Volltext Seite (XML)
rdensalls um Berzeihung bitten, besonders, wenn sie erwägen, daß, um Klagen zu können, sie den Dorfschneider bei mir hätten selbst sehen sollen. Noch bemerke ich, daß Schulze gewiß weit früher mit seiner Arbeit fertig war, als die ehrsamen Kläger von feiner Gegenwart Kunde erhielten, wenigstens früher, als sie Klage erhöben. — Nochmals Ihnen meinen herzlichsten Dank sagend für die Mitthcilung der Oberschneidermeisterklage, kann ich es nicht unterlassen, es auszusprechen, wie sehr ich es bedauere, daß Lumpereien den ehrsamen Oberschneidermeistern Wege und Stege, Ihnen und mir Zeit- und Papiervcrlust, Mühe und Arbeit zu gezogen haben. Fast eben so bedaure ich es, daß abgehandelte Lumpereien gar Manchem Gelegenheit geben werden, bei er neuerter und wiederholter Erzählung derselben sich den Schnaps baß schmecken zu lassen. Lett <ie bis kactenus.') Beruhigen Sie, darum bitte ich schließlich, die unruhigen, hochwogenden Gemüther mir einem: Ouo8 eZv l^) Mit ausgezeichneter Hochachtung verbleibe ich Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Diener And. Kappler. Weißenberg, den 17. Mas 1838." Es ist der Nachwelt nicht überliefert, was sür Gesichter die ehr samen Kläger gezogen haben, als der Herr Accisinspektor ihnen dieses Rechtfertigungsschreiben des Angeklagten vorlas. Übrigens 'scheint aber auch der Herr Accisinspektor einen gewissen an seine Adresse gerichteten Hohn — wohl mit Recht — herausgelesen zu hoben. Wenigstens hat er diesen Brief Kapplers im Jähre 1844 mit benutzt als Unterlage zu einer Beschwerde, die der Stadtrat zu Weißenberg bei der Kgl. Kreisdirektton zu Budissin über den Pfarrer Kappler zu führen hatte wegen des „unangemessenen, biktern und leidenschaftlichen Tones", in dem er mehrfach an den Stadtrat geschrieben habe. Hoffentlich hat Pfarrer Kappler die Lehre daraus gezogen, daraufhin „Delikatesse" nicht nur gegen über der Schneidermeisterdelicatesse, sondern auch gegenüber der stadträtlichen Delicatesse zu wahren. ') lateinisch: s. v. w. „Doch darüber genug!" 2) taieinifch: f. v. w. „Ich werd' euch !" Don Sitten, die vergangen! 21. Februar dieses Jahres beschloß der Gemeindrrat WWk zu Tautewalde bei Wilthen, daß künftig jede Samm- MUW luna bei Familienfestlichkeiten für dieGe- * meinde-Armenkassezu unterbleiben habe. Damit ist auch eine menschenfreundliche Sitte aus alter Zeit zu Grabe getragen worden. Früher war es im Wilthen-Tautewalder Tale Brauch, daß bei Taufen und Hochzeiten zur mitternächt'gen Stunde der Nacht wächter des Dorfes erschien, eine Begrüßungsansprache an das Geburtstagskind oder an das junge Paar hielt und eine Samm lung für die Ortsarmen einleitete. Selbstverständlich nahm er an der reichgedeckten Tafel Platz. Er wurde aufs freundlichste bewirtet. Die eingegangene Spende zählte er vor den Augen der Festteilnehmer und lieferte sie an die Armenkasse ab. Gar man chem Hochzeitsvater lag daran, sich einer namhaften Spende rühmen zu können, wenn bei ihm die Gaben reichlich geflossen waren. Gewiß eine edle Sitte: mitten in der Freude auch derer zu gedenken, denen Freudenfeste leider nicht mehr beschirden sind. Zur Mitternacht öffnete sich nochmals die Tür, die in das hell- erleuchtete Festzimmer führte. Im Arbeitskostüm trat die Groß- magd rin, mit einem Teller in der Hand. Auf diesem lag rin „Sand wisch", das Zeichen der Untertänigkeit und der Arbeit. Diesen Sandwisch flocht man aus Stroh in der Form eines Vogelnestes. Ein