Volltext Seite (XML)
-Nr. 14 GbevlauflHsr Helmatzeltung 155 Jetzt erhalten wir ein anderes Bild : Stellt es sich heraus, daß diese Ortsnamen tatsächlich germanischen Ursprunges sind, so muß gefolgert werden, daß die Slaven bei der Ein wanderung eine germanische Bevölkerung vorfanden, von der sie die Namen in ihre Sprache übernahmen. Bisher konnte die Vorgeschichte dazu keine Belege bringen, jetzt dürfte sich dies bei erneuter Prüfung der Museumsbestände ändern. Dr.Iahn hat uns die Augen geöffnet und es ist als wahrscheinlich anzusehen, daß die SlaoenGer- manen in der Oberlausitz vorfanden. Gleichgültig, ob sie nun von Osten oder Süden her einwanderten. Damit fällt der oft mißbrauchte Begriff der „slavischen Wellenlinie" in sich zusammen. Die Slaven lernten sie in Schlesien und Böhmen nebst anderen Merkmalen von den dort wohnenden Germanen kennen und übernahmen sie. Die Wellenlinie stammt aus dem antiken Kulturbereich: Im Museum Stuttgart sah ich sie an alemannischen Gefäßen der Slg. des Herzogs von Urach und auch in Gallien wurden derart verzierte keltische Gefäße in Bibracte gefunden. Die Wellenlinie ist demnach nach Nordosten gewandert in einer Zeit, als die Bevölkerung nach Südwesten vorstieß: Ein Beispiel, daß Kultur- und Völkerwanderungen nicht immer gleichsinnige Richtungen einhalten! Bon den weiteren Vorträgen interessierte der des D r. Jakob-Hannover über die Wurtsiedlungen in Nieder sachsen auch den Oberlausitzer: Eine bronzezeitliche Wurt ist der Radisch bei Kleinsaubernitz (unterste Schicht), wenn er auch in einer das Moor begehbar machenden Trockenzeit besiedelt war. Doch müssen die Kaupen der Oberlausitz gründ lich untersucht werden, ob sich auf ihnen nicht slavische Wohn reste vorfinden. Nachdem in der Oberlausitz nun auch Funde der Aunje- titzer Kultur (älteste Bronzezeit) aufgetreten sind, interessiert der Vortrag des Prof. Seeger- Breslau: Wesen und Her kunft der A. Kultur. Er vermochte den Übergang der jung steinzeitlichen Schnurkeramik zu den Aunjetitzer Gesäßen bis zu den Buckelurnen der Lausitzer Kultur lückenlos durch Typen nachzuweisen und er schließt daraus eine Gleichheit der Bevölkerung, die er als die Illyrier Kossinnas bezeich nete. Dieser völkischen Gleichsetzung kann ich mich nicht an schließen und möchte vor ihrem Gebrauch als „sicherem" Ergebnis warnen. Am ersten Perhandlungsvormittag wurde eingehend über die „Klimaschwankungen in vorgeschichtlicher Zeit" gespro chen: Zuerst wies sie Dr. Gams-Wasserburg am Bodensee für das Alpengebiet und Skandinavien nach, dann erläu terte ich die ausgestellten Klimakarten und-Kurven, wie sie aus der genauen Fundbeobachtung in der Oberlausitz er schlossen werden müssen, und trug eine neue Arbeitshypo these vor, die die Klimaschwankungen auf Polverlagerungen zucücksührt. Weiterhin sprach Dr. Bierbaum-Dresden über die Ergebnisse des Prof. Huntington-Pale-Universität und ferner noch Dr. Tode-Lübeck über die klimatischen Beobachtungen aus der Fundaufnahme Holsteins. Trotzdem sich die einzelnen Vortragenden erst zumeist auf der Tagung oder kurz vorher kennen gelernt hatten, so waren doch die Ergebnisse völlig übereinstimmend. (Pgl, daher zum Inhalt meine Oberlausitzer Heimatstudien I S. 5 ff. und II nach Erscheinen!) Die Vorträge ergänzten sich in glücklichster Weise, sodaß man ein abgeschlossenes Bild der Klimatheorie erhielt. Zu der Arbeitshypothese, die die Polschwankungen auf Grund babylonischer und antiker Nachrichten zur Erklä rung des Klimawechsels und der Völkerwanderungen heran ziehen will, sprachen in der Diskussion der Assyriologe Prof. Lehmann-Haupt-Berlin, der Archäolog Dr. Schmid-Belgrad und Prof. Agahd-Frankfurt a.O. in zustimmendem Sinne, während der Geologe Prof. Baier-Wien sich ablehnend