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Bei Übertragung dieser Namensform in unser« heutige deutsche Auedrucksweis« könnten wir für Zittau auch „Bergau" sagen. Beraau nannte sich aber auch ein Zweig derer von Berka, die da sahen „uff'm Steine" (heute Trosky). ein Ort, der wieder« h«, lt mit dem »Steine Oybin" verwechselt worden ist. Berka und Bergau ist dasselbe, Berka ist vermutlich von eingewanderten Thüringern in diese Form gebracht. Wenn die Berkas die ursprünglichen Gaufiirsten der „alten Sythau" waren, so hätten sie ihren Stammsitznamen in da» Deutsche übertragen, als sie sich in geschichtlicher Zeit Bergau, Berka, Birke (auch die Birke kommt von Berg, ebenso wie Burg, bürgen, bergen) nannten. Der Geschichtsforscher wird dieser Lösung nickt zustimmen. Er weiß, daß die Berka« dem uralten tschechischen Geschlechte der Howoras entstammen. Was heißt Howora? Das ist ein uralter Ausdruck, der vor vielen Jahrhunderten In der Lausitz üblich war und aus sagenhafter Borzeit stammt. Er ist scherzhafterweise mit „h u u h—b rrr r" zu übersetzen: huh-hoh ist der Ausdruck der Überraschung, des Schreckens, bor ist die Ur« form für groß, Hobor oder weicher gesprochen howor ist also un gefähr: „schrecklich groß — greulicher Riese". Mit dieser wenig schmeichelhaften Bezeichnung belegten die Lausitzer und Böhmen aus dem Slawenstamme zu ihrer Zeit die Anaren (Dünnen), die oft Einfälle in ihr Gebiet machten, ebenso wie ihre ständigen Feinde und späteren Besieger, die mit den Deutschen verbündeten Sudelengermanen. Wenn man nun die Berka „das Geschlecht der greulichen Riesen" benannte, so müssen diese Leute demnach viel größer wie die in ihrem Herrschaftsgebiete siedelnden Slawen gewesen sein, auch können sie keinesfalls sich besonderer Zuneigung erfreut haben, wie das sonst bei aus dem eigenen Volke erwachsenen Herrschergeschlechtern üblich war. Sie werden also keinesfalls Slawen, schwerlich Aoaren oder Ungarn (die sich nicht halten konnten), höchstwahrscheinlich aber alteingesessene Germanen ge wesen sein. Wenn wir uns der Fürstin Eythava am Eingang dieser Ab- Handlung erinnern, so dürfen wir an einer Überlieferung nicht vorübergehen, die uns den Ausdruck „Hobor" für die Berkas verständlich macht. Als der Bischof Hieronymus von Brandenburg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Gräber der Familie der Eythava öffnen ließ, fand man in dem einen so große Gebeine, daß das I Schienbein einem mittelstämmigen Menschen bis an die Hüfte reichte. Zn diesen Gräbern sind überliefert außer der Fürstin ihr Gatte Manfred oder Meinfrid, seine Brüder Hermann und Sig- hart und der Schwiegervater Brumito. — Wo hat aber die Eythava Hof gehalten, wenn sie wirklich in Zittau lebte? Auf den Burgen der umliegenden Hundsckaften wohl kaum. Da sie die Stadt gegründet haben soll, kann sie nur ihren Hof auf der schon teilweise bebauten Mandau gehabt haben. Dort ist uns aber dicht am Mittelpunkt, nur wenig von dem ehe maligen Franziskanerkloster und der Pfarrkirche St. Johannis entfernt, ein Name überkommen, „die Hofstadl". Die Hofstadt wird von den meisten Heimatforschern als Platz angenommen, wo früher eine Burg oder ein Edelhof gestanden hat. Die Baulichkeiten an dieser Stelle (Hintere Neustadt) sind bereits 1473 abgebrannt. Es ist uns Näheres nicht überliefert worden. Beachten wir aber die Lage, so müsse» wir uns sagen, daß sie sehr wohl geeignet war, den Platz für die Hofburg eines Fürsten abzuqeben. Nun hat sich außerdem eine Bezeichnung in nächster Nähe der Hofstadt erhalten, die einwandfrei die Nähe eines fürstlichen Edelhofes erweist. Das ist die Bezeichnung „am Park", Im Mittelalter auch als Pärchen, Barch bekannt. Der Park war aber stets der Kampfplatz beim Edelhof, dem Herrensitz, der zur Ab haltung der Kampfspiele diente. Dieser Park hatte mit gärtner!» schen Anlagen nichts zu tnn, er war die Kamvfwiese, die später zum Teil in den Mauerkreis der Stadt geriet. Daher bedeutet sie nachmalig auch den Zwinger (zwischen den Mauern). Dadurch, baß später auf seinem Grunde Baumgärten angelegt wurden, hat der Park wohl seine heutige Tigenschaftsbestimmung erhalten.