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Volkshochschule im Dienste der Heimatkunde Als nach einem geradezu glänzenden Besuch von 4500 Personen die Geologische Heimatausstellung im vergangenen Spät sommer geschlossen wurde, war es klar, daß sie nicht bloß eine vorüber gehende Erscheinung gewesen war, sondern daß von ihr bereits eine Menge der verschiedenartigsten Anregungen ausgingen. Dazu gehörten die 11 Vorträge, die der Leiter der Ausstellung, Dr.'Heinke, in der Volkshochschule Zittau von Weihnachten bis Ostern vor einem großen Hörerkreise hielt. Auch sie behandelten wieder die heimat liche Geologie. War aber in der Ausstellung der geschichtliche Leitgedanke zu Grunde gelegt, d. h. wurde hier vornehmlich der Aufbau unserer Heimat von den ältesten Zeiten bis in die Gegenwart hinein gezeigt, so wurde in den Vorträgen mehr das Allgemeine der erdgeschicht lichen Entwicklung betont an Beispielen aus unserer Heimat. Um es kühn auszudrücken: es sollte ein Lehrgang der allgemeinen Geologie versucht werden, wie sie sich in unserer Heimat wieder spiegelt. Behandelt wurden: 1. Überblick über die Gesteine nach Entstehung und Lagerung, 2. Die Tätigkeit des fließenden Wassers in der Gegenwart, 3. Unsere Heimat als Binnensee zur Braunkohlenzeit, 4. Das Meer zur Sandsteinzeit, 5. Die eiszeitlichen Gletscher, 6. Wirkung des Windes in Gegenwart und Vergangenheit, 7. Die Zeit der feuerspeienden Berge, 8. Wie erkenne und bestimme ich auf einfache Weise Mineralien . und Gesteine? Aber wir können nicht verlangen, alle Bildungen, die für die Erdgeschichte von Bedeutung sind, in dem engbegrenzten Raume unserer Heimat anzutreffen. Meer, Hochgebirge und feuerspeiende Berge fehlen jetzt bei uns, aber sie waren da und haben ihre deut lichen Spuren hinterlassen. Schneegefilde und auch Wälder, die unter südländischem Klima wuchsen, bedeckten einst unsere Heimat: Erd erschütterungen blieben ihr nicht erspart. Nur Korallenmecre und Wüsten gab es nie bei uns, oder wenigstens haben sie nicht einmal die dürftigsten Zeugen nachzuweisen. Aber die Vorträge können nur dann fruchtbringend werden, wenn man die Natur selbst anschaut und befragt, draußen im Steinbruch, in der Sandgrube, im Bergwerk, am Wasser, in der Niederung wie auf den Höhen, kurz überall. Ja, wir müssen hinausziehcn mit Hammer und Spaten, müssen beobachten und sammeln. Eine Wanderung kann daher für viele eine Entdeckung, oder doch eine Wiederentdeckung werden. Das gibt der Sache erst den wahren Reiz. Dann wird auch das Endziel der Ausstellung erreicht werden, näm lich die Erkenntnisse und Fundstücke zu sammeln, als „Bausteine" zu einem Heimatmuseum. Wie dies gedacht ist und wie weit der Plan bereits durchgeführt ist, soll in der nächsten Nummer dieser Zeitung gezeigt werden. Die Mühlsteinbrüche und die Felsenstadl ein Stück Heimaterde in landschaftlicher und geologischer Hinsicht dargestellt von Bruno Schroeder heißer Sommersonntag. Keuchend und stöhnend windet MM sich die Bimmelbahn durch das staubige, kohlen-und ruß- geschwärzte Olbersdorf dem Gebirge zu. Alle Wagen des "" Zuges sind übervoll von Menschen. Ja, sogar auf den Plattformen und Trittbrettern stehen sie dichtgedrängt, denn sie alle wollen heute hinaus aus dem lauten, lärmenden Getriebe und Gewühl des Alltags, aus den dumpfen und engen Straßen der Stadt. 'Und so strömen denn Tausende jenen blauen Bergen zu, die in der Ferne so verlockend winken, um von ihren lichten Höhen den Blick weithin nach allen Seiten über gesegnetes Heimatland, über blühende Städte und Dörfer schweifen zu lassen, um in seinen schattigen Tälern den würzigen Duft des deutschen Waldes zu* atmen und aus seinem uralt-ewigen, nie versiegenden Born Mut und Kraft zu trinken für die Gefahren des Lebens und für die Schwere der Zeit. Und sie alle, die, von dem Wunsche beseelt, dort in der Stille der Natur Ruhe und Erquickung zu finden, hinausgezogen sind in die Höhen und Schluchten des Lausitzer Gebirges, können voller Befriedigung zurückkehren, bietet doch kaum ein anderes Gebirge Mitteldeutschlands auf so verhältnis mäßig kleinem Raume so überaus viel an Naturschönheiten! In das Oybintal, den Glanzpunkt unserer heimatlichen Berge, ergießt sich der Hauptstrom der Wanderlustigen. Ein kleiner Teil