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Da kam durch Heinrich den Finkler und Otto den Großen der deutsche Rückstoß. Deutsche kämpften die Slawen nieder, sahen sich aber auch Slammesgenossen gegenüber, die den Slawen zu Hilfe gekommen waren. Nach den Fuldaer Annalen kämpfte schon 872 ein Herimann (Fürst) der nordböhmischen Germanen gegen die Franken. Bon langer Dauer kann dieser germanische Widerstand aber kaum gewesen sein, bald dürste ihm eine Anerkennung deutscher Oberhoheit gefolgt sein. Fast scheint es, als wenn die Sudeten- Germanen in der Folgezeit eine Art von wohlwollender Neutrali- täl nach beiden Seiten beobachtet hätten, denn während sie die Slawen in ihren Kämpfen gegen die Deutschen in nichts unter- stützten, nahmen sie doch große Mengen flüchtender Sorben und Tschechen in den eigenen Landdereich auf und siedelten sie an. So erklärt sich auch die Enlstehung der Ortschaften Windisch-Kam- nitz.Wendisch-Lunnersdorf undPaulsdors sowie Wendisch-Ossig unv anderer. Bis dahin dürfte wohl die altgermanische Rechtsverfassung unangetastet geblieben sein. Nun zog eine neue Zeit in den uralten Steinwall „der alten Sythau" ein. Mit den deutschen Kriegerscharen kamen auch die Apostel des Christentums. Fremdländische Verkünder der Religion der Liebe brachten glühenden Haß gegen die Verehrung der germanischen Gotter mit. Fremde Abenteurer wendeten alle Mittel, Lug und Trug zu ihrer Bereicherung an. Der germanisch-sozialistische Begriff von dem gemeinsamen Eigentum der Gaugenossenschast wurde von der fränkisch-kapita listischen Auffassung des Einzelbesitzes abgelöst, die die unter frän- kftch-römijche Vorherrschaft geratenen Deutschen mitbrachten. Der Tauschhandel wurde von der (Seldwirlschast verdrängt, die freie Allodiatoerfassurig von der Feudalherrschaft. Die großen Persammlungsplätze der Hundertschaften wurden vogelsrei. Erst vernichtete der Verkünder der Nächstenliebe die heiligen Zeichen auf der Mulstolt, dann nahm der deutsche Kaiser oder der böhmische König oder deren Beauftragte das gesamte unbewohnte Gaueigentum als herrenloses Gut in Besitz. (Daher die Namen Königshain, Künizsholz usw.) Wo es sein Vorteil bedingte, beschenkte oder belehnte der Landesherr mit Teilen dieses Raubes die Kirche, seine Vasallen und, wo es nicht anders ging, auch den bisherigen Gausürsten oder Hundschastsführer. Wehe dem aber, der sich vermaß, für das uralte, überkommene Recht zum Schwert zu greisen, wie das die Burcharde von Kiitlitz wegen Seidenberg, der Osser in Görlitz oder die Rindburge wegen des Königsholzes taten. Dann wurden sie als Raubgesellen und Landbeschädiger gebrandmarkt. Vernichtung war fast immer ihr Los. Gegen den Dreibund der Herren, Pfaffen und königlichen Städte war auf die Dauer nicht auszukommen. Sie kannten schon damals nur den Grundsatz: „Der Zweck heiligt die Mittel." Und dieser Zweck war unumschränkte Herrschaft über Sklaven. Mit Güte und Gewalt versuchte man die Erinnerung an eine vergangene schönere Zeit aus den Hirnen der Unterjochten aus- zurreiden. Nur heimlich konnte in verschwiegener Waldesnacht den alten Göttern Verehrung gezollt, das alte Recht gesprochen werden. So entstand die heilige, heimliche Feme. Der ehrwürdige Hundschastsführer wurde von den Verkün dern der Liebe mit Schmähungen überschüttet: Schweinehund, Sauhund, Hundsfott, Hundeseele usw. sind Erzeugnisse jener Zeit. Viele dieser Hundertjchaftgeschlechter sind so verarmt, manche verkommen, viele aber haben sich durch alle Fährnisse der Jahr- Hunderte geschickt hindurchgewunden und ihren Familienstamm baum in das Heute gerettet, trotzdem sie es selbst nicht wissen. Ein flüchtiger Blick in das Adreßbuch fördert sofort eine ganze Mihe von Namen zutage, wie sie in vorchristlicher Zeit für die Hundertschaftsführer üblich waren, seltsamerweise sind