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Landfremden (aus Guben) nicht auf seinen Wahrheitsgehalt unter sucht werden. Es ist deshalb ohne weiteres verständlich, wenn seine ganze Darstellung von der Zeit vor seinem Amtsantritt bei den heutigen Heimatforschern größten berechtigten Zweifeln begegnet. Auch das, was er die Stadtgründung durch König Ottokar von Böhmen nennt, muß sich wesentlich anders vollzogen haben. Uns hat er nur einen Teil der äußeren Aufmachung dieses Vor ganges übermittelt, alles andere verschweigt er. Johannes hat dadurch für die ernsthafte Forschung mancherlei Schwierigkeiten geschaffen und Verwirrung gestiftet. Eins aber hat er nicht getan! Nie und nirgends während seiner langen Amtstätigkeit spricht Johann von dem Ursprung des Namens Zittau. Märe die Mär von der Namengebung durch Ottokar damals bekannt gewesen, so hätte er uns das ebensowenig vorenthalten, wie er das in Bezug aus die Worte, die dieser König bei Umleitung der Stadt mit seinen Begleitern'gewechselt Haben.soll, getan hat. (Wir wissen allerdings nicht, ob uns alle seine Aufzeichnungen erhalten geblieben'sind.) Auch die ältesten Urkunden zeigen nirgends einen Hinweis auf die Form „Zito oder Shiw". Die Schreibweise von^1238 Castolaus de Zittavia und noch einiger späterer ist mir nicht zu Gesicht bekommen, ich kann also nicht beurteilen, ob sie richtig und ob nicht auch ein anderer Ort gemeint ist. Man schreibt diesen Namen, immer dabei berücksichtigend, daß damals^ —8, v —u gesprochen wurde: 1283 Sttavia, 1291 Sytaoiensis, Sitaviae, Sythaw, Sithaw (lat. Urkunden), 1303 Eyttaviensium, Syttavia (lateinische Urkunden), 1310 Siwuia (ältestes Stadtsiegel mit dem Berka-Wappen), 133t Sittavia, 1337 Zitavia (Stadtsiegel mit dem schlesischen Adler), 1346 Sychau. zu der Srtthau (älteste deutsche Urkunde), 1347 Zitavia (Stadtsiegel mit dem böhmischen Löwen), 1358 zu der Sittau, 1365 2ittaviensis clistrictus, 1373 Zittavia, 1396 zur Sittaw, zu der Sittaw, Sitte. Also lateinisch Sittauia, deutsch Sythau oder Sitte, wie uns der Dolksmund diesen Namen aufbewahrt hat bis auf den heu tigen Tag. Was soll da die tschechische Form Zito oder Shito? Warum wurde sie nicht wenigstens von der böhmischen Hof kanzlei in Prag angewendet? Man wußte dort eben, daß Sythau'ein ganz anderes Wort war, mit gänzlich anderer Bedeutung, daß Zittau schon von alters her diesen Namen besaß, viel früher als Ottokar nach Zittau kam. Daß Zittau durch König Ottokar seinen Namen erhalten haben soll, findet sich zuerst in einem Gedicht von 1545 erwähnt, tn dem es heißt: Als man zählt Tausend zweyhundert Jahr Im fünff- und fünffzigsten darnach war. Hat die Stadt Zittau Ihren Anfang genomen, Durch König Oltogar zu Nutz'und Frommen Gebauet hat, zu mehren die Böhmische Cron verstaht X Zittau auch den Namen gegeben hat. Vorhin war es zu drey Kretzscham genandt, Die nahmen zu mit gewaltiger Handt Wie dieser Name gelautet hat, wird auch hier nicht verraten. Doppelt unverständlick wird die Sache aber, wenn man beachtet, daß einer Neügründung, die nach den Urkunden zu schließen nur von rein deutschen Ratspersonen geleitet wurde, ein tschechischer Name beigelegt ward. Wir haben soviel gegenseitige Beweise aus dieser Zeit (deutsche Gründung, deutscher Name), daß man die Möglichkeit einer tschechischen Namengebung fallen lassen muß. Der Name könnte höchstens schon dagewesen sein. Dann stimmt aber Gubens Bericht von den einsamen Kret- chamen mit der Burg nicht mehr, der lautet: „Als wir vernommen und unterweyst seyn von'den Eltisten unserer Vorfahren, daß hier vor Zeiten ehe diese Stadt ausgeleget ward, daß hie diesseit des Gebirges Kretscham ge- bauet waren, die lagen auf