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Nr. 8 Gverlaufttzer Heimatzeitung 87 Ein zerstörtes Heiligtum Bon Rudolf Kren z Motto: Segen und Dank der Nachwelt ist sein Andenken!... ,sÄM>s sind schlechte Propheten gewesen, die einst dem Gründer AlM des Parkes von Schloß Schmochtitz, dem Peter August von Schönberg, der von 1763 bis 1791 der Besitzer des Rittergutes Schmochtitz war, diese Worte zu Dank und Ehren in Stein hauen ließen! Denn die Nachwelt hat das Erbe jenes Mannes, dieses wundersam ernste und stille Heiligtum, das er in dem Parke geschaffen, wenig geachtet! Was seine innige Liebe zur Natur, sein Schönheits- und Schöpfersinn einst erstehen und was die Jahrhunderte hochaufschießen und -wachsen ließen, das ist dem fressenden Schnitt der Säge und dem zertrennenden Beilhieb zum Opfer gefallen! Gähnende Leere schaut uns heute aus den Parkmauern ent gegen und wird noch trostloser durch die wenigen Denksteine, die gegenseitige Freundcsliebe einst unter die jungen, grünen, schat tenden Bäume zum dauernden Gedenken über das eigene Leben hinaus sich gesetzt. Nun mutet das Ganze wie eine Trümmer- stätte an und der empfindende Wanderer, der seine Heimat mit offenen Augen und Herzen durchstreift, steht wehmutsvoll vor ihrl Er kann es nicht verstehen, wie die Nachwelt dieses Heiligtum der Natur, das ein lebensfreudiger Mensch sich und seinen Freun den und kommenden Geschlechtern zur Freude und Andacht schuf, so pietätlos zerstören konnte!... An einem Sonnabendnachmittage wanderte ich mit einem Freunde die einsame Straße über Temritz nach Schmochtitz hin aus. Es war ein wundervoller Spätsommertag mit Hellem gol denem Sonnenschein und drückender Wärme. In Busch und Strauch, die am Wegrand standen, hatte sich schon der Herbst mit seinen grellen, bunten Farben gehängt, so daß ihr Widerschein uns beiden in Herz und Augen erglühte! Festlich gestimmt kamen wir nach Schmochtitz. Ein wunder sames Bild bot die Dorfstraße, die sich in einer starken Schleife hohlwegartig durch den Ort windet. Die wenigen Häuser lagen seitwärts gut versteckt hinter Gebüsch und Bäumen und ließen keine Spur irgendwelchen Lebens erkennen. Hohe, alte Kastanien wölbten ihre Kronen zu einem lebenden Baldachin über die Straße. An das Blattwerk aber hatte der Herbst seinen Pinsel gesetzt, und es glühte im Scheine der Nachmittagsonne golden und gelb, verzehrend und innig. Das war wie eine wilde glut volle Symphonie, die lautlos über unseren Köpfen dahindonnerte und zum Hohenlied letzten sinnlichen Lebensgenusses schwoll!... Am Ende des Dorfes liegt der Park. Es wird einem wahrlich weh ums Herz, wenn man seine traurigen Überreste sieht: nackte Wege, Denkmäler, Baumstümpfe. Nur auf einem Rondel stehen noch ein paar schlanke Bäume und etwas Gesträuch. Sonst ist nichts mehr von Säge und Beil verschont geblieben. Wir treten ein und gehen auf den noch gut erhaltenen Wegen dem Rondel zu, auf das sich das ganze baümliche Leben wie auf eine Insel gerettet hat. Eine Insel ist es auch, denn ein jetzt fast versumpfter Wassergraben liegt darum. Wir überschreiten ihn auf einer Bogendrücke. Ein steinernes, walzenförmiges Denk mal, das gewiß auch als Tisch gedient hat, hält uns eine Wid mung vor die Augen: „Für meine besten Freunde!" Da wissen wir: Hier ist geweihtes Land; hier haben Freundes- liebe und gewiß