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Häuschen machen", ferner das .Zaunschütteln" und das „Hadertöpfchen". Uber die beiden letztgenannten Sil- vestersitten haben wir leider keine näheren Angaben er langen können. Durch das „Nummerplumpen" sucht der Oberlausitzer zu erfahren, ob ihm das Glück beim,Lotteriespiel hold sein wird. Es wird eine Schüssel mit Wasser auf den Tisch gestellt, in diese läßt man ein „Goldstück" neunzigmal fallen, wobei laut gezählt wird. Diejenigen Zahlen nun oder Nummern, bei welchen das Geldstück über den Schüsselrand springt, muß man in der Lotterie spielen; sie bringen unfehlbar Ge winn. Beim „Topf- oder Glückheben" werden drei Teller oder drei Töpfchen umgekehrt auf den Tisch gestellt. Unter den ersten Teller legt man ein Stück Brot, unter den zweiten Lehm, unter den dritten einen Kamm. Ein Familienglied, welches sich unterdessen draußen aufhalten mußte, wird auf gefordert, einen von den drei Tellern zu heben. Geschieht dies nun mit demjenigen Teller, unter dem sich das Brot befindet, so bedeutet das Wohlstand für das ganze Jahr; der Lehm ist als ein Zeichen für Krankheit oder Tod und der Kamm als ein solches für den Bettelstab oder Armut zu erklären. Das „Pantoffelwerfen" gilt als ein Mittel, in Erfahrung zu bringen, von welcher Gegend her der er sehnte Bräutigam kommen werde. Man setzt sich auf die Stubendiele und wirst den Pantoffel mit dem Fuß über sich nach der Tür zu. Aus der Richtung der Spitze will man er sehen, woher das zukünftige Glück kommen wird. Der Brauch des „Salzhäufchenmachen" spielt sich folgendermaßen ab: Es werden soviel Salzhäufchen gemacht, als Familien glieder im Hause sind. Durch Auslösung derselben in Wasser will man erfahren, an wen im künftigen Jahre das Sterben zunächst kommen werde. Das bereits erwähnte „Topfheben" wird auch in der Weise gehandhabt, daß man unter drei verschiedene Gefäße dreierlei Dinge, „Brot, Geld und Lumpen" legt. Die Ratsuchenden heben darauf die Töpfe in die Höhe. Das, was sie unter ihnen finden, wird ihnen im nächsten Jahre beschieden sein. Im schlesischen Teile der Oberlausitz darf am Silvester abend keine ungrade Zahl von Personen bei Tische sitzen, sonst, so heißt es, stirbt jemand im bevorstehenden Jahre. In manchen Gegenden dieses Gebietes werden am Sil vesterabend und früher sogenannte „Neujahrchen" oder „Neujährchen" gebacken. Es sind dies allerlei Gestalten, meist Tiere darstellend, aus Brotteig mit Anis, Sirup und Salz vermischt, die in der Ofenröhre geröstet und so gegessen werden. Aus Wittichenau berichtet ein volkskundlicher Erzähler, daß die Erinnerung an dieses „Neujährchenbacken" am Silvesterabend noch gegenwärtig sein Herz mit froher Iugendlust zu erfreuen vermag. Haustiere und Tiere des Waldes und Feldes sollten diese aus derbem Kleieteig her gestellten Gestalten darstellen. Da entstanden Pferde und Kühe, Schafe und Hunde, brütende Hühner und schwim mende Gänse, Eichhörnchen, die auf den Hinterbeinen saßen, und Hasen, die des Jägers Schuß zur Strecke gebracht. Durch diese „Neujährchen" wollte man sich einesteils die dösen Geister, welche in dieser Zett besonders mächtig sind, geneigt machen, andernteils sollten sie in Krankheitsfällen des Viehes heilkräftig sein, wenn man sie dem Futter bei mischte. Zu diesem Zwecke wurden die ausgetrockneten Tierlein das Jahr über aufbewahrt. - Ein älterer Volksglauben der preußischen Oberlausitz bezieht sich