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fiihrlicher des Ortes und seiner Flur Erwähnung tun, und event. mit Werken der schönen Literatur, die zum Orte in irgend einer Beziehung stehen, sei es nun, daß der Verfasser dort geboren oder ansässig ist, daß er bei vorübergehendem Aufenthalt im Orte oder in Erinnerung daran geschaffen hat oder die Ereignisse seiner Dichtung daselbst geschehen läßt. Bon Werken, die sich auf den Ort nur mit einzelnen kurzen Stellen beziehen, müßte wenigstens ein möglichst voll ständiges Verzeichnis aufgestellt und eine Abschrift der be treffenden Stellen angefertigt werden. Soll der Intercssenkreis der ortsgeschichtlichen Sammlung so groß sein, dann stellt natürlich schon ihre Leitung eine sehr erhebliche Arbeitsleistung dar. Es ist nicht daran zu denken, auch noch die ganze Sammlung und Bereitung des Stoffes einem einzelnen aufzubürden. Auch kann das Interesse eines einzelnen nicht so vielseitig sein: jede der obenerwähnten Teilarbeiten setzt für ihr Gelingen aber die lebhafteste persönliche Anteilnahme voraus. Der eigentliche Leiter des Ganzen müßte sich also einen kleinen Stab von Mitarbeitern werben und heranbilden. Sollte sich nicht auch die reifere Schuljugend — gerade im Sinne der Arbeits schule — in den Dienst unserer Sache stellen lassen? Be sonders Fortbildungs-(Berufs-)schulklassen mit ihren reich lichen Zeichenarbeiten könnten recht wohl die Aufnahme der Häuser und Hausteile, der Hausgeräte und der Raum einteilung in den Häusern besorgen. Ich erinnere mich, vor einigen Jahren schöne Arbeiten dieser Art in der Zittauer Handwerkerschule gesehen zu haben. Neben der Orts- und der Familiensammlung möchte ich hier nun noch eines empfehlen: das Hausbuch. Vieler orts sand ich lebhaftes Interesse für die Vorgeschichte von Haus und Hof bei sehr geringer Kenntnis von diesen Dingen. Soweit Schöppenbücher erhalten sind, läßt sich mit leichter Mühe wenigstens die Besitzerreihe mit Jahreszahlen, den älteren Lasten und jeweiligen Kaufsummen ermitteln. Viel leicht würde es sich empfehlen, dies als Grundstock für ein solches Hausbuch zu benutzen, dem von nun an vollständig Eintragungen über Zu- und Verkauf von Land, über Be lastung und Befreiung von Lasten, über An-, Um- und Neu bauten mit den zugehörigen Flurskizzen, Bauplänen und Hauptrechnungen etnzuverleiben wären. Das Hausbuch müßte natürlich jeweils mit dem Hause in die Hand des neuen Besitzers übergehen; dies auch der Grund, weshalb ich es von der Familiensammlung getrennt erwähne. Aber nicht nur im Ortsarchiv, im Andenkenschrank der Familie und im Hausbuch soll uns bewußte Pflege der geschichtlichen Erinnerung entgegentreten. Dort behält sie auch im besten Falle immer einen leisen Moderduft. Sie muß vielmehr wieder in der Landschaft selbst, an Haus und Weg, sichtbar werden. Ich sage „wieder", denn ältere Zeiten (und andere Landschaften) haben es besser verstanden, Haus und Flur zum lebendigen Geschichtsbuch für die Heran wachsenden Geschlechter zu machen. Ich erinnere nur an die Sühnekreuze des Mittelalters, an die Erinnerungsplätze des romantischen Zeitalters. Ihnen schließen sich allerdings schon fast überall würdig die Kriegergedächtnisstätten des letzten Krieges an. Überhaupt ist in unserer nächsten Um gebung — Schöllkopfstein hinter dem Forsthaus in Lichten berg und das neue Grab am Gickelsberg I — eine solche lebendige Pflege der Ortsgeschichte schon vorhanden, wie ich sie anderwärts noch erwecken möchte. Wie in der Flur, so sollte man auch am Haus und im Haus bescheidene