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Haben die SlavenapostelKonstantin(KiMus) und Methodius in der Oberlausitz missioniert? vr. Frenzel, Oetzsch bei Leipzig »W^öine wendische Bolksmeinung bejaht diese Frage, als Sage WWW wurde sie in wissenschaftliche Schriften übernommen. Es fehlt jedoch völlig an einer Untersuchung darüber, ob dies überhaupt möglich gewesen ist. Denn einen quellen- mäßigen Anhalt haben wir in keiner der vielen Heiligen legenden des Frühmittelalters, wie überhaupt die Kirchengeschichte Sachsens und Schlesiens während der Missionsperiode noch dunkel ist. Für die Geschichte der beiden Männer liegen zuverlässige Ar- beiten vor durch L.K. Goetz und Hauck, deren Ergebnisse nach stehend auf die Oberlausitz angewendet werden sollen. Die beiden sprachlich sehr begabten Brüder, aus Thessalonich stammend, hatten 86l die Chazarenmission in Siidrußland voll endet: es war ihnen gelungen, auf der Krim aus den Trümmern eines vergessenen Wallfahrtsortes die Reliquien des hl. Clemens zu bergen. Sie belebten seine Verehrung aufs neue. Auf die beiden erfolgreichen Missionare war der Blick des Papstes Nikolaus I. gelenkt worden, er berief sie nach Rom und sandle sie auf BMn des Fürsten Rastislav von Mähren als Missionare in dessen Reich. In Olmütz, Brünn und Welehrad bestanden in damaliger Zeit schon christliche Kirchen, von der fränkischen Geistlichkeit begrün det, die von Passau aus den Osten zu bekehren suchte. Fürst Moymir war noch Heide gewesen, sein Nachfolger Rastislav aber hatte sich mit einem großen Teile des Volkes taufen lassen: doch waren Sitte und Brauch noch durchaus heidnisch, das Christentum war nichts als eine äußere Form. Doch wollte Rastislav ein von den Franken unabhängiges großmährisches Reich schaffen, er be durfte daher auch eines nichtsränkischen Klerus. 863 brachen die Brüder nach Mähren auf und nahmen die Reliquien des heiligen Clemens nach der Hauptstadt mit, wo sie durch Unterricht sich Gehilfen heranziehen und den sonntäglichen Gottesdienst regeln. Gegen die unchristlichen Laster, besonders gegen die Vielweiberei, gehen sie entschieden vor. Nach viereinhalb Jahren werden sie nach Rom berufen, wo Papst Nikolaus I. im Kampfe mit der griechischenKirche siediplomatischgeschicktzurmährischenMissions- arbeit ausdrücklich autorisieren will, um ein Ubergreisen der griechischen Kirche ins Abendland zu verhindern. Bei ihrer An kunft Ende 867 ist der Papst aber gestorben und Hadrian ll, vor einigen Tagen gewählt worden. Von ihm wird der Mönch Metho dius zum Priester geweiht, desgleichen auch beider Schüler zu Priestern und Diakonen. Es sollen deren fünf gewesen sein. Da erkrankt Konstantin, nimmt die Mönchskutte, ändert seinenNamen in Kyrillus und stirbt am 14.2. 869. Beigesetzt in der Kirche des hl. Clemens, wird er selbst zum Wundertäter nach seinem Tode. Besteht nun die Möglichkeit, daß in den Jahren 863—867 die Brüder durch Böhmen nach der Oberlausitz zogen, nm hier zu missionieren? Man kann die Frage wohl schon aus politischen Gründen ver neinen, der Hl. Stuhl hatte sie für Mähren zur Verfügung gestellt und daher waren sie auf dessen politisches Gebiet beschränkt. Außerdem dürfte ihnen bei ihrer vielfältigenErzieher- und Priester tätigkeit weder Zeit noch Kraft zu Reisen außer Landes übrig ge blieben sein. Hatten sie sich doch überdies an die Übersetzung der Bibel in eine slavische Sprache gewagt, nachdem sie, wie einst Ulfilas die gothische, eine Schrift für die Eigenart der slavischen Zunge aufgebaut hatten. Hier ergibt sich kein Anknüpfungspunkt. * * * Methodius versuchte nun nach Mähren zurückzukehren, aber die kriegerischen Wirren zwischen Franken und Mähren im Jahre 869/870 verhinderten dies. Daher blieb der Priester Methodius in Pannonien beim Fürsten Kozel, der ihn förderte. Damit war er aber in die Diözese des Erzbistums Salzburg eingetreten, was zu offener Feindschaft mit der sränkischen^Geistlichkeit führte. Während des fränkisch-mährischen Krieges^hatte im Januar 870 der Verweser eines^Reichsteiles, .Svatopluck, seinen Oheim Rastislav verraten; er huldigte den Franken und Rastislav wird von einer Reichsversammlung zu Regensburg zum Tode verur teilt, begnadigt, geblendet und stirbt schließlich im Kloster. 