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genug für die Eingabe einer Denkschrift an den Kirchenvorstand, worin er für die Abschaffung der Gewitterwache eintrat. Die Bau deputation hielt nach einer Beratung die Sache auch wirklich für veraltet und in einer Kirchenoorstandssitzung am 31. Januar 1910 wurde der Brauch abgeschafft. Erleichtert atmete der treue Glöck ner Iunghannß auf, als ihm Herr Pastor Primarius Haebler die erfreuliche Kunde bringen konnte. II. Hat der alte Glöckner von St. Petri so manches Harte erlebt, so sind sein Herz und sein Gemüt doch weich geblieben. All das Beschwerliche des Glöckneramtes hat ihn nicht mürrisch und ver- bitter« gemacht. Nicht in Trübsinn und Schwermut hat sich bei ihm das Leben gewandelt, sondern ein froher Geist mit gesundem Humor sind seine Begleiter geblieben. Oft wird der Mensch durch all das Schwere eines Lebens und durch ein hohes Alter weich und launenhaft wie ein Kind, der alte Glöckner von St. Petri aber hat seine besondere Art. Den Hauch eines junggebliebenen Gemüts, vereint mit frohem Humor, umschließt ein ernster, nicht aber finstrer, sondern geklärter männlicher Geist. Sein Auge ist zwar schwach geworden, doch erstaunlich ist sein Gedächtnis. Bei irgend welchen Anlässen dichtet er. Jedoch er schreibt nichts nieder. Alles haftet ihm im Gedächtnis in fabelhafter Geistessrische. Ob das die Kraft derHeimat ist, die ihn erhielt? Ob das ein Dank für Heimatliebe ist, dafür, daß er 45 Jahre lang der Glocken mächtige Körper schwang, um von St. Petris hohem Turme den reinen Klang der Glocken weit ins Land zu senden, in das Land, das er von da oben jahraus, jahrein in Hellem und trübem Antlitz gesehen. Er ist stark geworden dabei und frisch geblieben bis heute. Als 1921 einigen alten Leuten, worunter auch er sich befand, das städtische Kostgeld entzogen wurde, da verfaßte er kurz vor Weihnachten folgende Worte: „Du liebes, gutes Christkindlein, Kehre auch hier zur Weihnacht ein, Wir sind ja folgsam, brav und bieder, O, bring das entzogene Kostgeld doch wieder. O, liebes Christkind, hab Erbarmen, Die Stadt würde darob nicht verarmen: Zum Schluß noch, liebstes Christkindlein, Erhöre die Bitte, wie sollt uns das freun." Am heiligen Abend desselben Jahres konnte infolge einer liebevollen Geldspende des Herr» Kommerzienrats B. den Insassen des Hospitals ein Festessen und ein Angebinde mit ISOMark in bar gereicht werden. Da jubelte auch des alten Glöckners Herz und aus ihm quollen die Töne der Freude. Kaum hatte die Hospital- mutter die frohe Botschaft gebracht, da hatten die freudigen Gefühle des treuen Alten in Worten ihren Ausdruck gefunden: „Spät abends kommt noch Frau Lorenz die Treppe zu uns herauf, Sie steht tief Atem holend und hemmt ihren eiligen Lauf. Sie dringt die freudige Kunde, daß der Herr Kommerzienrat In noch zu bestimmender Stunde uns ein Festmahl gestiftet hat. Zu trinken wird's dabei geben, gleichviel, ob Bier oder Wein, Das soll ein lustiges Leben, ein fröhliches Schmausen sein. Die Kunde wirket gar mächtig auf uns alte Knaben ein: Und mancher denkt, o wie prächtig, könnt es jedes Jahr so sein. Drum auf denn, ihr alten Insassen, erhebt euch zum freudigen Tusch: Es lebe der wahrhaft edle Spender, Herr Kommerzienrat B...." Und wie er hier seinen Frohsinn bekundet, so zeigt er ein andermal, daß ihm auch noch der Ernst des Lebens geblieben ist. Zwischen Himmel und Erde scheint er im Geiste zu schweben, wenn er die ernsten Worte spricht: „Hoch ragt über Budissas Mauern der graue, altehrwürdige Dom St. Petri und ruft beim Beschauen gar ernste Gedanken hervor. Die herrlichen Glocken erklingen und laden zum Dienste des Herrn, Die Gemeinde wallet in Scharen und folgt ihrem Ruse so gern. Und wenn der Herr einst gebietet, daß ich von hier scheiden muß, So gebt, ihr Glocken St. Petris, mir alten Glöckner den — — — — — — — — — — — sAbschiedsgruß." Es ist etwas Köstliches um das Leben eines Glöckners. AchtHeinmtbLlrtsN (Tuschzeichnungen) von Dichacd Mättig, darstellend alte Kirchen der engeren Heimat, sowie Schlop Asuhörnih mit kurzen geschichtlichen Erklärungen, für Mk. 200.00. Die Mühlsteinbrüche und die Felsenstadt