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brachen hatte, im Weberzwinger kuriert. Die Behandlung kostete 16 Groschen, und als der Holzfäller Hans Christof Paul von Großschönau, offenbar ein städtischer Arbeiter, beim Fällen im Waltersdorfer Forste verunglückte, spendete die Honorarienkasse sogar 2 Reichstaler zur Kur. Daß auch Frauen unter den Bittstellern sind, wundert uns sicher nicht, wohl aber, daß die, von denen Quittungen vor liegen, häufig dem Adelsstände angehören. So Frau Mari anne Barbara Caroline von Segner geb. von Meyersbach und Frau Maria Theresia von Btllingen aus Köln am Rhein, die zudem noch „des Schreibens unerfahren" war. Teils Armen-, teils Krankenhaus stellte das sogenannte Orgel- oder Pesthaus dar, das sich auf der Queckwiese, zwischen der Frauenkirche und der Schießwiese, befand. Es diente daneben auch zur Aufnahme von Findelkindern; denn ein 1763 auf dem Görlitzischen Steinwege aufgefun denes „Mägdlein frembder Nation" wurde ins Orgelhaus gebracht, und die Wärterin Anna Maria Hüller erhielt für die Pflege 16 Groschen. Damit wäre der erste Teil der Arbeit erledigt, der uns die Bestimmung der Honorarienkasse als einer Wohltätig- keits- und Almosenkasse vor Augen führte. Ehe wir uns aber dem folgenden Abschnitt zuwenden, wollen wir uns noch drei einzelne Fälle betrachten. Sie handeln von der Kriegsgefangenschaft. Ein gewisser Antonio Cellori, offen bar ein Italiener, sandte an den Rat ein Schreiben, aus dem heroorgeht, daß sein leiblicher Bruder als Schiffshauptmann nebst seinen armen Bedienten — gemeint ist wahrscheinlich die Schiffsbesatzung — von den Seeräubern zu Algier zu Gefangenen gemacht worden sind. Ware im Werte von 12000 Gulden wurde dem Schiffshauptmann weggenommen; um sich für 600 Dukaten auszulösen, gab man ihm drei Jahre Frist, und da nur noch sechs Monate fehlten, wandte sich der Bruder des Gefangenen hilfesuchend auch an den Rat zu Zittau, der seine Bitte um einen Geldbeitrag nicht abwies; denn wenn der Schiffshauptmann in drei Jahren nicht ausgelöst sei, so sollte ihm die Zunge aus dem Halse geschnitten werden. Um Kriegsgefangene Christen in der Türkei auszulösen, gab es, wie aus einem anderen Bitt schreiben erhellt, sogar eine Vereinigung, den Orden der aller heiligsten Dreifaltigkeit zur Erlösung von in der Türkei gefangenen Christen, dem die Stadt wahrscheinlich regel mäßige Beiträge leistete, wie denn auch der Leineweber Johann George Anders aus Stollberg bei Chemnitz 4 Groschen erhielt, als er aus der Kriegsgefangenschaft ent lassen wurde. Der zweite Abschnitt der vorliegenden Arbeit soll uns nun dartun, daß die Honorarienkasse auch noch andere Be stimmungen hatte, durch die sie weit mehr und weit höher in Anspruch genommen wurde als durch ihren Charakter einer Adjutenkasse. Und in den Quittungen, deren Bear beitung jetzt folgt, spiegelt sich erst in rechter Weise das Leben wieder, das in Zittaus Mauern besonders während des siebenjährigen Krieges herrschte. Wenn es auch in jenen Jahren in Zittaus Nähe nicht zu einer bedeutenden Schlacht gekommen ist, so standen sich die feindlichen Armeen doch bald diesseits, bald jenseits des Gebirges mehr als einmal schlagfertig gegenüber, und jeder, auch der geringste Wechsel des Kriegsglllckes, zeigte sich augenblicklich im Wechsel der Besatzung und Einquartierung, die in die Stadt gelegt wurden. Und wenn heute noch preußische Regimenter mit langen Proviantkolonnen durch Zittau nach Böhmen ge zogen waren, so