auf den Neujahrstag. Wenn ein Mädchen an diesem Tage mittags zwölf Uhr in einen sauren Apfel beißt, so zeigt ihr der erste Mann, den sie erblickt, den Stand des Zukünftigen an. In der Wendet stellen sich die Mäd chen in der Neujahrsnacht mit zwölf Lichtern in den Händen vor den Spiegel, dann erscheint der zukünftige Mann hinter ihren Rücken und sie sehen ihn im Spiegel. Noch herrscht in der Bevölkerung des Dorfes Neukirch, südwestlich von Bautzen, vereinzelt die Meinung, daß in der Mitternachts stunde des Silvesterabends jeder gewöhnliche Spiegel zum Zauberspieqel wird, ein Hintreten vor denselben im ent kleideten Zustande läßt Schreckliches erschauen und es wird dringend widerraten. In der östlichen Oberlausitz sucht man wohl die Zukunft bisweilen noch dadurch zu ergründen, daß man in der Sil vesternacht um zwölf Uhr mit einem Gesangbuche auf den Kirchhof geht. Das im Finstern aufgeschlagene Lied wird dann zuhause gelesen und soll auf die Schicksale des be ginnenden Jahres Hinweisen. Ist es ein Kreuz- und Trost oder gar ein Sterbelied, trifft den Fragesteller im neuenIahre Krankheit ober Tod; während ein anders Lied Glück bringt. Ein alter Brauch, dem man noch jetzt in manchen Orten be gegnen kann, ist das „Ausblasen" des alten und das „Ein blasen" des bevorstehenden Jahres. Der Landmann sucht durch den „Zwiebelkalender" oder das „Wetterorakel" die Witterung zu erforschen. Es werden von gesunden starken Zwiebeln die Häute ab gelöst und zwölf solcher Zwiebelschälchen nach der Zahl der zwölf Monate aufgestellt. In jedes derselben wird eine Messerspitze Salz getan und eine kurze Zeit stehen gelassen. Wo nun das Salz zerfließt und zu Wasser wird, zeigt es viel Nässe in dem betreffenden Monat am Wenn beispiels weise im fünften Schälchen das Salz zerflossen ist, so ver spricht der Mai sehr naß und regnerisch zu werden. Wo das Salz aber nicht zerfließt und unverändert bleibt, ist in den I entsprechenden Monaten eine große Dürre zu erwarten. Ein Silvesterglauben der preußischen Oberlausitz besagt auch: Wenn junge Mädchen beim zweiten Läuten andächtig beten, so bekommen sie einen Mann. An diesem wichtigen Abende „kehrt" man den Boden, das Zimmer, den Stall und überhaupt alles, wo sich Staub und Unrat ansammeln. ^Dürde man es an dem betreffenden Tage unterlassen, so würden im ganzen neuen Jahre Un ordnung und Unreinlichkeit im Hause vorherrschend sein. Auch soll das Kehren am Silvesterabend Krankheiten fern halten. Eine eigenartige Bolkssitte, die sich auf den Neujahrs zeitpunkt bezieht, wird uns aus der Bernstädter Gegend, dem sogenannten „Eigenschen Kreise", berichtet. Dieses Ge biet wird bekanntlich in der Hauptsache von Landwirten be wohnt, die zahlreicher Dienstboten bedürfen. Der Haupt stellenwechsel derselben findet zu Neujahr statt. Gewöhnlich am 2. Januar, nach Maßgabe des Kalenders auch an einem späteren Tage, ziehen die neuen Dienstboten an. Der Tag des Antritts eines neuen Dienstes heißt der „Scherztag". Man geht an diesem Tage „scherzen", weil er nicht der ge wohnten täglichen strengen Arbeit gewidmet ist, sondern dem Eintritt in neue Lebensverhältnisse, von denen man Verbesserung erwartet. Der Tag des Einzugs in ein neues Gut wird immer lustig gefeiert. Da geben alle, die alten wie die neuen Dienstboten, einen „Hausdreier", das ist ein kleines Geldopfer, für das dann ein gemeinsamer Trunk geboten wird, bei dem man auf künftige gute Kameradschaft trinkt.