dem Werder zwischen de« zweyen Wassern zunächst an der Burgmühlen, darinnen die Fuhrleute und andere Leute, die da wanderten über das Gebürge in die Marck hatten ihr Nachtlager." Die 3 Kirchen, die auch schon vor 1255 dagewesen sein müssen (Johannis-, Kloster, und Frauenkirche), vergißt er in diesem Berichte ganz. Wo Kirchen sind, gibt's aber auch.Ansiedler, wo 3 Kirchen sind, umsomehr. Da Zittau in den reichlich hundert Jahren, die damals seit seiner Erhebung zur königlichen Stadt verflossen waren, durch andauernden Zuzug aus anderen deutschen Gauen auf rund 5000 Personen angewachsen sein dürfte — ohne die umliegenden Dörfer —, so ist als wahrscheinlich anzunehmen, daß die Stadt regierung nach und nach von den Einheimischen auf die zahlen- mäßig stärkeren Fremden übergehen konnte. (Auch Johann von Guben wurde später Bürgermeister.) Ob diese Fremden aber besonderen Wert auf die Überlieferungen der Einheimischen gelegt haben, ist bei dem damaligen Tiefstände der Wissenschaft stark zweifelhaft. Jedenfalls ist der vorerwähnte Bericht Gubens so dürftig, daß er schwerlich die gesamte zujenerZeitnoch bekannte Überlieferung gebildet haben kann. Die Einheimischen wohnten auch wohl nur zu einem Bruchteile in der neuen Stadt, da ihre angestammten Wohnsitze im Kreise um dieselbe außerhalb der Stadtmauern Herumlagen. Uber die Entstehung dieser Dörfer ist ebensowenig etwas be- kannt, wie über die von Zittau. Sie tauchen mit der Stadt gründung aus dem Dunkel der Vorgeschichte. — So, wie Guben uns die Sache darstellt, ist sie also sicher nicht gewesen. Ihm und einen Ältesten ging es ebenso wie den da maligen Stadtvätern:.... wenn was her weiß, das wirt vor- gessen.... Die Bedeutung des Namens Zittau hat er uns jedenfalls nicht verraten. Der Name „Zito -- Getreide" macht sich überhaupt erst seit der Reformation bemerkbar, die ihre Wogen über Zittau bis tief in das tschechische Böhmen sandte. Die gegenreformatorischen Be- strebungen dagegen brachten als Wechselwirkung Tschechen in stets größer werdender Anzahl nach Zittau. Diese Flüchtlinge mögen wohl den ähnlich klingenden Namen „Zito" zuerst auf Zittau angewandt haben. Der deutsche Bewohner Zittaus nahm diese Deutung mit jener Bereitwilligkeit auf, die unsere Volksgenossen nun einmal für alles Fremde haben. Man hatte ja sowieso vergessen, was der Name eigentlich besagte. — Bis zu jener Zeit war eine andere Lesart im Gange, die es wahrlich verdient, der Vergangenheit entrissen zu werden. Nach einer in vielen alteingesessenen Familien bis ins 17. Jahrhundert schriftlich vorhanden gewesenen Überlieferung sollte bis zum 30- jährigen Kriege im halben Zirkel beim Altäre der Iohanniskirche ein Grabstein gelegen haben, dessen Inschrift, als sie noch lesbar war, in deutscher Übersetzung lautete: „Im Jahre 1021 an den Iden des Julius verschied die fromme und ausgezeichnete Frau Cythava, des allerchristlichsten Fürsten Manfred Gemahlin, Gründerin und Wohltäterin dieser Stadt, aus dem Geschlechte der vandalischen Könige und allerchristlichste Tochter des Königs Mitislaus." Daß Manfred, der Sohn des Markgrafen Brumito, eine Ge- mahlin Cythava hatte, die aus dem Geschlechte der vandalischen Könige stammle, findet sich auch anderwärts. (Reußner und Sabinus.) — Vater, drei Söhne und Schwiegertochter sind zwar auf dem Harlunger Berge in Brandenburg begraben, trotzdem ist es sehr wohl möglich, daß Cythava erst in Zittau beigesetzt und später in die Familiengruft überführt wurde. Die Form der Steininschrift läßt weit eher auf ein Erinnerungsmal als auf ein Grabmal schließen. Das eine ist jedenfalls sicher, Vandalen (Bindiler, Wendeler), ebenso wie die Juten als Teil des gewaltigen Suebenvolkes