- Von dieser Burg aus (der Hofstadt), die sicher auch die Be hörden des Gaues beherbergt hat, ging nun eine Straße (die erste, die in Zitta » gepflastert wurde) aus, die Bestem« gaffe, später Biittnergasse, beute Theaterstraße. Sie mündete in oder bildete überhaupt den böhmischen Steinmea, destenUrsprungs- name verschollen ist (Grottauer Straße). Diese Straße lief nun gerade auf die Eckießwiese zu, dort, wo sich früher beim Zusam menfluß von Mandau und Neiße infolge der noch in der Neuzeit dann und wann eintretenden Wasserrückstauung ein gewaltiger Stausee gebildet hoben mußte. Die große Wasser- und Sumpsfläche hat vor ihrer Trocken- legung schwerlich Raum für die heutige Straße nach Grattau ge boten. Diese scheint über Großporitsch—Luptin auf der Höhe hin gegangen zu sein, vor Überschwemmungen gesichert. Nun bedeutet aber Bestem soviel wie Abgabe. Zoll. Der Aus druck ist auch heute noch in der Handelswelt üblich. Tin von allen Rückständen befreites Transportmittel bezeichnet man als bestem- rein, auch besenrein. „Besemschon" dagegen ist der Abzug für da», was beim Au»- leeren hängen bleibt. Besmer oder Besemer nennt man die sog. „dänische Schnell- wag e". Beste, alt Passahe heißt ein Dors am Fuße des Vilsteiner in Niederhesten; Beisheim in Hessen hieß 1350 Bestem. Vom frühesten Mittelalter an kommen die drei Worte: Best« (Paß neudeutsch) fürZoll, Bede (Bitte neudeutsch) für einmalige Beisteuer und Berne oder Dorne (Born, der stetig quillt) für die laufende Steuer in unzähligen Urkunden und in ebenso häufigen Ortsbenennunqen vor. Das Wort „Betz" selbst stammt von dem arischen Urwort „baothon, beodban -- mutiger, infolgedessen guter Mann, Herr oder Anführer (Han). Deshalb wird Betz auch im ganzen ehemals germanischen Sprachgebiete als Herr (auch Herrgott) gebraucht. Dom niederländischen „B aas" zieht fick diese enqverwandte Etqenschaftsbezeichnung in den mannigfaltigsten Formen bis in» tschechische Böhmen, wo der „Bösiq auch Beß-dlß Gottesleuchte" und das tschechische Erbgericht (der oberlausitzisch germanische Iudenkretscham) Beste-da — Herrenstätte heißt. (Wo der Herr Gericht hält und Steuern erhebt.) 1 Bestem-22,2Prozent mußte Bautzen zu den Abgaben der Eechsstädte an die Krone Bödmen leisten. Auch Ostritz hatte früher seine Bestemgaste. Die Bessemqasse war also eine Zoll st ratze, die am Stausee endete. Da sich der Fahr- und Fußverkehr nach Grottau vor dem Jahre 1200 schwerlich auf der Bestemgaste abwickelte (er dürfte die Fried länderstraße, Kleinschönau, Porstsch bevorzugt haben), so mutz diese Zollstraße einen anderen Zweck gehabt haben. Denken wir uns die Trostlosigkeit der früheren Straßen dazu, wenn es solche überhaupt in sener Zeit (1000—1200) hier gab, so können wir uns dem folgerichtigen Gedankengange nicht ver- schließen, den unser verdienstvoller Heimatforscher. Herr Ober- studienrat Dr. Opitz, vertritt, dem nämlich, daß Zittau im vor- geschichtlicher Zeit einen Wasterumschlagsplatz gebildet haben mutz. Bon diesem Umschlagsplatz konnte bei dem sicher weit höheren Wasterstande wie heute das Bedürfnis nach Handelsverkehr in flachen, breiten Kähnen (siehe Spreewald) die Neiße und Mandau auf- und abwärts befriedigt werden. So finden wir auch eine Erklärung für die Anlage der Waster- sperrburgen Hammerstein. Hainewalde (altes Schloß), Buraberq b. Zittau, weiße Henne (Schießwiese), Rohnau und Ostrose (Ostritz) Merkwürdigerweise sind uns von jenem Borstadtteil, auf dem das Denkmal der Entstehung Zittaus steht, keinerlei Nachrichten überkommen, wo dieIudenkretschame geblieben sind die da lagen auf dem Werder zwischen den zweyen Wassern zunechst an der Bnrgmühlen ,..