 für 12000 Taler kaufte, lieferte 2 Aufsätze nebst Konfekt für 6 Taler 16 Groschen, 21 Lot levantinischen Kaffee für 16 Groschen 10 Pfennige und für 1 Groschen grünen Tee. Auch scheint der Rat recht ausgiebig dem Tabaksgenuß gehuldigt zu haben; denn es wurden nicht weniger als 25 lange Kaminpseifen mit dem dazugehörigen Tabak besorgt, und um die Ratsstube ordent lich zu erleuchten, kaufte man Wachsstöcke, 9 Pfund Rübsen öl, Baumöl und baumwollene Dochten sowie 5 Pfund Lichte. Dann vereinigte man sich zu einem frohen Trünke, der auch ein recht ausgiebiger gewesen zu sein scheint; denn der Rat trank dabei 14 Fässel Bier, 61/2 Kannen alten Meißner und 53 Kannen Rheinwein und verzehrte an Gebäck, das er hierfür bestellt hatte, 70 Stück Eierbrot und 40 Zucker kuchen. Weitere Unkosten erwuchsen dadurch, daß der Rat ein großes Tafeltuch hatte ausbessern lassen, daß er 14 Bier gläser geborgt und davon zwei zerbrochen hatte; in der Hochzeits- und in der Kaffeestube waren die Vorhänge ge waschen und geplättet und 10 Kränze gewunden worden, die sämtlichen Messer und Tafeltücher, die man besaß, hatte man schleifen bszw. reinigen lassen, und in die Küche waren die nötigen Kohlen besorgt worden. Wenn wir nun sämtliche Kosten des Chürtraktaments berechnen, indem wir den Rcichstaler zu 24 Groschen und den Groschen zu 13 Pfennigen annehmen, so ergeben sich 106 Reichstaler 15 Groschen. _ 1763, als man die Chür wieder in der altgewohnten, feierlichen Weise abhielt, wurde das Gastmahl in dem Garten und den Häusern des Senators Schlüter abgehaltenj da das Zittauer Rathaus noch in Trümmern lag und des- halb nicht benutzt werden konnte. Dabei wurde von den Stadtsoldaten eine Ehrenwache gestellt, für die jeder 3 Gr. Löhnung erhielt. Stadtwachtmeister war damals Goldmann. In der Zeichengasse, in der sich der Garten befand, standen Doppelposten, vor dem Haus in der Weidengaffe und dem in der Iudengasse nur einfache. Der Frau Senator wurden vom Rat ein Reh, zwei Hasen und sechs Rebhühner zum Present gemacht, die zusammen 2 Reichstaler 15 Groschen kosteten. Den Schluß unserer Arbeit mögen noch zwei kurze Be merkungen bilden. Viele der Quittungen sind nicht von dem Empfänger der ausgezahlten Beträge unterschrieben, weil