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Das Schloß verdankt seine Entstehung einer Furt, die hier durch die Pulsnitz führte; eine zweite ist beim Furthause westlich der Stadt vorhanden. An der Übergangsstelle der Hohen Straße wurde von den Herren von Kamenz schon im 13. Jahrhundert ein Zoll erhoben (Knothe, Adel 557). Die von Kamenz dürfen wir als die Erbauer des ältesten Schlaffes ansehen. Ob vordem, wie an so vielen Furten der Oberlausitz, hier bereits ein slavlscher Burgwall lag, ist noch ungewiß. Die Ortsforschung dürfte durch Grabungen in der Gegend der Kirche darüber leicht Klarheit ver schaffen können. Das frühdeutsche Schloß lag in der Pulsnitzniederung, es ist daher anzunehmen, daß es in den Formen einer Wasserburg er- baut war. Uber sein Schicksal sind wir unterrichtet durch Ioh. v. Guben (Script, rer. L.U8. dU?. II P3A. 10): Do noch NLLLH.V iar czoch dese stat (Zittau) mit groser macht mit andern vmmesesyn steten keyn Konigisbrucke ond branten ad der Echonenoelder hüf an dem stetil... Die Zittauer Reimchronik singt darüber (Knothe Adel 488): Die Sitter thäten vor Königsbrück ziehn, Schönfelders Hof daselbst mit Feuer verbrühen ... Reste diese» ältesten Schlöffe» sind nicht mehr bekannt, doch dürste die Ortssorschung sicherlich in den Kellern des ältesten er- haltenen Teiles des jetzigen Schlosses mit Erfolg nach den Spuren suchen. Sehr verdächtig, weil in beherrschender Lage an dem Pulsnitz, tale, ist der Scheibgenberg (Schumann IV, 794), Scheibigrr Berg (Oberreit), Scheibische Berg (MTB. 35). Scheibe heißen meist herrschaftliche Grundstücke. Vielleicht ist hier auch eine alte Be festigung zu suchen und sei es nur ein Außenturm. Warum denen v. Schönfeld (Knothe, Adel 487) ihr Hof zerstört wurde, ergibt sich sowohl aus dem Zusammenhang bei I. v Guben, der sofort nach jener oben mttgetetlten Stelle von den Höfen der Oberlausitz spricht, die „böse lute gehalden hatten", als auch au» der Geschichte von Neukirch. Die v. Schönfeld waren Raubritter und hielten es mit Viehdieben und anderen Landschädigern und — Plackern, mit denen der Sechsstädtebund sehr nachdrücklich aufgeräumt hat. Weitere Literatur: Altes Laus. Mag. 1776, 56; Käuffer, Gesch. d. OL. I, 227; Blasius, Oberl. Heimatzeitung 1920, 263 und Knothe a.a. O. 3. Neuklrcd östlich Königsbrück. (77n Ergänzung von Gurlitt XXXV, 230, 362 ist zu bemerken, daß eine Sage erzählt, ein Götzentempel habe hier gestanden, der bei Einführung des Christentums in eine Kirche verwandelt worden sei. Literatur: Laus. Mon. Schr. 1796 II S. 289; Preus- ker NLM. 1827, 178; Preusker, OL. Alt. I, 48, 174; Moschkau NLM. 1885 I, 84. Ein Fehler Preuskers (Blicke I, 133) ist hier richtig zu stellen: Er bezieht die oben mitgeteilte Stelle der Zittauer Reimchronik auf Neukirch und das Jahr 1351. Diese Annahme ist irrig, vgl. Script, rer. L,us. dl?. 144, Anm. 10,9. Hier stand auch ein Hof der Schön selb er. Die Alte Kir- chengall. nennt S. 29 den heutigen Birkenberg auf Neukircher Flur „Birken- oder Burgberg" und spricht von einer sagenhaften Burg hier oben. Der Verfasser beruft sich dabei auf eine Schrift von Streinhemius Wittenberg 1575, die mir aber bisher nicht zu gänglich war. Ferner nennt Schumann, Lex. o. S. XVIII, 290 den Birkenberg „Burkderg" und Kühnel verzeichnet NLM. 70, 57 einen hiesigen Flurnamen „Herrenhübel". Der Birkenberg zeigt auf seiner von Kiefern bestandenen Höhe heute keine ein- wandfrei als Burgreste zu deutenden Anlagen. Wohl ist er an mehreren Stellen durchwühlt, wohl erzählen die Leute nach einer dankenswerten Mitteilung des H. Lehrer Fischer-Neukirch von einer Pfanne mit Gold, die hier verborgen liegen solle, aber die Stelle, wo einst der Hof der Schönfelder stand, ist noch nicht ge funden. (Übrigens scheint zwischen Hof und Hus ein sachlicher Unterschied zu bestehen!) Nach der dankenswerte» Angabe des Herrn Pfarrer Grobe- Neukirch hat nach dem Volksmunde die heutige Pfarre ursprüng lich ein Schloß werden sollen. Gurlitt weiß davon nichts, doch wurde ich auf die sehr feste und starke Mauer hingewiesen, die den Vorderteil der Pfarre bildet, nicht unterkellert, au» Feld