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Nr. 4 MW Geseichte, KMVM »^«NWIIIUIIII!II 4. Jahrgang Drucfu.Verlog:ÄlwinMarx (Inh.OttoMai^) Südlaufttzen Flaciir>^)ten,ReicHenau/Sa. Blatter fün -§?eimaikunöe Scstnftleftung unö Geschäftsstelle iri Reichenau,Sa. Fennspnechei'Np.TiA Sonntag, 18. Februar (Hornung) 1923 Zur Reform der Bautzener Gemälde-Galerie Von Otto Flösse!, Bautzen. Nachdruck »erboten. erfreut sich heule eines guten Nuss in den künstlerisch interessierten Kre sen unseres engeren Vaterlandes. Weit über die Grenzen unserer Provinz hinaus beachtet man die Kräfte, die bei uns tätig sind. Man schätzt den Eifer, mit dem sie sich un beirrt durch alle Schwierigkeiten der Zestoerhälinisse gegenseitig heben, tragen und sördern und damit Sorge nagen, daß sich künst lerisches Leben bei uns immer reicher und voller entwickelt. Den Mittel- und Brennpunkt aller dieser Bestrebungen bildet das BautzenerStadlmuseum, das mit Recht den Namen eines Lausitzer Provinzial museums sührt. Es faßt alle künst lerischen Kräfte des Lausitzer Bodens zusammen und bringt sie mit weiten Kreisen der Bevölkerung in ständige Berührung. Er innert sei dabei an die Ausstellungen des Bautzener Kunstoereins, der im Stadtmuseum seinen Sitz hat. Erinnert sei weiterhin an die kostbaren Schätze altlausitzer Kunst und Kunstfertigkeit, die jahrzehntelanger Sammlereiser im Museum zusammentrug und zu wirkungsvoller Aufstellung brachte. Wir Lausitzer und insbesondere wir Bautzener sollten uns des Wertes unseres Museums in weit höherem Maße als bisher be- mußt sein. Unter Überwindung unendlicher Schwierigkeiten, um die recht eigentlich nur die Gründer wissen, ward es geschaffen, und so wie es heute dasteht, wird es uns selbst von mancher Groß stadt geneidet. Wohl den breitesten Raum im Museum nimmt dieGemälde - galerie ein, ursprünglich die Privatsammlung des Bautzener Ehrenbürgers Kommerzienrat Otto Wei gang, die dieser durch Stiftung vom !5. Februar 1902 seiner Vaterstadt überließ. Sie bildet zweiellos einen der wertvollsten Bestandteile des Museums und enthält eine stattliche Anzahl hervorragender Werke bester deutscher Malerei, darunter Arbeiten von Böcklin, Achenbach, Uhde, Haider, Thoma usw. Umsomehr aber müßte die verant- wörtliche Leitung ihre Aufmerksamkeit darauf richten, daß das allgemeine Niveau der Sammlung diesen herausgehobeneu Kost barkeiten entspricht. Das ist aber — leider — bisher nicht der Fall. Es muß bedacht werden, daß Otto Weigang wie jeder Laie, der sich zum Sammler entwickelt, sein Kunswerständnis erst all mählich durch dauernden Umgang mit Kunstwerken, Künstlern und Kunsthändlern verfeinerte. Im Anfang seiner Sammlerlälig- kett hat Weigang begreiflicherweise milunier Stücke erworben, die ihm später sicher nicht mehr genügt hätten. Der Laie freilich, der voll Schaulust die Galerie durchwandest, läßt sich auch heute noch blenden durch das große Ausmaß und den Glanz der Gemälde, durch das Gold der prunkenden Rahmen und manche sonstige Äußerlichkeit. Aber wer mit kunstverständi gem Auge kritisch hindurchgehl, wird bald erkennen, daß sich viel Spreu unter dem Weizen befindet. Wenn die Galerie auf voller künstlerischer Höhe stehen'soll — und das ist mit Rücksicht auf den erzieherischen Zweck einer öffentlichen Kunstsammlung unbe dingt nötig —, so kann eine durchgreifende Reform nicht um- gangen werden. Diese wird in der Hauptsache nach zwei Rich tungen hin zu ersolgen haben: Einmal müssen alle diejenigen Gemälde ausgeschieden werden, die vor einer ernsten Kritik nicht bestehen können, zum andern müssen die entstehenden Lücken durch Erwerbung von wirklich guten Bildern ausgefüllt werden. Daß sich tatsächlich zahlreiche Minderwertigkeiten in die Samm lung eingeschiichen haben uns bisher aus Pietätsrücksichten vor der Öffentlichkeit mitgeschlcppt wurden, ist von namhaften Kunst kennern schon des öfteren bebaue« worden. So schrieb vor zwei Jahren berests der bekannte Dresdener KunstjchriflsteUer Prof. Dr. Schumann in einer hiesigen Tageszeitung „in der Bautzener Gemäldegalerie herrsche noch die glatte Malerei der Gründerzeit im protzenden Goldrahmen. Eine gründliche Säuberung sei von» nölen." In ähnlichem Sinne äußerte sich der Lester der Badischen Kunsthalle in Karlsruhe, Prof. Dr. W. F. Storck, der dasBautz- ner Museum letzthin deiucyle. Prof. Storck wies besonders darauf hin, daß der derzeitige Zustand der Weigang-Galerie unmöglich im Sinne des Stifters sein könne. Sehr treffend sagte er, daß die Galerie viele Zufälligkeiten und Nichtigkeiten für die Dauer fest lege, die in einer Privatsammlung keinen Anstoß zu erregen brau chen, aber unmöglich in einer öffentlichen Galerie Platz beanspru chen dürfen. Schließlich haben sich noch in diesen Tagen drei Ber- tre.er des Dresdner Akademischen Rates, nämlich Geheimrat Prof. Otto Gußmann, Prof. Paul Rößler und Galeriedirektor Dr. Posse, die auf Einladung der Gesellschaft der Freunde des Bautzener Stadlmuseums unsere Galerie besuchten, für die Notwendigkeit einer baldigen gründlichen Sichtung ausgesprochen. Wer mit offenen Augen durch die Weigang-Galerie geht, wird sich schon bei einer flüchtigen Umschau von ihren Schwächen über zeugen können. Namen stoßen auf, die sich sonst nirgends in öffent lichen Galerien, für die derOualiiälsstandpunkt entscheideno sein muß, wiederfinüen. So z. B. Bertzik, Kunz, Franke, Lggena, Epp, Heine, Kaufmann, Kirchvach, Lüben, Proix, Reichert, Schlesinger, Spring, Wimmer u. dergl. Als abschreckendes Beispiel sei beson ders das Bildnis Kaiser Friedrich von Kirchbach heroorgehoben. Ls ist ein bezeichnender Benreler jener berüchtigten Art von Monarchenbildern, bei denen die Uniform soweit zur Hauptsache geworden ist, daß man auf denselben Rock nur drei, vier andere Gesichter zu setzen braucht, um drei, vier andere Fürstenbilder zu erhallen. Die Darstellung der Person ist eine unfreiwillige Karrt» kalur mit erstarrtem Puppenlächeln Ähnliches ist von den Kaiser bildnissen R. Wimmers und L. Zimmermanns zu sagen. Lieser