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bekannt, fiedelten auf beiden Hängen der Sudeten am Riesen» und Lausitzergebirge noch zu Beginn der Völkerwanderung. Warum soll nicht diese Cythava (sprich Sythaua) um das Jahr 1000 n. Lhr. — durch den deutschen Rückstoß begünstigt — die eigentliche Stadt aus den Dörfern der alten Sitte (Sythau) zu schaffen im Stande gewesen sein? Auch das Dorf Gorelice (Görlitz), das kein Gauvorort wie Zittau war (dieser war Briesnitz an der Landeskrone) taucht 1071 aus dem Dunkel der Vorgeschichte auf und wird königliche Stadt. Es bestand gleichfalls länger und hatte bis dahin als befestigter Brückenori über die Neiße gedient, ähnlich wie Grottau. (Nach Dr. Iecht.) Nun läßt sich zwar von dem Gedenkstein der Cythava") kein urkundlicher Nachweis erbringen. Trotzdem liegt aber nicht die geringste Veranlassung vor, an einer Überlieferung zu zweifeln, die von Augenzeugen herrührt, deren schriftliche Hinterlassenschaf ten in anderen Dingen als einwandfrei erachtet werden. Auch von all den andern vornehmen Personen, die nachweislich in der Iohanniskirche beigesetzt wurden, ist uns kein Grabmal aus der Zeit vor 1500 überkommen. Die Nachwelt nahm keinerlei Rücksicht auf das Gewesene. Die prunkliebenden Bürgermeister und sonstigen GroßenZittaus schafften sich rücksichtslos Platz, wenn für die eigene Familie ein Denkmal in der Kirche oder auf dem Kirchhofe zu St. Johannis benötigt wurde. Der weiche Sandstein, aus dem wohl in der Hauptsache die Grabsteine hergestellt wurden, Kriegsläufte und Feuersbrünste mit ihren Wirrnissen begünstigten diese Barbarei. Die Fürstentochter Cythava hat deshalb weit mehr Anrecht auf den Namen Sythau, wie das böhmisch-tschechische Zito. Den Namen selbst wird Cythava aber kaum der Stadt gegeben haben, eher umgekehrt müssen wir uns die Sache vorstellen. Der Name der Fürstin könnte in Anlehnung an den schon bestehenden „der alten Sythau" entstanden sein. Das eine ist sicher: cs ist für den gewissenhaften Forscher aus geschloffen, aus Johann von Gubens Worten „und erkannte die fruchtbare Gelegenheit dieser Stadt" den Namen „Zito" herzu leiten. Aber die Korngarbe im Wappen? Auf dem ältesten Stadlwappen, das vor 1310 gebräuchlich war und über dessen Ursprung nichts bekannt ist, soll dieses Wahr zeichen vorhanden sein, sonst nirgends. Wie sieht dieses Wappen nun aus? Auf einem Halbliegenden Schilde steht ein weißes „2" im roten Felde (weiß war die Farbe des Wissens, der Erkenntnis, rot die Farbe des Krieges, des Beharrens auf dem Recht, der Macht über Leben und Tod bei den Germanen). „Weiß" ist das Gesetz und „Rot" ist das Recht, das sind die noch heute bestehenden Farben Zittaus. Auch Böhmen führt sie. Mit rotem Wachse siegeln zu dürfen, war noch im Mittelalter der höchste Ehrgeiz der Ädeligen und der Städte, da es die obere Gerichtsbarkeit über einen ganzen Bezirk voraussetzte. Zittau besaß dieses Recht. Uber dem Schilde befindet sich eine Sturmhaube in der um 1300 üblichen Form, eine blau-rote Felddinde wallt lang von ihr herab. Blau war die Königsfarbe der Germanen, sie war der Ausdruck des Wachens, des Bewahrens vor Unheil. *) Anmerkung: Daß der Name der Sythauia tatsächlich unter den suebischen Völkerschaften für höherstehende Personen gebräuchlich war, beweist folgendes: Tacitu» nennt einen Schwestersohn des König» Vannius (neudcutsch —Rcchtsbannherr von altersher), der diesem in der Regierung des Quadenstammes folgte, „Eido" (oergl. Sitte, Sithau, Sithauia). Diese Quadcn werden als zur Eidgenossenschaft der Sueben gehörige Germanen bezeichnet. Sie saßen damals (erstes Jahrhundert nach Christi) auf der Nordseite der Donau zwischen „March und Cusus" und erhoben dreißig bahre lang aus der Donau Zoll und Steuer. Ptolemäus nennt diese Quaden „Baimoi" (Böhmen). Die Eidgenossenschaft der Sueben hatte ihren Mittelpunkt im „Miriqutddi", dem sagenumwobenen erzqebirgisch-sudetischen Grenzwaldc zwischen Sachsen, Schlesien und Böhmen,' in dessen Mittelpunkte das Bundes heiligtum (Oybin — Eides- oder