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Szenen aus der Kaiserkrone (Rumburg) i'Mmter diesem Titel fand ich eine nicht übel gelungene Parodie W aus „Wallensteins Lager", die über die Verhältnisse der DR, Webindnstrie der Lausitz im Jahre 1859 einige Streif- lichter wirft. Sie sei in folgendem wiedergegeben. R. B l a s i u s. (Zwei Handlungrreisende treten ein.) 1. Reisender: Sieh! Sieh! Da treffen wir lustige Compagnie. 2. Reisender: Was für Herren sind hier im Haus? Sie sehen ganz schmuck und stattlich aus. 1. Reisender: Sind Herren und Leute vom Handelsstand, Agenten und Händler und Fabrikant Zur Börse gekommen. Die Börse jedoch, Die halten sie hier erst richtig mit Noch! Kellnerin (kommt und bringt Bier): Schön willkommen, Ihr Herren! 1. Reisender: Was? Der Blitz! Da ist ja die Toni aus Nosterschütz. Kellnerin: Freilich! Und Eie sind wohl gar, mein Herr, Der englische Reisende aus Manchester, Der einst in Teplitz lang konditionierte Und manche liebe, lustige Nacht In meiner Gesellschaft hat zuqebracht. 1. Reisender: Und den jetzt das Schicksal nach Rumburg führte. Kellnerin: Ei ja, wir sind sehr alte Bekannte. I. Reisender: Und treffen uns hier im böhmischen Land». Kellnerin: Heute da, mein Lieber, morgen dort — Wie uns Mädchen der Herren Verlangen Holt und zieht von Ort zu Ort; Bin indeß wett herumqegangen. 1. Reisender: Will es glauben, wie ich sag'! Kellnerin: War in Wien, in Brünn, in Prag. Setzt will ich's im böhmischen Lande probieren, Alte Schulden einkassieren. — 1. Reisender: , Wahrhaftig, da hat sich's recht getroffen, Bin wahrlich auch deshalb grade hier. So manches Konto find' ich noch offen. — Wirt: Toni, he Toni, bringe Bier. 2. Reisender (das Mädchen baltend): Bleib bei uns doch, artiges Kind! Kellnerin: Gäste dort zu bedienen sind. (Macht sich los und geht.) 1 Reisender: Das Mädchen ist kein übler Bissen! — Was mögen die Herren, die nach Brünn und Wien Mit ihrer Ware zu Markte zieh», Eich um das niedliche Lärvchen bemühn! Was werd ich noch alles erleben müssen! (Zu den Gästen ) Ihr Diener, mit Erlaubnis, meine Herren, Laßt uns hier auch ein Plätzchen nehmen. l. Gast: 3hr Diener 3hr Diener. Von Herzen gern. Wir rücken zu. Willkommen, 3hr Herrn. 1 Reisender: 3ch frage auch, wie's Euch wohl geht? l. Gast: So so, das Glück bleibt uns nicht stät — Seit der Krisis Fatalilät Will es eben nirgends mehr flecken, Alles bei uns geriet ins Stecken, Wo wir erscheinen und pochen an, Wird nicht gegrüßt noch ausgetan. Wir müssen uns drücken von Ort zu Ort, Der alte Respekt ist eben fort. 1. Reisender: 3br sitzt hier warm in Eurem Böhmen, Wir müssen derweil uns schlecht bequemen. 1. Gast: Es kommt Luch von daher, 3hr seid nicht coulant, 3hr nahmt den Kredit dem Fabrikant, Nun denkt Ihr, er kommt gleich gelaufen Und wird Euch gegen bar abkaufen. — 2. Gast: 3a auch in der Lausitz und auch bei Meißen Hört man Euch Herren nicht besonders preisen. 1. Reisender: Seid mir doch still! Was soll das heißen? Der estreichsche Spinner viel schlimmer es trieb, Uns nur die Nachles' übrig blieb Aber schlimmer noch will ich jetzt schalten. 1. Gast: Und wie lang denkt Ihr's hier auszuhalten? 1 Reisender: Geht's an Euch? So lang' ich werde walten. 2. Gast: Zeigt anderswo Euer finster Gesicht. t.Reisender: Ich sag's noch einmal, das leid' ich nicht. Alter Herr (eintretend): Heisa, juchheisa, dudeldumdei! Das geht ja hoch her, bin auch dabei. Ist das eine Gesellschaft von Bekannten? Sind das Garnhändler, sind das Fabrikanten? Ist's jetzt Zeit, bei solchen Messen Hasenbraten, Backhendel zu essen? Ouift kic statm otiosi? Was sitzt Ihr und legt die Hände in Schoß? Die Krisis ist noch überall los, So manches Bankierhaus ist gefallen, Kredit hält noch der Teufel in Krallen. Und die Geschäftswelr liegt hier in Böhmen, Pflegt den Bauch, läßt sich's wenig grämen. Kümmert sich mehr um den Lachs als den Flachs, Sitzt lieber auf dem Stuhl als auf dem Mul, Hetzt sich lieber herum mit der Maid, Geht zu Ritschel lieber als zur Arbeit. Die Geschäftswelt trauert in Sack und Asche, Der Agioteur nur füllt sich die Tasche. Es ist eine Zeit der Klagen und Not, Es fehlt an Garnen und türkisch Rot, Kein Garnhändb r will weiter mehr borgen, Dem Fabrikanten wachsen die Sorgen, Er sendet die Waren aus und aus Und bringt keinen Groschen Geld dafür ins Haus! Warnsdorf ist worden zu einem arms Dorf, Schönau soll lieber heißen Trübau, In Schluckenau und Zeidler bekommt man den Schlucken, Rumburg muß auf die letzte Bank runter rucken, Der Schön' Linde fehlt die äußere Rinde, In Hennersdorf friert's schon gelinde,