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Nr. 1S-1S Gberlauflhsr Hslmatzeltung 21S WM Ul IIllff »WM Eine Ergänzung von Dr. Frenzel n unserer Oberlausitzer Heimatzeitung hat S. 186 Herr Dr. Jäkel das Wort zu demselben Gegen stände ergriffen und ist damit um eine Nasenlänge eher in die Druckerschwärze geraten als ich; denn unbekannt miteinander, haben wir beide über das selbe Gebiet gearbeitet, da es nach eine der vielen Lehden der lausitzischen Altertumskunde darstellt. Ich muß selbst gestehen, daß ich freudig erstaunt war, als sich bei der Arbeit so manch bisher verborgener Baurest fand. Wenn aber zwei dasselbe tun, so ists nicht dasselbe; das ist eine alte Wahrheit. Und ich bekenne offen, daß mir einige der von Jäkel beschriebenen Altertümer noch unbekannt ge blieben waren. Andrerseits förderte die mehr kunstgeschicht lich gerichtete Betrachtungsweise Jäkels neue wichtige Er gebnisse zutage, wie z. B. für Ostritz. Trotzdem kann ich noch einige Ergänzungen bieten, die jedoch nicht eine Kritik darstellen sollen. Besonders werden sie sich auf die preußische Oberlausitz beziehen. Bernstadt: Bemerkenswert ist noch Gurlitts Angabe, daß beim Legen der Wasserleitung nach der Schule an der Westseite starke, alte Grundmauern gefunden wurden, die von einem Westturm herrühren sollen. Gurlitts Quelle? Dies scheint auf die Erfahrungen hinzudeuten, die man in der Ostoberlausitz an Wehrkirchen machen kann: Die Kirche ist selbst turmlos. höchstens durch einen Dachreiter geziert, jedoch steht der Glockenturm (oft noch aus Holz) an dem Mauerbering gewissermaßen als Bastion. Bet Gurlitt S. 17 ist auch des alten Taufsteines gedacht, der um 1840 noch in Benutzung war. Es soll ein uralter, aus einem Stücke gehauener Stein gewesen sein. Er ist oer- schollen, doch hoffentlich nicht für immer, denn es besteht die Möglichkeit, daß er romanischer Zeit angehört (aus einem Stück). Sollte ihn ein Altertumsfreund nicht wiederfinden, eingemauert oder als Wegepflaster benutzt? Wenn nach 1840 an der Kirche gebaut wurde, so könnten die Rech nungen vielleicht Auskunft geben. Berzdorf: In unmittelbarer Verbindung mit der hie sigen Wehrkirche soll der in der Alten Kirchengallerie mit- geteilten Sage nach um 1250 das Haus eines Herrn von Radeberg gestanden haben. Sein Hof und die Kirche seien von einer Mauer umschlossen gewesen, die im Westen und Osten je ein Tor in einem Torhaus gehabt habe. Der Rittersitz sei eher als die Kirche gegründet. Hier möchte ich nun an ähnliche Bauten im Stammes- gebiet der Franken erinnern, deren interessantester wohl im fränkisch-schwäbischen Grenzgebiet liegt: Die Kapelle zu Schwärzloch bei Tübingen (Swertisloh — Schwertgottes- wald, eine unsichere aber ansprechende Deutung). Sie ist durch ihren mit halberhabenen Figuren des Volksglaubens gefüllten Rundbogenfries weltbekannt. Diese Kapelle ist an einen alten Rittersitz angebaut, auf dessen Gewände die Darstellungen übergreifen. Beim diesjährigen Anthropo- logentag in Tübingen konnte ich sie besichtigen und fand meine aus Büchern geschöpfte Vermutung voll bestätigt, daß diese Kapelle St. Nikolai in Verbindung mit den Guts bauten ein unmittelbares Seitenstück zu verschiedenen Wehr bauten unserer Heimat der Oberlausitz darstelle. Nun wird man aber entgegnen, daß diese Ähnlichkeit durch den zeit- lichen Unterschied der Erbauung gegenstandslos 'werde. Weit gefehlt! Die Anlage stammt nach den übereinstimmen den Urteilen von