Volltext Seite (XML)
gungen der Obengenannten, die dann zumeist nach ihrem Vornamen oder Beruf bezeichnet wurden, gab es noch eine erkleckliche Zahl. Ich greife aus ihrer Reihe nur den wegen seines derben Humors weit über Reichenau hinaus bekann ten Tr.-Tischer („Leim") heraus. Es würde zu weit führen und für den größeren Teil der Leser ohne größeres Interesse sein, wenn ich bezüglich der anderen Namen nach gleichem Rezept verfahren und ihre einzelnen Vertreter, wie sie vor 50 und mehr Jahren in Reichenau existierten, wieder auffrischen wollte. Nur der jenigen aus ihren langen Reihen, die sich entweder bereits durch ihre soziale Stellung von ihresgleichen abhoben und Solcher, die besondere Eigenschaften an sich zu erkennen gaben und dadurch vielfach zu witzigen und scherzhaften Zu namen Veranlassung gegeben, soll hier gedacht werden. Aus der zahlreichen Reihe der „Bischöffe", woraus sich die nahezu zwei Menschenalter umfassenden Namen der beiden letzten verdienten Gemeindehäupter abheben, nenne ich den das Baßinstrument bei der Schützenkapelle und beim Tanze blasenden „Streicher", den originellen „Biffschg"-- Barbier, nebst seinem uns gegenüberwohnenden Bruder, dem Weber B, vom Volksmund aus mir nicht bekanntem Grund „Katloetter" genannt. Im Oberdorfe lebte damals außer dem Fabrikanten und Musikanten B.-Ernst auch noch ein junger Mann dieses Namens. Er war eine stattliche Person, ein tüchtiger Turner und Feuerwehrmann, dabei aber ein gefährlicher Don-Juan für die jugendlichen Schönen im Dorfe. Er führte den harmlosen Namen „Der kleeneBloö". (Kann mir jemand das für mich ungelöste lokale Rätsel vom „Katloetter" und „kleen' Bloen" trotz vieler Umfrage meinerseits doch noch lösen? Interessant wäre es mir doch.) Weitverzweigt und zahlreich war dann auch das Geschlecht der „Leupolte", zumeist gutgcstellte und im Geschäftsleben und dem Fabrikbetrieb stehende Leute, zumeist im mittleren und oberen Ortsteil sitzend, während die häufigen „Scholze" als Begüterte in nächster Nähe der Rollbauern fast aus schließlich im Niederdorfe seßhaft waren. Der „Pilze" gab es außer dem Steinmüller und dessen Söhnen Eduard und Oswald, dem schneidigen und sattelfesten Schlltzenadjutanten, noch einen „Fisch-", „Trommel-" und „Perrück-Pilz" im Nieder- und einen „Bach-Pilz" im Oberdorf. Unter den mit „Krause" Benannten nenne ich außer dem in hohem Alter verstorbenen vormaligen Fabrikbesitzer Krause-Lob noch den harmlosen Läuter-Krause und als Kuriosum das „Kräusel", welcher Name sich vom Vater, der im Wuchs etwas kurz weggekommen und nahe der Baumannschmiede wohnte, auch auf den Sohn übertragen hatte, der das jedoch niemandem gedankt haben soll. Ebenso wie ein in unsrer nächsten Nach barschaft wohnender Junggeselle es gewaltig Übelnehmen konnte und mit Klage und Gericht drohte, wenn man ihn seine körperliche Kleinheit aufmuckte und als „Prink'l" schimpfierte. Unter den verschiedenen Trägern des Namens Krusche ist der Zweig an erster Stelle zu nennen, der bereits lange vor meiner Zeit durch Beschäftigung zahlreicher Hand weber und einen ausgebreiteten Handel mit Web-Stoffen, namentlich Kattun, zu Wohlstand und größerem Vermögen gelangt war. Noch zu meiner Zeit sprach man vom „reichen Krusche" neben der Holz-Schmiede. In dieselbe Verwandt schaft gehörte auch das Brüderpaar „Krusch-Ernst" und „Krusch-Moritz",nur daß hier bereits ein wesentlicher peku- niärer und zum Teil wohl auch moralischer Rückfall ein getreten war. Oberhalb der Kretschambrücke wohnte damals auch ein Krusche in einem ansehnlichen, von einem großen Gras- und Obstgarten umgebenen Hause, „Gaß-Krusch" geheißen. Derselbe betrieb nebenbei einen flottgehenden Kram- laden. Dabei fällt mir ein, daß ich außer vielen andern mir von meiner Mutter gewordenen Aufträgen auch einmal einen mir von meinem damaligen Lehrer, Herrn OrganistIrmscher, gegebenen Auftrag zu erledigen hatte. Es handelte sich um die Besorgung von 2 Lot Schnupftabak, den Herr Irmscher auch im Unterricht, als leidenschaftlicher Schnupfer, nicht missen konnte. Nachdem ich das gewissenhaft Besorgte dem Lehrer behändigt, fragte er: ..Wer hat Dir den Tabak ge geben?" „Ha," gab ich zur Antwort. „Wer ist das, Ha?" fragt er. „Nv Ha!" geb ich ihm zurück. Ich verstand noch nicht, mich als schlichtes Dorfkind von 7 oder 8 Jahren von dem herkömmlichen Sprachgebrauch freizumachen und redete, wie ichs gewöhnt war. Ein anderer Knabe klärte den Lehrer darüber auf, daß ich mit „Ha" meine, daß mir Herr Krusche selbst gegeben. Was dann noch das häufigere Vorkommen der Namen Apelt, Helwig und Herwig änlangt, so haben wir es in ihnen mit Familien zu tun, die in die früheste Zeit der Entstehung und Entwickelung Reichenaus zurück, reichen und deren einzelne Glieder sich im Laufe der Zeit mehrfach um Gemeinde, Kirche und Schule verdient gemacht hoben. Ich schließe damit meine Ausführungen über das von mir freigewählte, anregende Kapitel. Dieselben würden be deutend an Wert gewinnen, wenn sie sich stützen könnten auf genaue und zuverlässige Urkunden, wie sie sich die ein- zelnen Familien zur Pflege des Heimatgedankens und des Familiensinnes verschafft haben. Ich würde mich fürs Erste gern bescheiden, wenn manch einer meiner Landsleute der Herkunft seiner Familie und ihrem geschichtlichen Werde gänge ein etwas größeres Interesse als bisher zuwendete, und Familientaqe nicht nur in den adeligen Kreisen, son dern ebenso auch in allen besseren Bolkskreisen Wert und Bedeutung gewinnen. demdenhof „zum Weber" Kirschau U Erbaut 1921—1923 hält feme tkkäume bestens empfohlen Neuzeitlich eingerichtet Fremdenzimmer :: Zentralheizung :: Kalt- und Warmwasjerleitung :: Gediegene Bier- und Weinstuben lsf) Gesellschaftssaal :: Dundesßegelbahn :: Autohalle :: Ausspannung :: Angenehmer Familienaufenthalt ffvi Anerkannt gute Küche :: Max Ulbrick.