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vorgekommen sein. Darum wurde 1523 die Kapelle abgebrochen und auf dem Taucherfriedhofe in Bautzen von neuem aufgebaut. Aber noch heute soll man in stillen Mondnächten das Glöcklein jener verschwundenen Kapelle im Taucherwalde läuten hören. Bgl. Dr. Meiche: Sagenbuch des Königr. Sachsen. S. 1075 und 1076; ferner Störzner: Was dir Heimat erzählt S. 394 und 395 An die Nacht Komm, hehre Nacht, du gütige Frau, breit deine Schleier ob Dsrg. Flur und Au, decke in Frieden dis Welt leise zu, gib deins Gaben, bring labende Duh l Komm, hehre Nacht! Heilige Nacht, ach wie nahst du so mild l Dill guter Mutter gstrsuliches Bild, bettest die Müden gar sanft, warm und weich, führst ihrs Seelen in Traumlandes Deich, heilige Nacht. Freundliche Nacht, auf dein Wort und Gebot schweigend entweichet Frau Sorge, die Not, tröstest die Herzen, lehrst stille sie sein, löstest vergessen des Werktages Pein, freundliche Nacht. Gütige Nacht, du vom Himmel gesandt, ziehst al» ein Engel durchs irdische Land, spendest dem Schläfer dis freudige Kraft, dast froh am Morgen er rüstig dann schafft, gütige Nacht. Schweigende Nacht, mit der Frühglocks Ton * schwebst du, noch segnend ins All leicht davon, schickst uns den Tag ja, dein lichtstarkes Kind, der uns wie du immer freundlich gesinnt. Dank dir, o Nacht l L. D. L->ds. U W U U W W N W W Ein Herbstausflug nach dem Breitenberg Seivitter am Sreitenderg una knttteftmig Oer Linauer Leckenr MMUie gern badet man sich im wonnevollen Hochgefühl ge. MMA» lungenen Schaffens, wie lief ergreift uns das ernste Lächeln des Meisters nach vollendetem Werk, nach er- rungenem Erfolge. Und ist nicht draußen in unsrer herbstlichen Natur, gleichsam in ihrem Antlitz, auch dies befreiende glückliche Lächeln dankbarer Schöpferfreude, weiheliefe Festes stimmung wahrzunehmen? Herbsteszeit! Wieder hat ja der unerforschliche, unerschöpfliche Born des Werdens, des Gestaltens uns Erdenpilgern seine Gäben gespen det, und andächtig blicken wir Gäste in der Festhalle empor zu den unendlichen blauen Weiten, in denen wir den Schicksals willen, den Meinen suchen. Seine ehrfurchtgebietende zeiteherne Güte, sein ewig im Iahrzeitenwechsel formendes Gesetz offenbart sich eindringlich im Herbst. Er, der große Unsagbare, das „Eine" Giordano Brunos, ist uns ja der tiefste, wahrste Ausdruck des Lebens, die Bejahung des Lebensprinzipes. Mit den blinden Augen unsrer Vernunft erkennen wir ihn im gelinden Säuseln des Windes, im Gewitt-rrausch, in allen seinen Werken. Erschauernd stehen wir vor der verschwenderischen Fülle der Lebenskeime wie der Lebensfrüchte, bebend sehen wir, wie tausend fältig die winzige Menschenarbeit von einer unheimlich sicher arbeitenden geheimen Naturkraft gesördert und belohnt wird. Und wenn du, werter Leser, von erhabener Bergeshöhe über die Fluren blickst, dann wirst du, wenn du noch nicht abgestumpft ten Blickes und Gemütes bist, Gottes Diener, dann schaust du ehrfürchtig an, dann neigst du dich vor diesem mächtigen Schick salswillen. Komm mit mir und wandre nach dem Breitenberg, jenem majestätischen Basallberg, der wuchtig und allein sich in edlen Profillinien auf unsren Granithöhen erhebt. Dieser edelgestaltete Talwächter schaut ruhigen Antlitzes in unser, ach so menschenreiches Tal. Jahrtausende schon. Als noch erstickende Ets- und Schuttmassen die Naturkräfte des Bodens verbargen, trug sein Haupt schon antarktische Vegetation. Er sah die ersten scheuen