Dehio, Gradmann u. a aus d°m Anfang des 13. Jahrhunderts, und dies gilt auch für die bildnerischen Darstellungen aus dem Volksglauben damaliger Zeit, der unmittelbar dem heidnisch-germanischen Altertum ent- wachsen ist. Gerade in jenem Anfang des 13. Jahrhunderts aber zogen unter den Kolonisten auch viele fränkische Siedler in die Oberlausitz. Sie brachten ihren Volksglauben mit, der trotz ihres unbestreitbaren Christentums doch noch Heid- nisch war. Nun hotte man in Westdeutschland einen leicht bildsamen Stein (Kalk) zur Verfügung, der in der Ober lausitz nicht zur Hand war. Daker fehlen hier auch die Steinskulpturen. Fehlen sie ganz? Nein, wir haben eine große Zahl von Köpfen, Flamen, Körperteilen an romani schen und frühqotischen Kirchen der Oberlausitz. Darf man nicht auch an jetzt vergangene Malereien denken? Sollten sich solche als germanisch-heidnisch Herausstellen, so werden wir sie den Kolonisten und ihrem lebendigen Volksglauben zuzuschreiben haben, nicht aber einem in der Oberlausitz bodenständigen germanischen Heidentum. Daß aber die Wehrkirche in Verbindung mit dem Siedelhof (Rittergut) auf westdeutsche Herkunft hinweist, scheint mir aus der großen Verbreitung solcher Anlagen in der Oberlausitz her vorzugehen. Ich nenne außer Berzdorf noch die Beispiele von Göda, Steinkirch a. Queis, Gröditz, Türchau (?), Tauchritz usw.usw. Ähnlich, aber auf das Institut der Eigen kirchen zurückzuführen, find die ausgesprochenen Burg anlagen mit Kapelle: Königsbrück, Bautzen-Ortenburg, Lauban, Kamenz, Görlitz (?) usw. Was Gröditz anlangt, so wäre noch darauf hinzuweisen, daß diese Kirche die einzige der Oberlausitz ist, bei der ein quergestellter Turm das Schiff im Westen abschließt. Seine Form war daher die eines Meisels. Diese weist, wie die des Portales, auf sehr hohes Alter (vor 1200). Jedenfalls ist es wichtig, daß wir konstatieren können, der romanische Turmquerbau ist der Oberlausitz nicht fremd. Wer gelernt hat, von der Eisenbahn aus Retsebeobachtungen zu machen, der möge nicht versäumen, gelegentlich einer Fahrt von Dresden nach dem Harz auf diese Türme zu achten: Sie begleiten uns von Riesa über Leipzig, Halle, Aschersleben fast bis Goslar. In Thüringen westlich der Saale schwinden sie, aber saaleaufwärts und im Osterland sind sie reich ver- treten. Welche Schlüsse daraus zu ziehen sind im Vergleich zur Oberlausitz, ist mir noch nicht eindeutig klar geworden. Für Bautzen hat sich besonders Rauda um die Klärung der Baugeschichte des Domes verdient gemacht und auch eine Rekonstruktion geliefert. Ein abschließendes Urteil, ob diese richtig ist, läßt sich noch nicht geben, doch glaube ich, Anhaltspunkte für eine andere Auffassung zu haben. Über die Marienkapelle auf der Ortenburg wird eine Darstellung nächstens hier erfolgen im Zusammenhangs mit dem subur- bium von Budissin. Im sächsischen Teile der Oberlausitz muß man noch auf den Taufstein der Gemeinde Großnaundorf bei Pulsnitz Hinweisen. Er scheint späiromanisch zu sein (Abb. bei Gur litt XXXV/50), desgleichen gibt Gurlitt (XXXll/225) für das Dorf Großpostwitz südlich Bautzen einen Taufstein an, der aus romanischer Zeit stammen konnte. Andrerseits bemerkt er, daß der Stein unter Umständen derselbe ist, der der Kirche 1687 geschenkt wurde. Der Stein liegt heute im Hofe des Stadtmuseums zu Bautzen und stellt einen großen steinernen Kessel ohne Schmuckformen dar. Nur die Kuppa ist erhalten, der Fuß fehlt. Immerhin ist er für romanische