geschichtliche Denkmäler schaffen. Es hat noch nie als unberechtigte Eitelkeit gegolten, daß man diese Denkmäler ja fast immer — sich selbst errichtet. In den meisten Gegenden Sachsens wurden ländliche Häuser noch bis vor wenigen Jahrzehnten mit dem Namen des Erbauers, der Jahreszahl, einem kurzen Spruch oder der Nachricht von einer voraufgegangenen Zerstörung versehen, dies alles auf dem Tür- oder Torschloßstein, aus einer Steintafel im Giebel, anderwärts auf einem der Fachwerkbalken. Diesen Brauch sollte man wieder beleben und sollte ihn auch wieder auf das Hausgerät ausdehnen. Nicht auf alle Stücke natür lich, aber auf die durch Stoff und Form oder persönliche Beziehungen wertvolleren, wie es bei den alten gemalten Schränken und Truhen, den bunten Tellern, geschliffenen Gläsern und Porzellantassen einst üblich war. Schon die Tatsache, daß etwas den ehrwürdigen Familiennamen und die weit zurückliegende Jahreszahl trägt, wird später ein wirksamer Schutz vor unachtsamer Behandlung und Ver schleuderung sein und wird das Stück für den Andenken schrank bestimmen. Zuweilen kann ein Geschenk durch eine Widmungsinschrift von seinem Geber von vornherein zu höherer Bedeutung in unserem Sinne geweiht werden. Wenn so von erlesenen Stücken alten und alternden Hausrats die Namen der Vorfahren sich dem Gedächtnis der Nachkommen einprägen, belebt sich vielleicht von selbst auch wieder der in neuerer Zeit — außer in fürstlichen Häusern — leider ganz außer Übung gekommene Brauch, die alten, guten, ehrlichen, heimischen Vornamen in der Familie zu erneuern, dem Kinde so die Altvordern als Vor bild vor Augen zu stellen und die Familientradition auf diese Weise am sichersten lebendig zu erhalten, statt in der für das ganze Leben bedeutungsvollen Frage der Namen- gebung irgendwelcher Modelaune zu folgen. Und noch eine Anmerkung zum Hausrat: Wenn wir uns dessen bewußt sind, daß ein Stück, vielleicht eine Kleinigkeit, die wir anschaffen, unter Umständen das einzige ist, was Enkeln von uns bleibt, wonach allein sie uns und unser Wesen beurteilen, so werden wir mit Bedacht etwas Ge- diegenes, wenn wir können, etwas Wertvolles kaufen, statt gedankenlos einen billigen Plunder. Wir werden vielleicht einmal lange sparen und dann etwas schaffen, von vorn- herein nicht nur als Schmuck für die Gegenwart, sondern als Andenken für spätere Zeiten gedacht — auch ein Stück also für die Familiensammlung. Auf Föhr sah ich ein be- scheidenes Seemannshaus, dessen einziger Schmuck neben dem einfachen Nutzgerät vortreffliche Ölbilder vom Stamm haus und den Eltern des Mannes waren. — Im Vorstehenden ist ohne den entferntesten Anspruch auf Vollständigkeit eine Reihe von Gesichtspunkten mehr an- gedeutet als ausgesührt worden. Andere müßten nun Vor schläge aus ihrem Interessentenkreise hinzutun. Vielleicht könnte dann einmal ein umfassender, einheitlicher Sammel plan ausgestellt werden, der den einzelnen Sammler natür lich nicht streng binden würde, und auf den man mit einem tatkräftigen Anfang oder — wo der schon gemacht ist — mit rüstigem Fortschreiten nicht zu warten brauchte. Aus dem Oachsenlande Döbeln. Die politische Gemeinde Böhrtgen bei Döbeln errichtet zurzeit einen Waldsriedhhof in einer Talmulde, di« im Norden vom Staatssorst begrenzt wird. Der Waldfriedhos ist mit seinen herrlichen Wegen und mit seinem löjöhrtaen Fichten-, Kiefern- und Eichenbestand als ein kostbares Kleinod der politischen Gemeinde anzusehen. Die Halle ist aus Serpentinsteinen errichtet. Di« Weih« des Friedhofes soll am 1. Juni stattfinden.