Menschen notdürftig hier ihre Wohnungen bauen, er erinnert sich jener Zeit, wie uns der vergangene Tag noch klar vor Augen steht. Er sah, wie die ersten hilflosen Menschen den noch mit geistiger Überlegenheit die Kreaturen und die ost grauen vollen Näturelemente besiegten, wie sie geschickt sich die Natur- Kräfte zu nutze machten und dann in wenig hundert Jahren das stille Mandautal mit dem Meere ihrer Wohnstätten belebten. Wie zu einem wachsamen, ergrauten Vater blicken wir jetzt zu ihm empor. Die Sonne schickt selten nur ein Lichtgeflimmer auf ihn hin, jagende Oktoberwolken verdecken das leuchtende Gestirn, rauhe Windstöße zerren oben an den Wetterfichten und dem lieb- lichen Blattgewirr der Bergsträucher. Durch unsre Dorfgassen fegten die ersten Herbstschauer und schütteln und rütteln die segen spendenden Obstbäume. Die Kinder nur freuen sich des lustigen Blätterreigens auf der Straße, sonst ist's einsam im Dorf. Auf den Feldern bergen sie die dem Wunderschoße der Erde entwach- senen Früchte, in den Fabriken sitzen sie am klappernden Web- stuhl, umklirrt von dem nervcnzerrüttenden Lärm, der tagtäglich jetzt den Kampf ums Leben in diesem Tal durchtobt. Die Zeiten ändern sich! Wir aber halten's mit den Kindern, suchen die geheimen Natur- kräste fider Art lieber zu erfassen, als in den Stuben zu hocken. Der Wind streicht bedenklich dunkle Wolkenmassen im Nord osten zusammen. Uber den Lauschekamm blinken nur wenige glanzhelle Lichtkreisen durch die stürmenden Wolkenhaufen. Ein energischer Auftakt für ein grandioses Naturfest! Sorglicher umhüllen wir uns. je höher wir steigen. Die blau - graue, noch lockre Wolkenwand preßt der Nordost zur stahlblauen Mauer zusammen. Schwer wie eine harte rätselhafte Erscheinung lastet sie über den herbstlich leuchtenden oder von Gewitterdämmerung stumpfgetönten Fluren. Jetzt fällt ein greller Sonnenstrahl auf die Häuserreihe von Oderwitz und auf seine reifen Saaten. „Gottes Geist schwebte über der Finsternis!" Wie ein Rembrandtscher Koos aus dem geheimnisvollen Dunkelbraun leuchtet, hier ist dasselbe rätselhafte Schaffen eines Meisters zu spüren. Nun läßt ein andrer Licht kegel das Häusergewirr unsres Mandautales aufblitzen. Es ist ein Erwachen aus düstergrauem Dämmer. Der Mutterkuß der Sonne zaubert urplötzlich Lebensfrische und Hoffnung hervor. Ist nicht alles von ihr abhängig, verändert sich mit ihrem Wechsel, mit dem ewigen Wandel der Natur nicht auch der ganze mensch liche Aspekt der Welträtsel? Was wir Menschen auch als Un bedingtes, Angeborenes für das Leben mitbekommen haben mögen, der größte Teil unsrer Gefühle und Anschauungen wird dock wie der Anblick der jetzt unter uns sich ausbreitenden Landschaft ab- hängig sein von der Außenwelt, von fremden Elementen, welche selbst im ewigen Wandel begriffen sind. Der zaubernde, irrende, verändernde Sonnenstrahl, der andrem einen wechselnden Aus druck verleiht und der selbst einem ewigen Wechsel unterworfen, ist ein bedeutendes Symbol unsres irrenden, suchenden und ab hängigen Geistes. Jetzt eilt schnell ein riesiger Wolkenschatten über die Fluren an unsrem Berghang herauf, verschlingt uns in sein kühles Schatten blau und flieht eilig über die unistiirmte'Kuppe, umljenseits in den Zittauer Talkessel sich zu senken. Das aufziehende Gewitter fesselt ganz unsre Phantasie, ist doch alles ringsum nichts anderes als der erhabenste Ausdruck eines gewaltigen Presto furioso, eines einzigen verhaltenen Rhythmus, der einer Entfesselung