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Kasse" hier nicht nur in dem Sinne gemeint, daß sie Wohl tätigkeitszwecken diente, sondern auch so, daß sie zu den übrigen Kassen eine Art Ersatzkasse darstellte, indem ihr die Begleichung aller Forderungen zugewiesen wurde, die ihrer Art nach nicht unter die übrigen städtischen Kassen gehörten. Wem die Gelder der Honorarienkasse zur Verwaltung unterstanden, sagen uns die Belege nicht ganz klar. Doch ist sehr wahrscheinlich, daß sie den beiden Stadtschreibern, dem Protonotar und dem Unterstadtschreiber, unterstand, durch die jedenfalls die Auszahlung der bewilligten Beträge vorgenommen wurde. Ich sage, der bewilligten Beträge; denn der Gang eines Bittgesuches oder einer eingereichten Forderung war der, daß sie an den Rat gelangte und daß von diesem entschieden wurde, ob das Bittschreiben abzu weisen sei, und wenn es angenommen wurde, welcher Kasse es überwiesen werden solle. Daher findet sich auf den Be legen zur Honorarienkasse häufig der Vermerk: aus der Honorarienkasse zu bezahlen; ex üeereto 86nutu8 den 29. November 1762. Rats-Lanzley. Oftmals entschied auch der regierende Bürgermeister persönlich. Don Kanzlei beamten begegnen uns in den Jahren 1755—1763 Karl Gottlob Frist als Unterstadtschreiber (Subnotarius) und Immanuel Gottlob Großer als Unterstadlschreiber, der 1761 zum Protonotarius (Oberstadtschreiber) befördert wurde. Hierbei möchte ich einer in Leserkreisen ziemlich verbreiteten Ansicht entgegentreten, nach der die Stellung eines Stadt schreibers, ganz gleich, ob eines Proto- oder eines Sub notarius, eine ziemlich niedrige gewesen sei, ja man neigt sogar dazu, von ihr geradezu in wegwerfendem Sinne zu sprechen. Das ist jedoch nicht im mindesten der Fall, sondern die Stadtschreiber standen von allen Ratsbeamten dem Ratskollegium, besonders aber dem Bürgermeister, am allernächsten und bildeten gleichsam seine rechte Hand. Ge rade unter den Zittauer Stadtschreibern finden wir Männer, die für uns von hohem ortsgeschichtlichem Werte sind, und um dies zu beweisen, brauche ich wohl nur an Johann von Guben 1363 zu erinnern. Gerade das Notariat er forderte, je später, je mehr, hohe geistige Gewandtheit, und so treten uns denn auch in den Notariatsltsten oftmals für ihre Zeit hochgebildete Leute entgegen, die häufig zugleich Mitglieder des Ratskollegiums waren. Von solchen Männern mit — wir würden heute sagen — akademischer Bildung seien genannt 1395 Konrad Weißenbach von Eschwege, der unter Petrus Zwicker von Wormdit an der Zittauer Latein schule lehrte und später Stadtschreiber in Löbau und Zittau wurde, Magister Johann Schwebet von Nürnberg 1472, Magister Udalrich Sieger 1483, v. Christian Gottlieb Hoff mann 1729 und v. Johann Friedrich Lttmüller 1731. Damit wäre der Teil unserer Arbeit erledigt, der sich ge wissermaßen mit der Verwaltung der Honorarienkasse be schäftigt, und wir können nun zur Verwendung der in der Kasse befindlichen Gelder übergehen. Und wenn ich in diesem Abschnitt etwas sehr ausführlich verfahre, so tue ich dies deshalb, weil für uns in Zittau kaum gilt, was für andere Städte wohl zutreffen könnte, daß die Fülle des Stoffes zu oft sehr schwerer Auswahl zwingt, sondern für uns ist auch der nüchternste Vermerk, der farbloseste Bürgername von Wichtigkeit, weil uns eben jene unselige Beschießung vom 23. Juli 1757 des größten und schönsten Teils unsers ehe mals so reichhaltigen Stadtarchivs beraubt hat. Ich erwähnte schon oben, daß die Honorarienkasse in erster Linie dazu diente, Bittgesuche zu befriedigen