ver hielt. Doch nimmt dieser Forscher gegenüber allen übrigen Geologen eine Sonderstellung ein. Die Siedlungskarten der Oberlausitz hingen drei Tage lang zur Besichtigung aus und waren mehrfach Gegenstand eingehender Besprechungen. Die gewaltige Arbeit der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz wurde einstimmig rühmend anerkannt. Möge es den fünf Ortsgruppen in Bautzen, Gör litz, Kamenz, Schirgiswalde und Zittau weiterhin gelingen, immer tiefer in das Verständnis der Vorzeit der Heimat ein zudringen und die Heimatliebe unserer Landsleute zu stärken. Uraufführung im Reichenauer Waldthealer Richard Blasius: „D'r Amerikanerfimmel". Die strebsame Reichenauer „Thalia" geht auf ihrer jungen Freilichtbühne mit Volldampf ins Zeug. Die zweite Darbietung des Vereins in seinem neuen Sommerheim, mit der er am 12. August vor eine breite Öffentlichkeit trat, erwies nicht nur seine oft erprobte Tatkraft und Unternehmungslust, sondern dar über hinaus auch ein erkleckliches Maß von Mut. Gleichzeitig wurde damit wiederum das Charakteristische der Thaliabühne zum Ausdruck gebracht, daß sie in erster Linie eine Pflegestätte der mundartlichen Heimatdichtung sein will. Die Vorstellung war namentlich auch insofern ein Ereignis, als es sich um eine Ur aufführung einer dem Oberlausitzer Schrifttum angehörenden Bühnendichtung handelte. „D'r Amerika» erfimmet" nennt sich die launige Schnurre von Richard Blasius, einem allen Lesern der „Oberlausitzer Heimatzeitung" und weit darüber yinaus bekannten Dichtersmann, der sogar vor den Augen eines Lausitzer Literaturpapstes Gnade gefunden hat. Das ursprünglich in Alplermundart geschriebene, aber später in das Edelrolleridiom übertragene und umgearbeitete Werk war im vorigen Herbst verschiedenen gedeckten Bühnen, u. a. auch dem Zittauer Stadt theater, angeboten worden. Dort ließ man sich aber die Gelegen heit zu einer Uraufführung entgehen, und so wurde — wir können sagen glücklicherweise — der „Thalia" die Ehre zu teil, den jüng sten Musensproß unseres Freundes Blasius aus der Taufe zu heben. An dieser Stelle auf den Inhalt einzugehen, erübrigt sich, da die Dichtung ja in der „Oberlausitzer Heimatzeitung" gegen wärtig zum Abdruck gelangt. Mit Vergnügen ist indessen sestzustellen, daß die drollige Neuheit bei der nach mehreren Tausenden zählenden Besuchermenge, welche diesmal nur not dürftig untergebracht werden konnte, eine ungemein beifällige Aufnahme fand. In Richard Blasius steckt etwas von dem ge sunden Humor Hans Sachsens und — im besten Sinne — auch etwas von seiner Naivität. Er hat bestimmt nicht den Ehrgeiz besessen, mit diesem dramatischen Ulk eine große literarische Sache zu schaffen, aber sein tatsächliches Ziel in vollem Maße erreicht und seinem Publikum ein paar höchst vergnügliche Stunden be reitet. Man war so dankbar für jeden der meist durchaus aktuellen Scherze und dachte über deren bitter ernsten Kern nicht weiter nach, wenn Schlag auf Schlag die Lachsalven durch das Theater dröhnten und die Aktschlüsse mit stürmischem Applaus begleitet wurden Die Aufführung stand an Güte allen bisherigen Darbietungen der „Thalia" in keiner Hinsicht nach; nur wär das Tempo zu schleppend für eine derartige Dichtung. Sie ist übrigens so reich an guten und witzigen Einfällen, daß es weiter nicht schlimm ist, wenn der eine oder der andere Scherz in der gehobenen Stimmung der Hörer verloren geht. Jedenfalls ist der Schaden geringer, als wenn durch zu länge Kunstpausen der Eindruck unbeabsich tigter Stockungen hervorgerufen wird. Sehr gut macht sich das seit der letzten Besprechung errichtete massive Bühnenblockhaus, das Herr Paul Fröhlich in seiner Knappen Freizeit bereitwilligst gebaut und dem Vereine völlig kostenlos überwiesen hat. Das