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guten Sache gestellt haben. Es mag ruhig einmal festgestellt werden, daß die Thalia weit über den Rahmen gewöhnlicher Dilettanten vereine hinausgewachsen ist und einen ungleich schärferen kritischen Maßstab als diese getrost vertragen kann. Aber sie verdankt dabei ihrem Dichter Wilhelm Friedrich mindestens ebensoviel, wie dieser den unentwegten Verkündern seiner Muse. Da sind namentlich zu nennen: Max Krause, der urwüchsig-echte Vertreter des dick köpfigen und selbstbewußten Mathias Fünfstück, Auguste Jäkel, die unvergleichliche, köstlich lebenswahre Muhm Beat; Franz Weiß, der ergreifend schlichte Vertreter des Tobias Rennert und Johanna Riedel, die hervorragend geeignete Darstellerin der Sibylla. Sie zeichnet die rührende Gestalt mit festen Strichen, aber sauberster Konturenführung. Ihre vorzügliche Mimik zeigt volles seelisches Milerleben und restloses Aufgehen in ihrer Aufgabe. Die Hervorhebung dieser vier Hauptrollen soll aber die ehrliche Anerkennung aller übrigen Milwirkenden keineswegs benachtei ligen. Da ist wieder Herbert Bührdel als Christoph, Reinhard Sprenger als Balthasar Wagner, Lina Effenberger als Bärbel, der ausgezeichnete Charakterdarsteller Wilhelm Hluchy in der kleineren Partie des Seibt mit Vorrang zu nennen. Unter den übrigen, dem Berichterstatter noch unbekannten Mitwirken den fiel besonders Karl Krause durch die leidenschaftslos korrekte, aber ungemein wirksame und zielsichere Wiedergabe des Klosterpropsts und Anna Hartmann, die bieder-schlichte Moi- dur vorteilhaft auf. Die anderen Darsteller, deren namentliche Auf führung zu weit führen würde, mögen sich mit der Feststellung begnügen, daß jeder an seinem Teile an dem schönen Gesamt erfolg mitgewirkt hat. Unmittelbar an die Aufführung schloß sich eine ungemein ein drucksvolle Ehrung des Jubilars, der bereits bei seinem Erscheinen auf der Bühne (er spielte mit gewinnender Natürlichkeit den Klostervogt von Ziegler und Klipphausen) lebhaft begrüßt worden war. Das Publikum blieb erwartungsvoll auf seinen Plätzen. Als der Vorhang sich wieder öffnete, stand im Mittelgrund der Bühne Wilhelm Friedrich, von seinen Getreuen und von ein heimischen sowie auswärtigen Abordnungen umgeben. Als Erster sprach Herr Julius Palme als Vertreter der „Thalia" und über mittelte unter Würdigung der Verdienste Wilhelm Friedrichs in zu Herzen gehender Ansprache dem Dichter die innigen Wünsche der Mitglieder, indem er ihm in mächtigem, schönem Rahmen die Bilder der Damen und Herren überreichte, die bisher bei der Aufführung von Werken des Jubilars innerhalb der Thalia mit gewirkt haben. Das ebenso geschmackvolle als sinnige Geschenk, hervorgegangen aus dem Atelier des Herrn Photographen Josef Richter-Reichenau, machte offenbar tiefen Eindruck. Eine junge Dame, Frl. Elisabeth Rücker, sprach mit schönem Aus druck und tiefem Empfinden das der Wilhelm-Friedrich-Nummer der „Oberlausitzer Heimatzeitung" vorangesetzte dichterische Ge leitwort. Dann übermittelte der unterzeichnete Berichterstatter in gebundener Rede die Empfindungen seiner persönlichen Freunde und wandte sich dann mit Nachdruck an die Hörerschaft, indem er seine Worte in Hans Sachsens Mahnung (Richard Wagners „Meistersinger") ausklingen ließ: Doch was ein Meistersinger spricht, Ihr alle hört's mit Gunst: „Verachtet mir die Meister nicht Und ehrt mir ihre Kunst: Was echt und deutsch, müßt' keiner mehr, Lebt's nicht in deutscher Meister Ehr'!" Herr Löwner - Zittau überreichte namens des Kreises Oberlausitz des Verbandes Bolksspielkunst in festlicher Ansprache einen wert vollen Spazierstock und verlas im Anschluß noch ein Schreiben desDerbandspräsidiums, indem den Verdiensten Friedrichs höchst ehrenvolle Anerkennung wiederfuhr. Dann widmete Herr Schrift steller Herbert Henkner mit erquickender Frische dem Dichter die Glückwünsche und Grüße seiner Verehrer in der alten Kreis stadt Bautzen. Schließlich hielt noch Herr Buchdruckereibesitzer Otto Marx eine packende Ansprache, in der er das Wesentliche des Abends nochmals zusammenfaßte und dem Jubilar namens der dankbaren Lausitz den als Geburtstags-Ehrenspende aufge kommenen Betrag von 252 808 Mk. (er wurde durch Herrn Löwner-Zittau noch um 20000 Mk. erhöht) überreichte. In