Bundesbann) lag, das von den buthungen (auch Sennonen genannt) verwaltet wurde. Auf dem Helme aber steht ein anderes „2", das einen lang stieligen, oben geteilten grünen Federbusch hält, so als wenn man die Stiele zweier Pfauenfedern milden Schauseiten gegeneinander zusammenbindet und als Helmzier verwendet. Fassen wir aber trotzdem diesen Federbusch als Baum auf, wie man diesen Wappenteil auch gedeutet hat, weil er ganz grün ist, so müssen wir vorerst daran denken, daß der grüne Baum im Wappen des Uradels stets den „ter", die Maleiche aufderMand- oder Malstatt bedeutet. Wer von einem, der schon einmal eine Korngarbe gesehen hat, verlangt, er solle diesen grünen Federbusch für eine Korngarbe halten, der kann sich auf eine unangenehme Antwort gefaßt machen. Daß das „2" im Wappen vorhanden ist, wird durch die latei nische Form „Zitavia", die bereits 1337 beurkundet ist und wahr scheinlich schon früher gebraucht wurde, genügend erklärt. So fällt auch dieser Beweis in nichts zusammen. Man muß also den dritten Nachweis prüfen, die Namengebung wegen des starken Getreideumschlages. Wie ist der überhaupt erfolgt? Im Mittelalter wurden die Straßen allmählich fahrbarer und die Wagen beweglicher. Es ist deshalb verständlich, daß da der Höhepunkt des Getreideumschlags in Zittau war. Da hatte die Stadt aber ihren Namen längst. Und vorher war die Zuführung auf Wagen, die fahrbare Wege bedingt, fast unmöglich, wenn Zittau vor 1255 nur au» einer Burg und drei Kretschamen bestanden hätte. Wer sollte, wenn die ganze Gegend sonst unbesiedelt (besonder» im Gebirge) war, eine solche Straße überhaupt unterhalten? — Solche Straßen bauen sich doch nicht selber? Nun ist aber urkundlich nachweisbar, daß von und nach Böh men schon um das Jahr 1004 eine Straße über das Gebirge ging: Niemes—Gabel—Zittau—Görlitz. (Thietmar von Merseburg.) Auch gibt es eine Lesart in Böhmen, die die überall vorhan denen Lotter- oder Otter-Berge und Steige der Erinnerung an Kaiser Lothar zuschreibt. Kaiser Lothar ging um 1126 über die Elbe bei Bodenbach. Er hatte ein großes Heer und viele An siedler bei sich. Veranlassung war für ihn die Fortsetzung der Ostlands Besiedelungs-Politik seiner Vorgänger, außerdem aber die neuerliche Unterwerfung der Tschechen und Wenden, welche wieder unruhig geworden waren und Befestigungen an der Neiße und anderwärts errichteten. Sowohl Görlitz als auch Zittau haben solche Lottersteige, die unverkennbar uralte Straßenzüge gewesen sein müssen. Der Zittauer Lottersteig dürfte die Verlängerung des böhmischen Steinweges nach dem Gebirge bei Eichgraben gebildet haben. Der am Kindelborn vorübcrführende Teil desselben heißt heute noch Lottersteig. Würde diese Lösung sich bewahrheiten, so wäre damit die Frage geklärt, wo die älteste Straße nach Gabel ging, ob über Lotter steig—Weißbachtal— Winter st ein — Finkendorf—Iüdendorf oder üb. Großporitsch—Luptin—Grottau—Dönis—Spittelgrund —Kaisergrund— Winterstein —Finkendorf—Iüdendorf. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben diese Berge und Steige aber nichts mit der Person Lothars zu tun, nur mit der Bedeutung seines Namens, der uns wieder in den Bannkreis urgermanischer Rechtsverfassung führt. (Loo-ter --- die Maleiche aus der Wald wiese.) Dergl. den Namen Luther. Diese Straßen bedingten, da sie über ein noch im 17. Jahr hundert als besonders mühevoll und gefährlich verschrieenes Gebirge führten, besondere Wartung und Pflege, die nur durch ein großes Aufgebot von Arbeitskraft und Geld ermöglicht wer den konnte. Deshalb bestimmte der Rat 1383, daß kein Testament gültig sein solle, in dem nicht wenigstens eine anteilige Summe zu der Straßenverbefferung ausgesetzt werde. Wie jämmerlich diese ätraßen waren, beweist das Vermächtnis des Bürgers Hänsel Gläntzel und seiner Frau aus der Stadt Kuttenberg in Böhmen, mit welcher Stadt Zittau bis zum Hus- sitenkriege in besonders engen freundschaftlichen Beziehungen gestanden zu haben scheint. Die gesamte deutsche Bewohnerschaft Kuttenbergs wurde später von den Hussiten ermordet.