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Ur. 4 4k Gberlaufltzer Aelmatzettung erteilen, aber nur, um in dessen Abwesenheit mit Unterstützung , eines vornehmen Italieners einen Fluchtversuch zu unternehmen. Dieser scheitert jedoch, da die Jagd wegen eines aus Warschau eingetroffenen Kuriers abgebrochen werden muß. Er bringt die Botschaft vom Ableben des Fürsten und gleichzeitig die Begna- gung der Cosel. Diese verzichtet jedoch auf die wiedererlangte Freiheit und wünscht, ihre Tage an der Stätte ihres bisherigen unfreiwilligen Aufenthaltes zu beschließen. In ihr ist die Er kenntnis ausgestiegen, daß für sie die Tage des Herbstes angc- krochen sind, und mit stiller Resignation fügt sie die Hände des jungen. Paares zusammen. Diese Knappe Skizzierung des Inhalts läßt erkennen, daß in diesem Werke kein Raum für pulsierendes dramatisches Leben und Szenen wuchtigen Geschehens ist. Nichtsdestoweniger fesselt die Handlung von Anfang bis Ende vermöge des liesenSlini- mungsgehaltcs, den der Verfasser zu geben verstand. Ungemein packend ist auch der kristallklare Schliff des geistvollen, aphoris- mensprühenden Dialogs, der hier und da von der Sonne eines seinen, hochkultivierten Humors überleuchtet wirb. Der Dichter gibt uns ein ungemein lebenswahres Kulturbild eines versunkenen Jahrhunderts auf heimatlichem Boden, Heimalkunst im edelsten Siyne des Wortes. Die Ausführung war eineder bisher besten künstlerischen Talen der Ara Klötzel. Ein Kabinettstück reifster, meisterhafter Lharak- tcrisierunqskunst gab Isolde Milde als Darstellerin der Gräfin Cosel. Sie brachte uns diese Frau in Wahrheit so menschlich nahe, daß man ihr sein Mitgefühl nicht versagen konnte. Mit rührender, lieblicher Keuschheit gestaltete Gretel Klötzel-Zerda die junge Gräfin Konstanzc; sie verlieh ihr den ganzen Zauber unberührter Weiblichkeit. Einen wundervollen Gegensatz zu diesen beiden Frauengestalten lieferte Rudolf Reif, der den Neitschütz in kraftvüller Männlichkeit als geradsinnigen, ehren werten deutschen Edelmann verkörperte und prachtvoll sprach. Die Rolle des zweifelhaften welschen Kavaliers Niccolo Bardi hatte Erwin Müller.Hamdorf erst in den letzten Probep - ' übernommen. Er führte die schwierige Aufgabe ziemlich befrie digend durch, legte aber stellenweise zu wenig Wert darauf, ver- stündlich zu bleiben. Vorzüglich am Platze war natürlich Julius Glaß als Hopfgarten. Auch Rose! Lyra als Kammerfrau Rosine, sowie Leo Struck und Geo Perty als.zrhstchophisches Dicnerpaar standen restlos im Rahmen,der ganz ausgezeichneten Wiedergabe. Wir möchten dem reizvollen Werke eine beträchtliche Anzahl von Wiederholungen wünschen. Für Herrschaften, denen aus schließlich der moderne Operettenkitsch wie Manna mundet, ist cs allerdings nichts. Aber hinter dem Berge wohnen auch noch Leute. Bruno Reichard. lischen Gegenden wird die Fastnacht nicht ohne Sang und Klang vorüber gelassen. Umzüge mit Fastnachtsnarren sind allerdings in weiten Gegenden unseres Landes eine Seltenheit geworden. Doch erinnern vielfach Maskenbälle an den Faschingstrubei - katholischer Länder. Allenthalben duftet's aus den Häusern nach frischen Pfannkuchen. Auch die Schcttlsenster der Bäckerläden und Konditoreien mit ihren süßen Schätzen rufen uns zu: »Heut ist Fastnacht!" . 1 Lassen wir unsern Blick in vergangene Jahrhunderte schweifen, ^rm zu sehen, wie sich die Allen vergnügtere Wir folgen dabei den Ausführungen Larpzovs vom Jahre !7l6. Larpzov erzählt, daß in einer uralten, noch auf Pergameitt geschriebenen Chronik vom Jahre 1300 ausgezeichnet ist, daß König Wenzel II. alljähr lich zu Pfingsten ein Turnier nach Zittau zu legen pflegte. Ohne Zweifel beabsichtigte er, dadurch die benachbarten Ritter zu adligen Tugenden anzureizen, vor allem zur Tapferkeit: denn in dieser Zeit galten die Turniere als Schulen heroischer Taten. Es ist leider von den „lieben Alten" nicht vermerkt worden, wie lange die Turniere in Zittau üblich waren, auch nicht, wie sie ausgestaltet gewesen find. Da jedoch im folgenden Jahrhundert nach Aus bruch