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40 Gberlauflher Helmatzeltung Ar. 5 nähme der dreihundert rheinischen Gulden verweigert. Deshalb wird ihm in der letzten Urkunde von König Wladislaw die Wei sung gegeben, die Geldzahlung anzunehmen ^). Und einen letzten Beweis gibt es sür die Wahrheit dieser Bierfehde: das ist die Bulle des Papstes Alexanders vom Jahre >496. Bekanntlich hatten die Zittauer bei ihrer Beraubung von Dörfern im Görlitzer Weichbilde auch dem Pfarrer zu Wendisch-Ossig, Michael Stor kow, und dem Schullehrer Reichel das Vieh genommen. Aus diesem Grunde beschwerte sich Storkow in Rom und führte den Erlaß der erwähnten Bulle herbei. Dieses Streites zwischen Zittau und Görlitz bemächtigte sich, da er ja auch der Seltsamkeit nicht entbehrt, natürlich der Volks mund, und es entstand ein Gedicht, dessen Verfasser uns freilich unbekannt ist. Es ist ein Spottlied, wie sie damals unter den Sechsstädten nicht selten zu sein schienen, ja es ging dieses Ber- spotien untereinander sogar so weit, daß sich König Wladislaw genötigt sah, den Befehl ergehen zu lassen mit folgendem Wort- laut: . „Auch kommt glaubwürdig an uns, wie ihr den Görlitzern, wie auch uns zu Schimpf, aber neue Lieder dichtet und singet, auch durch die Eucrn und in eurer Stadt viel Schmach anfügen lasset. Wo ihr nickt davon abstehet, werdet ihr uns bewegen, andre Befehle abzuferligen." Wir sehen, daß dieser Befehl lediglich Zittau betrifft: er scheint mir aber doch ein Beweis zu sein für die damals allgemein verbreitete Unsitte, einander zu verspotten. So hatten denn auch alle Sechsstädte ihre besonderen Namen: wir wissen zwar zum Teil nicht, bei welcher Gelegenheit sie entstanden sind, doch sind sie uns alle bekannt. Die Bürgerschaft von Görlitz führte die Be zeichnung „Wendehütte", die von Zittau „Kuhtreiber", natürlich mit Bezug auf den Viehraub von Wendisch-Ossig, die von Bautzen „Träbersäcke", die von Lauban „Zwiebelfresser", die von Kamenz „Riecher", die von Löbau schließlich „Krautmahler". Der ganze Streit zwischen Zittau und Görlitz fand endlich seinen Abschluß in der Erneuerung des Städtebundes 1496. Der Chronist, der uns in (seinem) einem ziemlich schlechten Latein die Fehde mitgeteilt hat, schließt seinen Bericht mit den Worten: Die Sache sei nun glücklich abgetan mit der Bestimmung „ut nemo pro- kiberetur bibore quoä vollst et Zoivere po886t" (niemand solle gehindert werden, zu trinken, was er wolle und bezahlen könne)"). Ich lasse nun zum Schlüsse das erwähnte Gedicht folgen''): Anno l49I.") Jahres Haben die Zittawer den gerlitzen die kiihe genohmen. wie ferner leuttet. Walt ihr hören Ein Neuw gedicht, wie Es die gerlötzen Hat ausgericht Es Hat ihn mißgelongen. Die Ziltawcr Haben Ehre Kühe genommen. An Einen Dienstag daß geschach. Da man die görlitzen Auszihen Sagk Des morgens fry ihm tauwe. den Zittern ihr gutt Biher zu Hauwen. Die Bottschoft kam zur Sittau nein Es war onsern Herrn Eine schwere Pein, sie begunlten sich zu besprechen, an gcrlitz wollen sie sich rechen. Der Burgemeister war ein kluger weiser Man wie kalbt Er die radtleutte zu ihm nahm. Er wolt cs nicht rahten Aleine. Er nahm zu ihm die ganze gemeine. Ehr weißen Lieben Herrn wie gefeldt Euch daß, sollen wir uns baldt Die Gerlitzen Lahn