freundlicher Knicks — sonnig strahlende Augen — herzliche Worte der Begrüßung — ein kurzer Reim — den Teller schweigend aus den Tisch stellend: das war der Großmagd feierliche Mission! Jeder legte seine Spende ein, die für das Dienstpersonal bestimmt war. So wanderte der „Sandwisch" von Person zu Person. Die Großmagd setzte sich unterdessen auch mit unter die Festgäste. Nachdem der Teller der fröhlichen Runde Kreislauf beendet, eilte sie in die Küche, um die eingegan gene Summe an das Gesinde zu verteilen. Während derselben Gemeinderatssitzung beschloß man noch, die Bestimmungen über die „Hock erst euer" außer Kraft zu setzen. Weilte man nach 12 Uhr nachts in einer Gastwirtschaft von Tautewalde, so wurde man von dieser Steuer betroffen. Der Nachtwächter forderte von jeder Person, ganz gleich ob Zecher oder Kellnerin oder Musikant, als Steuer den Betrag in Höhe eines halben Glases Bier, der sofort an Ort und Stelle bezahlt werden mußte. Früher setzte man als Grundpreis 10 Pfennige an, später bei der rasenden Geldentwertung, vom 27. 10. 23 an, nahm man die Bierpreise zur Norm. Die Hockersteuer" floß der Armenkasse zu. Man hob sie aus mit der Begründung, daß sie nicht einträglich genug sei. Man wird ohne Zweifel glauben müssen, daß es in Tautewalde — und niemand wird froher sein als die Frauen — nur grundsolide Ehemänner gäbe. Eine Sitte aber, die man schon dem Untergange geweiht glaubte, scheint in diesem Tale wieder aufzuleben. Es handelt sich um das „Wurstgrunzen". Großväter und Väter haben sich manche freudige Erinnerung bis in ihr hohes Alter daran erhalten. Als Kinder eilten sie allüberall im Dorfe dorthin, wo ein Schlacht fest vor sich ging. Bescheiden, mit der Mütze in der Hand, stan den sie vor der Tür. Mit heitcrschmunzelnder Miene sagten sie ihr Berschen: „Grunze, grunze, Wurscht, Wurscht an Tiegel, Fleesch an Lood, nahmt's ni übel, mir sein groob. — Grunze, grunze, Wurscht!" Und damit etwas Abwechselung in das „Wurschtgrunzen" der Bettelgefellschaft kam, ertönte, meist von Mädchenlippen: „Winsele, winsele, Majoran, möchte gern ein Würschtel Han, »ich zu groß, nich zu klein, wie 'n Huntschel seine Bein!" Manchmal wurde auch in monotoner Weise gesungen: „Dreimal, dreimal um das Haus, breng mir eene Wurscht heraus, nich ze groß un nick ze kleene, vun der Mitteln Sorte eene!" — Landwirte, die zu befürchten haben, daß sie von Kindern schwer heimgesucht werden, lassen von vornherein kleinere Würste machen. Es soll aber auch vorkommen, daß mancher Bauer taub gegen alle „Wurstwinselei" ist. Dann tragen ihm die Kinder einen Dankhymnus vor: „Winselte, winselte, Majoran, N. N. ist ä geiz'ger Moan!" So — wie es damals — die Alten gesungen —, so wird's jetzt wieder lebhafter angesangen — zu zwitschern von den Jungen. Paul Johannes Flechtner, Wilthen. Wir bitten um Adressen von im Auslande lebenden Gbevlausihern l Schon manche der im Nuslands lebenden geborenen Gberlausitzer sink eifrige Leser der Sbsrlausitzer Heimat-Leitung und dankenswerte Zuschriften von diesen zeigen di« Hoch schätzung dieser einzig dastehenden Heimatzsitschrist. 21m nun auch weitere fern von der Heimat weilende Gberlausitzer mit der Heimatzeitung bekannt zu machen, bitten wir unfer« geschätzt« Leser, un» Adressen von Verwandten und Gekannten, di« im Ausland« ihren Wohnsitz haben, bald gef. mittsilsn z» »oll«n. , Mit verbindlichem Dank im Voraus und heimatlichem Grup Geschäftsstelle der G. iReichenau i. Ha.