des grausamen Hussitenkrieges das Büchsenschießen fleißig betrieben wurde, gedieh das Turnieren und Siechen zu einer „seltsamen Lustbarkeit". Endlich sank es fo weit herab, daß es zur Fastnacht von übermütigen Burschen zum Gelächter der Bürger als erfolgreicher Scherz betrieben wurde. Am Fastnackts- donnerstage 1604 wurde in Zittau ein Siechen abgehalten. Ein tzandstricker namens Konrad Hertzog und ein Soldat standen als Kämpfer gegenüber. Als Siegespreis Lalt ein Viertel Bier. Dreimal sind sie zusammengeritten, wobei der Handstricker den Kriegsmann vom Pferde gestoßen hat. — Bewegte Szenerie! Gelächter, Jubel, Spott! — Per Chronist fügt hinzu, daß viele dergleichen Fastnachtsturnieie aus den Jahrbüchern angeführt werden könnten, wenn die Sache von Wichtigkeit^-wäre. Vom Jahre 1531 ist noch eine' andere Kurzweil verzeichnet: das Hausstürmen. In den Tagen vor dem großen Fastnachts treiben errichteten Bürger auf dem Marktplatz ein hölzernes Haus. Am Fastnachlstage wurde dieses von vielen Bürgern und jungen Leuten bezogen. Andere aber bedrängten das Haus, bewarfen es mit Töpfen, schlugen und stürmten solange, bis es unter dem Jubel der Zuschauer niedergerissen und gewonnen nyw. Die" Insassen wurden gefangen genommen und von den Überwindern nach Möglichkeit in Wassertroge geworfen. Das Gaudium er reichte seinen Siedepunkt, wenn ein Gefangener pudelnaß aus einem Tröge stieg — je triefender, desto größer der Jubel und die Begeisterung. Dieses Vergnügen blieb einige Jahre bestehen, bis etliche Personen dabei Schaden nahmen oder gar „mit Tod abgingen", so daß es daraufhin unterlassen werden mußte. Larpzov nennt diese Kurzweil eine „eigentümliche Lustbarkeit". Und doch hatte die Bürgerschaft vor 400 Jahren an diesem natur-, wüchsigen, derben und rauhen — um nicht zu sagen rohen Spiel' ihr großes Ergötzen. Die Tuchmacher pflegten einen besonderen .Brauch. Ihr Spaß nannte sich „im Schiffe ziehen". Es ist ' Carpzov nicht bekannt, worin dieses Vergnügen bestanden hat. Doch ist es im Jahre 1531, von welchem auch das Hausstürmen verzeichnet ist, das letzte Mal geschehene' - Mehrend mehr trat in den späteren Jahren die Komödie in den Vordergrund, die von Handwerkern und jungen Bürgern gepflegt wurde. Im Jahre 1578. führten die Bürger und Hand- werker „Die Geschichte von Holoferne und Judith mit der Be lagerung Bethulia" auf. Am andern Tage „präsentierte" das Handwerk der Kürschner „Die Historie vom keuschen Joseph". 1582 spielten wiederum die Kürschner eine Komödie „Von der Historie Danielis, wie er in die Löwengrube geworfen ward". 1601 wurde von der Bürgerschaft das „PlagiumKausfungianum" oder „Die Entführung der zwei Sächs. Fürstlichen Prinzen durch Kuntz von Kauffungen" vorgestellt. Die theatralische Belustigung überließ man künftig ganz der studierenden Jugend, welche unter Leitung der Herren Rektoren des Gymnasiums In der Fgstnachtswoche drei Schauspiele bot. In Zeiten allgemeiner Landestrauer. in -Pest- und Kriegsgefahr unterblieben die Vorstellungen. Unter Christian Weise, der von 1678—1708 Rektor des Zittauer Gymnasiums war, sanden diese Vorstellungen im Jahre 1685 zum letzten Male vor Fastnacht statt. 99 Jahre hatten die Schüler diesen „zulässigen Zeitvertreib" zum'Ergötzen der Bürger gepflegt. Durch Ralsverordnung voll führten die Schüler in Zukunft Ihre Darstellungen in der Woche nach Michaelis. Den Handwerkern und Zünften aber ließ der Rat im Jahre 1687 ernstlich verbieten, daß weder Meister, Gesellen, noch Lchrjungen dse sonst gewöhnlichen Umzüge, Tänze und Fast- '. nachtszechen halten sollten, sondern vielmehr mit einem stillen Alte Zittauer Fastnachtsbelustigungen Ein Bild vom Fastnachlstreiben früherer Zeilen von Albert Richter er letzte Tag vor Beginn der Fastenzeit ist gekommen. Noch einmal sprudelt Lebenslust und Übermut, ehe die -A WochenstillerZurückgezogenheitbeginnen. Vergnügen und Kurzweil aller Art bieten noch einmal Gelegenheit, Erinnerungen in die vergnügungsleere Fastenzeit hinüber zu retten. Dieses Bild zeigt sich uns heute noch in katholischen, vor