vertreiben. Einen Zoll") Bries wollen wir schreiben. Ehe aber der Briff geschrieben war: gar Baldt der Botte bcy ihnen war. Aus Einem schne weißen Pferde, gern gerlttz soll Ehr Eihlen ohn Geschrdc. Lhrewes >°) Hat Ein schneweißcs Pferdt, darauff furt ehr den Zohlbrlff wegk Er war gar wunder Eihle, gen gerlitz hat Ehr vieher meillen. Ehr kam gen görlitz nein geritten. Der Bürgermeister kam ihm Entkegen geschritten. Er sag den Briff an gar balde eben. Er sprach wartte antwort wollen wir dir geben. Der Knabe bedacht sich in seinen mutt die antwort mechte Nicht werden gut. Er begunte daß neißtor zu nehmen, die Kühe wolle Ehr Helffen Nehmen, sie Zogen Ken wenschossig nein, sie nahmen Pferdt Kühe k'lber vndt schwein. sie trieben sie mit Einander von dannen, manch görlizer mechte vor Leide wol zannen. >°) sic trieben sie Zur der sittaw nein, ihr weißen Lieben Hern schenkt vns wein. Lot vns sieden vndt drahten. Der Libe got Hat vns berahten, Die görlitzen morden also gech,") sie folgten den sittern Also nach mit spißen schildcn vndt Bartten. an wein Berge tehten sie ihr wartten. sie zogen zum rokßen tahl >°) ihbcr das seldt, darauff schlagen sie den neuwcn Hcrre ihr gezelt Naus biß an die neißen. sie furchten sich sie mechten sich be sie zogen Herr iber ihber daß feldt. da Kähmen vier Zigen aus den Walde gezelt sie küntten sie nicht Erkennen, sie mußten ihn für Leide Entrinnen. sie Kähmen gen görlitz nein gerandt, sie sprachen Nu kömpt gantz Bimer Lanot, sie sotten ihr armbroste spannen, sür Leide mußten sie zannen. An Einer Mittwoch daß geschah, da man die sitter Ausziehen sagk. sie zogen Aus mit reichen schalle gott Ehre mir die Liben görlitzen Alle „Woll ihber die Awc „gatt ihr mir die schöne Iungfrauwen, „der Backalarius hate einen sohn der war ihm Ltb „da ehr daß görlitze Bier zur stäupe hieb. „Er mechte darmit Nichts gewinnen „Er mußte aus gerliz Entrinnen „der Backalairo hat sich recht wol bedacht, „vnd ihm schöne Iringksrauwen aus görlitz mitbracht „Ehr zugk ihnen an Iuhpcn vndt Hohen „furt sie Ken Präge aus der andern Straßen.'«) Die sitter sein von kluger List. Zu Hennerstorff 2°) Haben sie die stelle gemist Naus biß Kegen Der Linde, weil sie Eine kue Kunden finden, sie schoßen manchen Böckeßenschos, das das die görlitzen sehr verdroß, die Böckeßenschitzen werden gemeine das achten die sitter kleine. Die sitter Haben sich ritterlich gewert. die gerlitzen Haben den Landtvogdt die Stiffeln mit silber und mit rohten golde, sgeschmert darum krigten sie seine Holde. ?') Der vns diß Liedtlein sanak. Ein friß Iungkgeselle ist Ehr genandt. Er Hat vns fieq gesungen. von der Libe bleibet Ehr vnuerdrungen. Er singet »ns den Er singet vns mehr. Er sähe aber Ken gerlitz Nimmermehr. Noch löget Ein friß gemütte. die gerlötzen sein Alle wende Hütte. -) S. Großers Merkw. I, 156: Larpzov IV, 158: II, 20 ff. 2) S. Peschcck, Handbuch der Gesch. von Zittau, II, 23. b) Der Bote, der den Absagebrief überbrachte, wird bei Manlius der kleine Krebs genannt Er soll ein weißes Roß geritten haben. Das Schriftstück übergab er dem Bürgermeister von Görlitz, den er in der Stadt traf, und sprengte dann ohne Antwort zum sogenannten Neißtore hinaus. Bürgermeister von Zittau war damals Lorenz Helmoicht, wie uns Larpzov II, 269 mitteilt.