dieser Summe ist der in Reichenau gesammelte Betrag von 133 002 Mk. inbegriffen. Diese Stiftung soll als Grund-und Sicherheitsstock für eine in Aussicht genommene Gesamtausgabe der Werke Wilhelm Friedrichs dienen. Weitere Zuwendungen nimmt der Verlag der „Heimatzeitung" gern entgegen. Der von der Fülle der Ehrungen überwältigte Dichter vermochte nur ein schlichtes, aber in seiner Schlichtheit ergreifendes Wort des Dan Kes zu erwidern. Diese gewaltige Kundgebung für den er- folgr eichen Vorkämpfer Lausitzer Volkstums wurde in allen Teilen mit lebendigstem Beifall ausgenommen. Eine fröhliche Nachsitzung hielt den Dichter, seine „Thalia" und die auswärtigen Abord nungen noch ein Stündchen oder zwei gemütlich beisammen. Der Ort Reichenau aber darf auf die wohlgelungene Feier und die verdiente Ehrung seines Mitbürgers stolz sein. BrunoReichark Eins Frisdensstätts s hast t die Seit. Dis Menschen jagen und rennen, sie schaffen tagein, tagaus in Saal und Werkstatt, verdienen und wieder verdienen ist ihr Siel. Nach Lust und Vergnügen trachtet dis Jugend, die Arbeit hält Frau und Mann in strengem Dann und das Alter fitzt sorgend und bangend daheim. Wer besinnt sich auf sich selbst, wer hat dazu Seit in einer Welt voll Nnruhs und Nnrast? Willst du einen Grt des Friedens sehen, ich zeige dir ihn gern. Sehnt sich dein Herz nach Ruhe, folge mir, ich führe dich an eine Stätte der Stille. Heute ist Sonntag. Die Morgsnglocks läutete schon zweimal vom Turme, mahnend, rufend. Ruhiger als andere Tage ists auf der nahen Straße. Komm mit, dis Hells Stimme soll nicht umsonst bitten. Schon von weitem grüßt uns ein golden Kreuz, aufrecht steht es auf seiner Kugel und ragt empor zu den Wolken. So die Sonne naht oder geht, sie sieht es zuerst und zuletzt. Am blanken Metall spislsn dann funkelnde Lichter. Turm und Kreuz, sie trotzten Seit, Krieg und Not. Den Hang emporschrsitsnd, nahen wir dem freundlichen Gottsshause. Schmuck steht es auf seiner Höhe und schaut hinab zu Tal. Isis eins güte Mutter des Gctes? Zwischen Pfarrhaus und Kirchs gehen wir hin, eins breite Nffnung in be grüntem und eisernen Saune läßt uns hindurch zur offenen Turm halle. Dein, Eintritt grüßen uns Grden, Ehrenzeichen und Krieger schleifen, sie stimmen uns ernst. Wir schreiten hinein in den großen Raum, der uns schweigend empfängt. Ssitig kamen wir als dis Ersten, recht jo, dann finden wir den besten Platz und haben Seit zum Dssinnen und Schauen. Gin hoher, lichter Raum nahm uns auf, sauber, edel und mit Malereien fein verziert. Dor uns der Altar mit Leuchtern, Kruzifix und einem Jsfusbild, nach Guido Reni von einem Dresdner Künstler einst gemalt. Darüber dis Kanzel, mit Goldstreifsn schön geschmückt, über ihr das Seichen des hsrabschwebenden Geistes und ein leuchten des Kreuz. An den Emporen erblühen Helle Rosen, und Kreuz formen in vielen Feldern erinnern an Dulden und Glauben. Non der Decks herab hängen drei große, gläserne Kronleuchter, ihre Prismen zerteilen den Lichtstrahl und zeichnen auf Dank und Wand Regenbogenfarben. Droben in der Mitts ein großes, buntfarbiges Kreuz, mit breiten Blättern, Weintrauben und Ähren, inmitten einen Dornsnkranz. Flammsnstrahlsn reden von Gottes Sorn, die feinen Rosetten links und rechts wollen ihn mit ihrer Milde lindern. Ein breiter, langrundse Kranz, in schönen Farben prangend, zieht sich über die Emporen hin und bildet eins breite Amrahmung. Kreuze und Rosen sagen darin von Liebe, Ranken und Dornen vom Leid, blaue Farben mahnen zur Treue und weiße zur Reinheit. Durch dis hohen Fenster fluten Lichtströms herein, sie meinens gut und lassen klar sehen. Auf dem weiten Ehor steht ein großes Dcgel- wsrk, sinn glänzten die vielen Pfeifen des Prospektes mild, doch heute? Der Krieg raubte alle 45, bringe der Frieden bald neue dafür. Nnssre Augen Wander» von einem zum andern, sie sehen Schönes immer gern, und Feines bietet der weite Saal, der einer Gemeinde seit 12S Jahren diente. Doch nun füllen sich dis Danke, Frauen und Männer nahen zu stiller Andacht wie wir. Leider Kommen nur wenigs von dsr Jugend, die hat heutzutage nicht Seit. Die Glocken läuten vereint» ihr reiner Klang erfreut unfer Ghr. Es folgt ein Augenblick dsr Stille, dann flüstern liebliche Stimmen aus dem Ehor sie verstärken sich