wendet sich vom BahnhofBertsdorf aus demIonsdorferTalezu, die meisten wohl, um den höchsten Gipfel des Gebirges, die aus sichtsreiche Lausche, zu erklimmen. Nach rechts wandert die Schar zu den schroffen Zinnen der Lausitzer Bastei, den Nonnenfelsen. Schon am Anfänge des Weges grüßen zur Linken, ganz in der Nähe, steile Felswände und schrägabfallende Schutthalden zu uns herüber. Schroffe weiß und grau schimmernde Felsen sind es, die sich dort hoch übereinander äuftürmen. Prächtiger Nadelwald umsäumt ihre Abhänge: nur einzelne stolze Felskegel ragen dar über empor. Hinter ihnen aber birgt sich eine einzigartige Fels wildnis, bergen sich wunderbare Gesteinsbildungen, seltsam ge formte Spitzen, Klippen und Klüfte. Eingeschlossen in diese Felsen liegen stille, einsame Schluchten und weltabgeschiedene Täler. Don all den vielen schönen Gegenden unseres nördlichen Lau sitzer Gebirges ist es fast allein dieses wildromantische Felsen labyrinth mit seinen grotesken Formen, das sich noch seine natür- liche, kernige Ursprünglichkeit und Urwüchsigkeit bewahrt hat. Wohl gibt es hier viele Wege, aber meist sind es nur schmale Fußpfade, stellenweise durch Heidekraut bis zur Unkenntlichkeit verwachsen. Nur vereinzelt zeigen Wegweiser dem Fremden die einzuschlagende Richtung an. Eine neuzeitliche Übersichtskarte oder einen Erkundungsplan über das Gebiet gibt es nicht, und selbst auf unseren genauesten Karten, den Meßtischblättern, sind nur so wenige Stellen bezeichnet, daß es vollkommen unmöglich ist, sich nach diesen Angaben in dem Gewirr von Felsen und Schluchten zurechtzufinden. Aber ganz abgesehen davon, daß die Wege meist nur schmal und undeutlich sind, sie sind auch vielfach sehr steil und schlecht geebnet. Leicht kann der Wanderer über versteckt liegende knorrige Baumwurzeln oder Steine stolpern, leicht kann er sich auf kurze Zeit in den Felsen verirren. Schon das andauernde Hinauf und Hinunter, das ein Besuch jener ein samen Felsenstadt erfordert, muß bequeme oder ungeübte Fuß gänger zurückschrecken. So kommt es, daß der Strom der Tou- risten sich immer wieder, Tag für Tag daran vorbei über die Nonnenfelsen nach der Lausche zu ergießt, meist, ohne auch nur im entferntesten die Schönheiten zu ahnen, an denen sie acht los vorübergezogen sind. Denn die Jonsdorfer Felsenstadt kann trotz ihrer Unbekanntheit mit Recht ihren Platz behaupten neben den berühmten Tyssaer Wänden oder den vielgenannten Felsen städten von Adersbach, Weckelsdors und Dittersbach. Und nicht allein der überraschende Formenreichtum ihrer Gesteinsbildungen, nicht allein die Einsamkeit ihrer Schluchten übt auf jeden Natur- freund einen unbeschreiblichen Zauber aus, auch in geologischer Hinsicht ist das Gebiet der Felsenstadt und der sich anschließenden Mühlsteinbrüchc so mannigfach und vielgestaltig wie kaum ein zweites unserer heimatlichen Berge. Abgelegen von den Haupt straßen des Verkehrs, bildet es in seiner Abgeschlossenheit eine Welt für sich und vermag den Wanderer, der nicht mit dem all gemeinen durch unser Gebirge flutenden Touristenstrom schwimmt, durch die Fülle seiner Naturschönheiten und durch die wunderbare Gestaltung seiner Felsgipfel immer aufs neue zu entzücken. Dem Kletterer bietet es gar manchen stolzen Felsrurm, gar manche spitze Felsennadel dar, an der er Kraft, Mut und Geschicklichkeit erproben kann: kurz, es ist in landschaftlicher wie auch geologischer Hinsicht ein wahres Dorado für jeden Naturfreund. Unterhalb der stolz aufragenden Felsmassen, die wir vom Bahn hof aus erblicken, erstrecken sich breite, Helle Streifen in langem, gewelltem Zuge am Abhange dahin. Es sind die stummen Zeugen ehemaliger rastloser Tätigkeit, jahrhundertelanger, unermüdlicher Arbeit des Menschen im harten, starren Fels, die Schutthalden der Mühlsteinbrüche. Nach dem Gestein, das hier gebrochen wird, dem Mühlsandstein, führen alle diese felsigen Höhen den gemeinsamen Namen „Miihlsteinberge". Vor mehr als 300 Jahren bezeichnete man den ganzen Höhenrücken als „Raben steine", und erst seit einigen Jahrzehnten hat man diesen Namen auf jene zwei Felsen übertragen, die an der Straße nach Lichten walde schon jenseits der Landesgrenze auf tschechoslowakischem Boden mit ihren Spitzen über dem Grün des Waldes emporragen