steinen in Lehmverband bestehend. Auch die Lage der Pfarre in wasserreicher Niederung könnte der Sage recht geben. Andrer seits nannte mir Herr Pfarrer Grobe das Anwesen des Guts besitzers Dwarog als besonders fest und altertümlich; doch möge hier die Ortsforschung einsetzen und Klarheit bringen, besonders das Vorwerk genau untersuchen. Zur Geschichte des Hofes^Neukirch,. folgen nachstehend die Schriftquellen. — 3m 15. Jahrhundert waren die von Schönfeld im Besitze von Koitzsch und Neukirch, nachdem sie kurz vor 1357 von König und Königreich in die Acht getan worden waren und die Oberlausttz geräumt hatten. Die Achtung hängt mit der Zer störung ihres Hofes Königsbrück zusammen. Wann sie wieder Neukirch und Koitzsch erhielten, ist unbekannt (Knothe Adel 488). Uber diese aus dem Exil zurückgekehrten Schönfelder erzählen die Eintragungen der Görlitzer Ratsrechnungen mancherlei. (Loci, äipl. L-us. 8up. II, Teil I — wobei wohl Register 820 zu bessern ist, auch bezüglich II, 209, 25, wo es mindestens sw. Bautzen heißen muß. S. 84 auf die Woche vom 2.-8. 5.1422: Caspar Lelaw, der statschreiber mit landen unde steten kein der Lobaw zu tage von manchirleie fachen der Behemen, Meißener und als sie Balczar Schonefelde seinen hoff Nükirche abgelauffen hatten mit fil fachen 27 gr. — E. 84 auf die Woche vom 30. 5.-5. 6 1422: Herman Schultes, Hannus Ulrsdorff, der statschreiber mit landen unde steten kein Biffchoffwerde mit deme Herzogen kein den Meißinschen reihen zu tage durch des Hofes wille zu Nükirchen unde Baltczar Schonefeldes, wegen der geschefte mit den Hussen unde von etcz- licher höve wegen zu Lusicz durch reubereit wille etc. cum vec- turn 3 scsi. — Vinum cluci et bleissnensibur 8 gr. — Von deme tage besaczte der Herzog, land unde stete den hoff zu New kirchen, do sante(n) auch die unfern dorzu 16 gr. S. 88 auf die Woche vom 18.—24. 7. 1422: Item Prochenaw kein Neukirchen off den hoff 20 gr... S. 89 auf die Woche vom 25.—31. 7. 1422: Heinrich Otte, der statschreiber mit landen und steten kein der Lobaw zu tage abir durch ern Ionen wille von Wartenberg unde der andern Behmischen Herren unde von Herzoge Heinrichs brife wegen umme den hoff Nükirchen, den die seinen vorbornrn solden etc. 28 gr... E. 90 auf die Woche vom 15.—21.8.1422: Herman Schulti», der statschreiber mit 21 pherden mit landen unde steten kein Biffchoffwerde zu tage mit den Meißenern von den Herren von Camentz zur Pulsenicz unde des Hofes wegen zu Nükirchen unde der Behmischen Herren willen von der keczereie wegen mit »il andirn fachen etc. 4 sch.... S. 112 eine Aufrechnung auf die Zeit von Ende Mai bi» An- fang September 1422: Off den hoff Nükirchen habe wir geben '/- sch. 17 gr. Hannus Purgeler, item Prochenau '/»sch., item 20 gr. — Item habe wir vorceret mit unfern dinern off deme Hofe Nüekirch die Lamencz I'/» sch. (Anmerkung R. Iecht's: Radiert, anscheinend aus 4'/> sch. — Das Rechnungswesen der mittelalter- liehen Städte war noch recht primitiv.) Die oben befohlene Verbrennung des Neukircher Hofe» scheint nicht durchgeführt worden zu sein, man hatte ihn nur besetzt, denn bereits im Jahre 1430 sprechen die Quellen abermals von Untaten des alten Sünders, wenn die hier vor Gericht bekannten Frevel: Hausung eines Landschädigers und Hehlerei nicht in die Zeit vor 1422 fallen: (Arras, Bekenntnisse des Jahres 1430 NLM. 1901, 253:) Nigkel Ralewicz (vielleicht ein Bewohner des sagenhaften Schlosses auf dem Keulenberge, dem Radbizc der Grenzurkunde von 1223 — vgl. dazu Meiche, NLM. 1908, 224 — sagt aus) zum neunden, hat her gelegin zu Nawinkirche by Balthazar Schonfelt zum eilfften hat her Hinczin Gor und Hausse Schreiberstorff dy kuwe genomen; die kuw sint kamen kegtn Rulant und kegin Nawinkirche zu Balthazar Schonfelt .... (vgl. Knothe, Adel 488, 588). Jedenfalls hat das heutige Dorf Neukirch eine reich bewegt« Geschichte hinter sich. Dicht an der Hohen Straße gelegen, hat e» auch in späteren Kriegszeiten oft Not und Drangsal erduldet. Der alte Rittersttz aber ist verschwunden, möge eine etndringenderr Ortssorschung seine Reste bald aufdecken. (Fortsetzung folgt.)