Volltext Seite (XML)
aus jedem der folgenden. — Unter den Görlitzer Organisten begegnen uns in dieser Periode zwei Kinder unserer Stadt: Johann Arnold und Elias Weider. Foh. Arnold, der Sohn eines hiesigen Bürgermeisters, saß selbst von 1540 bis 1546 im Rate. Das hinderte ihn nicht, gleichzeitig das Amt eines Organisten an der Peterstrirche zu versehen, wofür er 8 Mark jährliche Besoldung erhielt. Er spielt in der Refor mationsgeschichte unserer Stadt insofern eine Rolle, als er wegen der Begünstigung der neuen Lehre sein Amt verlor. Als nämlich an Weihnachten 1542 beim Abendmahl zum ersten Male die Einsetzungsworte deutsch gesungen wurden, sollte er mit der Orgel dazu spielen, damit das Volk diese Reuerung nicht vernehme und dadurch aufgereizt werde. Er ließ aber die Orgel schweigen und wurde dafür seines Postens enthoben und auch vorübergehend aus dem Rate entfernt. Sein Bruder Georg war Organist am Breslauer Dome. Einer der Nachfolger Foh. Arnolds war Elias Weider, ebenfalls der Sohn eines hiesigen Ratsherrn. Wir wissen von ihm nur, daß er 1555 „geurlaubet" wurde und 1577 starb. — Ebenso wie das Organistenamt wurde auch das Kantorat ost mit Einheimischen besetzt. Der erste, den wir genauer kennen, war Joachim Steuer oder Steyrer, der Sohn eines hiesigen Tuchmachers, der das Amt 26 2ahre, von 1532—58, innehatte und den alte Quellen einen guten Musikus nennen. Er wurde 1558 in der Frauenkirche be graben und sein Freund, Magister Foachim Meister, der spätere Rektor des Gymnasiums, versüßte ihm eine lateinische Grabschlist. — Der erste Kantor des 1565 gegründeten Görlitzer Gymnasiums war Stephan Hohl selb, ein Görlitzer Kind. Er war seit 1858 Lehrer an der alten Schule gewesen, hatte 1563 das Kantorat übernommen und behielt es auch nach Gründung der neuen bis 1567; alsdann wurde er Pfarrer in Seidenberg, wo er 1587 starb. Hohlfelds Nach folger Zacharias Richter war als Sohn eines Tuch machers in Görlitz geboren, hatte von 1550 ab in Witten berg studiert und hier 1567 das Kantorat übernommen. Er starb schon 1570. Bisher galt als sein Nachsolger Adam Puschmann, der 1532 als eines Bäckers Sohn hier ge boren war. Prof. Sieg hat aber neueidings nachgewiesen, daß das sein Bruder Zacharias war. Unter den geborenen Görlitzern nimmt Puschmann in der Musikgeschichte ohne Zweifel den ersten Rang ein. Verdanken wir doch dem Fletße dieses Meistersängers oas meiste von dem, was wir heute über die musikalische Seite dieses Zweiges deutscher Kunst übung wissen. Da ich mich in meinem „Görlitzer Musikleben in vergangenen Zeiten" (Görlitz 1914) mit ihm ausführlich beschästigt habe, kann ich ihn hier nur kurz erwähnen. Pusch mann starb 1600 in Breslau. Aus denselbenHandwerkskretsen wiePuschmann stammte auch Georg Rohn (Rhonius), der von 1582—89 Kantor war. Da er die Vorrede zu dem 1587 erschienenen Görlitzer Schulgesangbuch „Harmonias k^mnorura 8ctrolas 6orli- censis" geschrieben hat, ist wohl anzunehmen, daß er auch die Herausgabe dieses Buches besorgt hat. Er trat nach Aus- gäbe des Schulamts in den Rat und starb 1605 als Skabinus (Schöffe). Von 1594 ab bis zu seinem Tode war er Besitzer des Schönhofs. Sein Nachfolger warGregortus Hausse, der Sohn eines Görlitzer Rademachers, als Kantor im Amte von 1589—1612. 