ein Stück Heimaterde in landschaftlicher und geologischer Hinsicht dargestellt von Bruno Schroeder (Fortsetzung) Da brach der Südflügel dieser weiten, sandsteinüberzogenen Granitdecke, das heutige Sandsteingebiet, im Tertiär in die Tiefe ab; es entstand eine Verwerfung, während der Nordflügel, das heutige „Lausitzer Granitmassiv", gehoben und auf den tiefer liegenden Südflügel hinaufgedrängt wurde. Die heutigen Höhen- Verhältnisse unserer Lausitz, das ganze Landschaftsbild, ist gerade das umgekehrte: im Norden nur flache Nucken und dahinter eine weite Tiefebene, im Süden dagegen wölbt sich der Zug des Lau sitzer Gebirges und anschließend des Elbsandsteingebirges wie ein Wall empor, den tiefgelegenen Norden um mehr als 200 Meter überragend. Aber dieser scheinbare Widerspruch und Gegensatz ist nur die mit Naturnotwendigkeit eingetretene Folge jenes Ein bruches, jener großen Lausitzer Hauptverwerfung. Denn was mußte nach dem Abbruch des Südflügels in die Tiefe unmittelbar geschehen? Große Spalten mußten sich infolge dieser Dislokation bilden: durch diese Spalten aber konnte das glühendflüssige Magma, das bisher sicher und tief unter der Oberfläche von Sandstein, Granit und filmischen Sedimenten verborgen war, zugleich veranlaßt durch die gewaltige Erschütterung, reichlich hervorquellen. Und so ergossen sich denn die jungvülkanischen Magmamassen der Eruptivgesteine Basalt und Phonolith weit hin über jene abgebrochenen, in die Tiefe gestürzten Schollen des Südflügels, am stärksten natürlich in der Nähe der Berwerfungs- linie. Allmählich erkalteten diese Massen, und noch heute bringen sie als Basalt- und Phonolithkuppen Abwechselung in das Land- schaftsbild. Zuerst ergoß sich die basaltische Lava, die sich decken förmig über weite Gebiete ausbreitete, darnach folgte der Phono- lith aus den Krateröffnungen, ebenfalls deckenförmig über große Striche. Die Phonolithdecke hat aber nicht ein so ausgedehntes Verbreitungsgebiet wie die Basaltdecke. Die Gipfel, die diese beiden vulkanischen Gesteine bilden, sind meist keine Eruptions krater, sondern die Reste jener gewaltigen Deckenergüsse. Wie nun mußten diese Ergüsse auf den Sandstein des Südflügels wirken? Die glühendflüssigen, ausflietzenden oder ausgeworfenen Lava massen jener Eruptivgesteine, die sich wie eine schützende Decke über das Sandsteingebiet ausbreiteten, von der wir heute nur noch spärliche Reste sehen, machte eine Verwitterung dieses Sand- steins unmöglich. Während der fast ungeschützte sedimentäre Sandstein des Nordflügels im Laufe der vielen Jahrtausende immer mehr und mehr verwitterte und zerfiel, begann am Süd flügel erst der den Sandstein überdeckende, viel härtere Basalt und Phonolith ganz allmählich abgetragen zu werden, und schon längst war von dem einst so hoch aufliegenden Sandstein des Nordflügels kaum noch eine Spur zu sehen, schon längst war er abgetragen bis auf die Granitunterlage, die jetzt der Zerstörung anheimfällt, da stand der Sandstein des Südflügels, von dem kaum erst die Decke von Basalt und Phonolith an den meisten Stellen abgewittert war, noch hochaufragend und vollkommen unberührt von den Einflüssen der Witterung da. Aber auch ein zweiter Grund kam hinzu, ein Grund, der es verhinderte, daß der Sandstein des Südflügels in ebenso verhältnismäßig kurzer Zeit der vollkommenen Auslösung und Verwitterung anheimfiel wie der Sandstein des Nordflügels. Durch die in der Ber- werfungszone nach Süden dringenden deckenartigen Glutflüffe des härteren Basalts und Phonoliths wurde auch der Sandstein des Südflügels, besonders an der Oberfläche und darunter, wesentlich gehärtet und gegen die Verwitterung bedeutend wider- standsfähiger gemacht als der Sandstein des Nordflügels. Durch die Hitzswirkung des glühenden, sich deckenförmig ergießenden Basaltes und Phonolithes wurde der Quarz im darunterliegen den Sandstein teils zu Kieselsäure geschmolzen, teils weniger stark angegriffen: es entstanden auf diese Weise kleine Hohlräume. Die Kieselsäure aber lagerte sich so zwischen den noch festen Quarz körnern ab, daß alle diese zahlreichen Zwischenräume vollständig ausgefüllt wurden, sodaß das Gefüge des Sandsteins dadurch