und Unterstützungen, Adjute genannt, auszuzahlen, kurz, den Charakter einer Wohltätigkeitskasse habe. Mit diesem Teil ihrer Bestimmung will ich deshalb beginnen. Im 13. Jahrhundert entstanden rasch hintereinander die sogenannten Bettelorden, die Dominikaner, Franziskaner, Karmeliter, Augustiner und Seroiten. Auch in Zittau hatten sich Franziskaner angesiedelt. Man nannte sie „kratr68 minor68", Minoriten, myndre Brüder, Minnerbrüder, Graumönche und Barfüßermönche. Und wie die Zittauer Klosterbrüder in der Stadt selbst, in ihrer näheren und weiteren Umgebung und wahrscheinlich auch in Nachbar städten gebettelt und Almosen gesucht haben werden, so war unsere Stadt hinwiederum das Ziel von Bettelmönchen, die besonders aus dem benachbarten Böhmen kamen und unter der Einwohnerschaft wie beim Rate um milde Gaben für ihre Klöster baten. Zwar wurden dem oft rücksichtslosen, ja unverschämten Auftreten dieser Bettelmönche besonders im 17. Jahrhundert Schranken gesetzt, und mit Gründung des Jesuitenordens hatten sie sowieso ihre Bedeutung schon fast völlig verloren, aber selbst im 18. Jahrhundert nahten sie sich mit ihren Bittgesuchen dem Rate unserer Stadt immer noch und wurden, wie es scheint, von ihm nicht ab schlägig beschieden. Zittau war eben eine reiche Stadt, und dem Wesen einer wohlhabenden, von selbstbewußten Ge schlechtern regierten Stadt entsprach es, nach außen nicht kleinlich aufzutreten, sondern für Arme und Bedrängte eine offene Hand zu haben. Und Zittau gereichte eine solche Handlungsweise nicht zum Nachteil; denn als die Beschießung vom 23. Juli 1757 die Blüte der Stadt zerstörte, als der ausbrechende Branb manchen wohlhabenden Handelsherrn über Nacht zum armen Manne machte, da liefen in den fol genden Wochen und Monaten aus ganz Deutschland, ja so gar aus dem Auslande reichliche Brandadjute ein, unter denen die von Dänemark mit 3708 Talern, von Fürth mit 1032 Talern und die von Hamburg und Augsburg die be deutendsten waren. Die Bettelordensklöster, die Unterstützungen empfingen, liegen sämtlich in Ortschaften des ehemaligen Königreichs Böhmen, und unter ihnen steht die Landeshauptstadt Prag an der Spitze. So treffen wir von Prager Klöstern besonders häufig das der aus Irland vertriebenen Franziskaner, denen 1631 Ferdinand H. in Prag Baulichkeiten zuwies und ihnen auf diese Weise eine bleibende Stätte verschaffte. Nach ihrer ursprünglichen Heimat Irland, Hibernia, nennen sie sich Hiberni, und die in Zittau vorhandenen Quittungen sind stets mit Franciscanus Hibernus unterzeichnet. So zeichnet 1755 der Pater Andreas Ring, 1756 der Pater EugeniusHanly, 1762 und 1763derPaterThomas Lostello. Die Jahre 1757—1761 fehlen; denn in diese Zeit fällt die tiefste Erniedrigung unserer Vaterstadt, die Tage der schlimmsten Armut und ein völliger Stillstand des Handels, und wir müssen uns nur wundern, daß Zittau 1762 schon wieder in der Lage war, Unterstützungen an Ortsfremde auszuzahlen. Daneben treffen wir wiederholt das Franzis kanerkloster bei Maria Schnee in Prag unter dem Pater Magnus Loß, das Karmeliterkloster bei St. Galli in Prag unter dem Frater Crispinianus, das Prager Paulanerkloster, das Kloster zu Rumburg und die Franziskaner in dem Minoritenkloster im Kreisamte Iungbunzlau und in Hain dorf. Die Beträge, die ausgezahlt wurden, waren nicht groß; sie schwanken zwischen 8 Groschen und 2 Reichstalern, das sind 48 Groschen. Aber sie scheinen eben regelmäßig gezahlt worden zu sein, ja es sieht so aus, als habe sich Zittau in allerdings sehr loser Weise gewissermaßen verpflichtet, jähr-