es Namen, deren Träger sich heute noch meist in jührenden Stellen im Rah men der Volksgcsamlhett betätigen. Backhaus, Bernhardt, Burg hardt, Brüntnghau», Dettelhach, Dornyeim, Eberding, Eckhardt, Eiselt, Engelhardt, Frohberg, Gebhardt, Iudeich, Hahnefeld, Hahnewald, Haensel, Haselhorst, Herberg, Helbig, Hemberger, Henning, Hindemith, Homberg, Huhn, Hunger, Knobloch, Köl- bing, Korsett, Külz, Khau, Lhotzky (oertschechl), Lobeck, Menzel, Mörbitz, Moras, Morawek (vertschecht), Radehose oder -Hase, Mehlhase oder -Hose, Ramdohr, Raßfeld, Reichard, Ringehahn, Schwanbeck, Steinsdorff, Wittekind usw. sind solche Namen. Hierzu kommt noch die große Menge der ehemaligen Freien, der schöppenbaren Buren, deren Aufzählung und Namendeutung eine Arbeit für sich beansprucht. Daß im Gau Zittau der Besitzwechsel nicht allzu schroff vor sich gegangen sein kann, beweist der jahrhundertelange, wechsel volle Kampf der einst führenden Familien Berka undDonyn mit ihrem Anhang gegen das Königstum mit seinen Vasallen, die Kirche und die Städte, alle drei nicht mehr herauszuschälende Fremdkörper im uralten Rechtsbegriffe des germanische» Gau verbandes. Die alten Hundschastsführer dürften wohl in den ersten Jahr- Hunderten die gegebenen Richter in allen strittigen Fällen auch unter den neuen Verhältnissen gewesen sein. Sie scheinen Vorzugs- weise das Amt des Erbrichlers (kaereciitarius, sculwtus, Schulze) ausgeübt zu haben, auch wird man die wichtigsten Hundschafls- führer zu Ratsherren der neuen Stadt ernannt haben. Sie allein waren imstande, die mißtrauisch und unruhig gewor denen Ureinwohner mit den neuen Verhältnissen auszusöhnen, sie allein kannten die Sitten und Gebräuche, die Bedürfnisse und Rechtsbegriffe ihrer Gaugenossen. Einen deutlichen Beweis für diese Annahme liefert uns die lateinische Urkunde von l 310, nach welcher den Kreuzherren (einem geistlichen Ritterorden, der sich um 1300 in Zittau angesiedelt zu haben scheint) der Platz an der Schule überlassen wird. In ihr werden als Ratsherren von Zittau angeführt (ver- d e u t s ch t): Nicolaus der Bürgermeister, Sohn des Hartmann guten Ange denkens, Nicolaus von Hirschfelde (alter Hundschaftssitz), Letzold der Rote (der Ratende?), Konrad, Bruder des lahmen Henning (Hundschaftsführername), Waller von den Heiligen („Heiliger Geist", Siechenhausstiftung aus dem Angel der weißen Henne in Zittaus, (alter Hund schaftssitz), Sidelmann von Gabel (alter Hundschaftssitz), Hermann genannt Zarth (?), Hermann, der Sohn Herbords. An dritter Stelle ist angeführt: „Thilo Antiquus Steinrücker, Hungarus." Man hat diesen Mann in den Kreisen der Heimatforscher stets als aus Ungarn eingewandert betrachtet. Man nennt ihn den Rats herrn Steinrücker aus Ungarn. Familiennamen waren aber da mals noch nicht Sitte, wie aus der Aufzählung der übrige» Rats herren hervorgeht. Es gab nur Eigenschastsnamen und Vornamen. Verständlicher wird der Name erst, wenn man ihn als: „Thilo, der Alte, Steinrüger (Rüger — Richter am blauen, blu tigen oder weißen Stein, dem Gerichtsstein), der Hungert (Hundschastsführer) betrachtet, also „Thilo, der Alte, Sleinrüger, der Hungert" (Hungerbrunnen am weißen Stein). — Es gibt noch sehr viel Arbeit für den Heimat forsch e r I Was hat aber dec Name Zittau mit all dem zu tun? Die älteste deutsche Namensform ist „Sythau". Wenden wir uns doch einmal vertrauensvoll an die keltische Sprachforschung, nachdem die slawische versagt hat! „Syth" ist eine der vielen, vielen Formen für Berg, „au" in Verbindung mit „Syth" bedeutet „Bergwall". Sythau kann also ein keltisches Wort sein und bedeutet dann Bergwall, oder noch eingehender: „Die von einem Steinwall ge- schützte, aus einem niedrigen, breiten Berge gelegene Aue (Wiese). Aue hat aber seit uralter Zeit die Bedeutung de» Versammlungsplotz»» einer Genossenschaft.