870 zog Methodius abermals nach Rom, wo er zum Erzbischof von Sirmium geweiht wurde, welches alte Erzbistum dadurch mit einer Diözese von Mähren, Pannonien und Serbien auf Kosten des Salzburger Erzbistums wieder aufgerichtet wurde. Daher traten im Herbst.870 unter dem Vorsitz König Ludwigs und Karlmanns zu Regensburg die Erzbischöfe von Salzburg, Paflau und Freising zu einer Synode zusammen, die den nach Mähren zurückgekehlten Erzbischof Methodius vorlud. Eine heftige Dis putation wurde gehalten, es kam sogar soweit, daß der Erzbischof von Salzburg den Methodius schlug. Dieser wurde nun seines Bischofscharakters für verlustig erklärt und vom November 870 bis zum Frühjahr 873 in Süddeutschland gefangen gehalten. In diesem Abschnitt seines Lebens, Pannonien und Gefangen, schäft, war eine Missionstätigkeit in der Oberlausitz natürlich aus geschlossen. * * * Für den Hl. Stuhl war der Erzbischof von Sirmium ver schwunden, bis schließlich im Frühjahr 873 Klarheit geschaffen wurde. Boll Zorn über die Tat drohte Papst Johann VIII. den fränkischen Bifchöfen mit dem Bannstrahi. Dadurch ward Metho- dlus befreit. Die Synode von 870 wurde annulliert, der Erz- bischof wieder eingesetzt, ja seine Gegner mußten ihn selbst nach Mähren geleiten. Dadurch verlor Salzburg und mit ihm das Deutschtum das östliche Borland. Dies ist um so bemerkenswerter, als in damaliger Zeit die Anfänge der ostdeutschen Kolonisation liegen. Methodius wirkte nun wieder in Mähren und versuchte hier, wie er es bereits in Pannonien getan hatte, die slavische Liturgie einzuführen, den nächsten Schritt auf dem Wege zur mährischen Nationalkirche zu tun. In der kirchlichen Grenzmark Sirmium (gegen die griechische Kirche) mußte ein solcher Versuch im Interesse Roms unterdrückt werden: Der Legat Paul v. Ancona überbrachte daher dem Erzbischof Methodius das Verbot, die hl. Messe in slavischer Sprache zu halten. Nur die Predigt wurde in der Landes sprache gestattet. Dies war Ende 873. Doch die römische Kirche hatte ihre Sorgen: Ihr'Schützling Methodius, den sie als Missionar dringend brauchte, dessen Ein- fluß sie nutzen mußte in ihrem Kampfe gegen die griechische, folgte diesem Verbote keineswegs, sondern kümmerte sich einfach nicht darum. Swatopluck v. Mähren hatte von 871 an mit dem Franken- reiche Krieg geführt. Im Frieden zu Forchheim 874 mutzte er zwar eine Zinszahlung zugestehen, sonst aber blieb er im Besitze von Mähren, ging also als Sieger aus dem Kampfe hervor. Hatte der Fürst früher seinen Oheim an die Franken verraten, so hatte er jetzt eine antideutsche Gesinnung, die in ihm den slavischen National, gedanken nährte. Er plante nun auch die Errichtung eines Groß- mährens. Erzbischof Methodius war ihm daher angenehm als Förderer seiner Ideen. Die fränkische Geistlichkeit wurde aus dem Lande gejagt. „Von jener Zeit an begann das Wort Gottes sich gewaltig zu mehren, viele in allen Städten wurden Geistliche (tonsi-Gescho. reue), die Heiden verließen ihre nichtigen Lehren und glaubten an den wahren Gott" (vita Meth. 10). Dieser kirchliche Aufschwung war eine Folge der Förderung durch den Fürsten. Eine starke nationale Bewegung schuf das Großmährische Reich. EineBischofs» Residenz hatte Methodius nicht, er zog wohl im Lande umher, dürfte sich aber nicht lange vom Hofe ferngehalten haben, denn neue Anfeindungen traten ein: Die fränkische Geistlichkeit ver- stand es, sich mit Swatopluck gut zu stellen, indem sie seine Sitten- losigkeit (lies: Vielweiberei!) nicht so scharf verurteilte als der Erzbischof. Es gelang den Gegnern, daß der Fürst an seinem Hofe die Messe wieder lateinisch lesen ließ und geschickt leiten sie sein Augenmerk auf die Lehre des Methodius nach seiner griechischen Herkunft: Der hl. Geist gehe nur vom Vater aus, während die fränkische Geistlichkeit seinen Ausgang von Baler und Sohn lehrte, was von Rom geduldet ward. Die Gewiflensbedenken, wem der beiden Gegner er.folgeNjsolle, veranlaßten den Fürsten