2ch habe von ihm ausführlich gehandelt in dem Aussatze „Gregorius Hausse, ein Görlitzer Kantor vor 300 Fahren" in den „Oberlausitzer Heimatblättern" 1920 Nr. 10. Rohn und Hausse waren Mitglieder des von Bartholomäus Scultetus 1570 ins Leben gerufenen Oon- vivium MU8ILUM, einer Bereinigung von Männern aus den vornehmsten Kreisen der Stadt, die in regelmäßigen Zu sammenkünften die Gesangskunst und auchdie instrumentale Hausmusik pflegten. Zu diesem Kreise gehörte auch der Pastor Gregorius Richter, der bekannte Gegner Jakob Böhmes, geboren 1560 in Görlitz. Von diesem oder seinem gleichnamigen Sohne (geb. 1598, gest. 1633 als Diakonus) stammt das Kirchenlied „Steh doch, Seele, steh doch stille", dessen Melodie mit 6.K. unterschrieben ist, also wohl vom Dichter herrührt. — Zwei Männer aus dieser Zeit haben eine gewisse Bedeutung für die katholische Kirchenmusik gewonnen: 2oh. Nucius und Thomas Fritsch. Fo Hannes Nucius war um 1556 in Görlitz geboren; er war ein Schüler des Kantors Winkler am hiesigen Gymnasium, trat 1591 in den Zisterzienserorden, starb 1620 als Abt des schlesischen Klosters Himmelwitz. Sein Ordensbruder, der Abt Widmann, gab zu seinem 300jährigen Todestage eine Gedenkschrift an Nucius heraus, die seine Bedeutung hervor hebt, seine Kompositionen aufzählt und die Neuherausgabe einiger Motetten anzeigt. Thomas Fritsch, 1563 als Sohu des Görlitzer Phystkus Fritsch geboren, hatte in Leipzig studiert, ivar dann in ein böhmisches Kloster eingetreten und starb als Kreuzherr im Mathtaskloster zu Breslau. Berliner, Breslauer und Liegnitzer Bibliotheken bewahren noch kirch liche Kompositionen von ihm. — Zwei andere Görlitzer trugen den Ruhm ihrer Vaterstadt bis in die Kaiserstadt an der Donau. Peter Hachelberg.etn Sohn des Adituus an der Petersktrche, der als Arzt in Wien lebte, war wegen seiner musikalischen Gaben am kaiserlichen Hofe sehr beliebt und David Endermann war erster und „unübertrefflicher Posauner" Kaiser Rudolphs 11., der ihm 1587 in Prag ein Wappen verlieh, das Endermanns Leivinstrument auswies. Aus dem 17. Jahrhundert wissen wir nur von drei in Görlitz geborenen Musikern zu berichten: von Christsried Hegenicht (1606—51), der Hofkantpr in Königsberg war, und unseren beiden Görlitzer Kantoren Petrus Richter und Christoph Möller. Petrus Richter war 1611 als Sohn eines Handelsmannes geboren, trat sein Amt 1635 an, legte es aber schon nach drei Fahren wegen Kränklichkeit nieder und starb 1640. Christoph Möller wurde 1639 als eines Stellmachers Sohn geboren, studierte nach dem Besuch der hiesigen Schule in Leipzig und wurde dort als Lehrer an der Nicolaischule angestellt. 1669.wurde er als Kantor nach Görlitz berufen und hat sein Amt 45 Fahre, bis zu seinem 1714 erfolgten Tode, innegehabt. Während seiner Amtszeit wurde 1691 bei dem großen Stadtbrande auch die Peters- Kirche in Asche gelegt. Möller verlor dabei alle seine Musi kalien; der Rat bewilligte ihm deshalb 8 Thaler Reisekosten, damit er in Leipzig neue Noten Kausen könne. Zur Ein weihung der wiederhergestellten Peterstrirche am 7. Mai 1696 komponierte er eine umsangreiche Kirchenmusik, deren Text und Orchesterbesetzung noch erhalten ist. Fm 18. Jahrhundert spielen in der Musikgeschichte Görlitz' die größte Rolle diedret Glieder derFamilie Nicolai, die von 1730—1813, also durch 83 Fahre, den Organisten posten bekleideten. Der älteste der drei, DaoidNtcolai, entstammte einer Görlitzer Tuchmachersamilie, wurde 1702 geboren, besuchte unser Gymnasium und studierte in Leipzig Iura. Daneben war er in der Musik ein Schüler des großen Thomas-Kantors Johann Sebastian Bach, der im Dezember 1729 einen Bries an unfern Nicolai nach Görlitz schrieb, in dem er ihm versprach, ihm bei der Bewerbung um das hiesige Organistenamt in jeder Weise behilflich zu sein. Der Bries