konnte es geschehen, daß sie schon über morgen zurückfluteten und ihnen die gefürchteten öster reichischen Husaren und die an ihren roten Mänteln kennt lichen Kroaten folgten. Die Hauptlasten einer solchen Ein quartierung bestanden jedoch oft weniger in der Verpflegung der Truppen selbst als in der Bewirtung und Ausnahme der Offiziere, Unterhändler, Kriegsräte usw, die das Heer begleiteten und es sich mährend der Zeit ihres Aufenthaltes wohl sein ließen. Oftmals unternahmen sie dann von hier als ihrem Standquartier aus Dienstreisen, die natürlich der Stadt zur Last fielen. Man kann annehmen, daß Zittau 3— 4 Pferde und 1—2 Kutscher des hiesigen Marstalls be sonders im Jahre 1757 nur für solche Zwecke unterhalten mußte. Und die Aufwendungen bestanden dabei nicht nur darin, daß Kutscher und Gespann den nötigen Arbeiten ent zogen wurden, sondern das Futter für die Pferde und die Tagegelder für die Kutscher verschlangen manchen Reichs taler, den die Stadt gerade 1757 am wenigsten entbehren konnte. So wurde am 31. Oktober 1755 der oberste Wachtmeister von Stutterhcim nach Bautzen gefahren, und am 9. Februar 1756 weilte er schon wieder hier und mußte wieder nach Bautzen befördert werden. Ihm folgte, um nur einige der Offiziere zu nennen, 1756 der Oberstleutnant Pletz nach Löbau und der Oberst von Rohr ebenfalls nach Löbau. 1757 wurde der Leutnant von Kolb nach Gabel gefahren und am 8. Oktober der Oberleutnant von Hulbach nach Waldau. Dessen Reise erfolgte auf Ansuchen des Komman danten von Ittner, der nach der Einnahme der eingeäscher ten Stadt das Kommando übernommen hatte und dem Gaisruckschen Infanterieregimente angehörte. Der kaiser liche Kommandant Baron von Thilq ließ sich bald nach Gabel, bald nach Bautzen fahren. Häufig nahm auch der geheime Kriegsrat von Schönberg die Dienste der Stadt in Anspruch, der gleich seine Frau mitbrachte und sie 1758 nach Löbau reisen ließ. Auffällig ist hierbei, daß sie zu dieser Fahrt nicht weniger als 4 Borspannpferde brauchte. Den Beschluß macht in den Quittungen eine Ausgabe von 4 Groschen für einen Kroatenunteroffizier, der am 13 Sep tember 1762 eine Ratsdeputation zu dem Oberst Cazzeni nach Grottau geleitete. Zur Beförderung dieser Offiziere dienten zwei Marstall- Kutscher, die ständig verwandt wurden, wahrscheinlich, weil sie mit den oft recht schlechten Straßenverhältnissen am besten vertraut waren. Sie erhielten durchschnittlich den Tag 4— 8 Groschen Kostgeld. Ihre Namen sind Johann David Fuchs und Gottfried Kratzer. Sie pflegten, wenn sie nach Gabel oder Löbau fuhren, stets in demselben Gasthof aus zuspannen, in Löbau bei dem Gasthofsbesitzer Traugott Sämmig, in Gabel bei Gottlieb Hennecky. 2 Pferde er hielten meist je 1/2 Viertel Hafer zu 8 Groschen, je ein Viertel Siede zu 1 Groschen und für 1 Groschen Heu. Daher schwankten die Kosten für eine solche Fahrt zwischen 1 Reichstaler und 2 Reichstalern, je nachdem, ob zwei, drei oder vier Pferde verwandt wurden und Pferde und Kutscher einen bezw. zwei Tage unterwegs waren. Wie schon oben erwähnt, machten die Offiziere der je- welligen Garnison, ganz gleich, ob Freund, ob Feind, der Stadt in bezug auf Verpflegung, Wohnung usw. ganz er hebliche Kosten, die man nicht gerade gern wird bezahlt haben. Ihnen wurden sogenannteBankette ausgerichtet; doch können wir kaum annehmen, daß ihnen ein derartiges Gastmahl aus freien Stücken gegeben wurde, sondern es mag sehr häufig ein gelinder Zwang dahinter gestanden haben oder