auch -treue einen idyllischen Ruhepunkt im stetig gleitenden Strome der Zeit und allen Geschehens gehabt. Hier haben Herzen im dankbaren Erkennen der freundschaftlichen Verbundenheit geschlagen, in Worten, Blicken und Taten sich offenbart. Hier wurde das Leben im klingenden Singen der Einsamkeit, im atmenden Rauschen des grünen Baumzeltes zum nebelhaft leichten und doch klar erfaßbaren Traum. Sinne und Gedanken glühten zusammen, schweißten ein Band untrennbarer Freundschaft, gaben ihr ein großes Glück, wie es im Herzen und im Bewußtsein des von Schönberg aufgegangen ist und das er in Worten in die andere Seite des Denkmals schreiben ließ: O, über alles Glück geht doch der Freund, der's fühlend erst erschafft, der's theilend mehrt. Bier steinerne Bänke stehen um das Denkmal, je von zwei hohen, schlanken Linden flankiert. Vom Park aber scheiden der Wassergraben und ein dichtes Gebüsch von Weiden-, Jasmin-, Brombeer- und Fliedersträuchern diesen stillen Platz voll heim licher Poesie!... Wir verlassen die Insel und gehen weiter den Weg hinab. In seiner Mitte steht eine wetterzerfressene Bank: „Mariannens Glück" steht in schwarzen Lettern darauf zu lesen. Wer mag sie gewesen sein, der dieses schlichte Ruheplätzchen gewidmet war? Ein Dirnlein von siebzehn, achtzehn Jahren? Eine gütige, aufrechte Frau oder sonstwer? Wer mag das erraten? ... Ein Stück weiter, am Ende des Parkes, stockt wieder der Fuß: vier Stufen führen auf ein erhöhtes Plateau, auf dem die sicher mutwillig zerstörten Teile granitner Bänke und eines Tisches liegen. Gewiß handelt es sich wieder um eines jener idyllischen Plätzchen, die der Schloßherr einst mit seinen Freunden aufsuchte, um mitten in der Natur zu sei», unter rauschenden Bäumen und blauemHimmel. Das sagtauchjcnerschlichte.eindrucksvolleBers, der in ein schmuckloses Denkmal eingegraben ist: Wohl dem, Selig muß ich ihn preisen, der in der Stille der ländlichen Flur, Fern von des Lebens verworrenen Kreisen, Kindlich liegt an der Brust der Natur. Spricht nicht ein großes, naturfreudiges Gemüt aus diesem Sprüchlein? Ein Verachten der Welt, von der Eichendorff so treffend singt: Da draußen, stets betrogen, saust die geschäft'ge Welt... Und liegt nicht eine Sehnsucht zum Nurleben für sich selbst, seiner vertrauten Umgebung und der Natur in diesen schlichten Worten ?! Sie war gewiß dem Peter August von Schön berg eine Quelle steter, unerschöpflicher Freuden, war ihm die große, reine, gütige Mutter aller Dinge, die einem jeden so offen vor Augen liegt, und doch von so wenigen erkannt wird, sie, die freundliche Trösterin ihrer Kinder in allem Leid und allem Schmerz! Weiter den Weg hinab kommen wir an das Denkmal, das Peter August von Schönberg dem Kurfürsten Friedrich August dem Dritten zum Andenken an dessen Besuch auf Schloß Schmoch titz am Tage der BudissinerHuldigung im Jahre 1769 setzen ließ. Es besteht aus einem felsigen Fundament, aus dem ein Palmen- bäum mit Früchten wächst. Am Stamme desselben befindet sich eine medaillonartige Plakette, die mit einem Reiter und einer lateinischen Umschrift geschmückt ist. Die Plakette ist stark be- schädigt. Wahrscheinlich hat bei der Umlegung des Parkes ein fallender Baumstamm ihr das fehlende Stück abgeschlagen. Zwei weitere granitene Denksteine stehen noch am Wege, der über eine der Bogendrücken des in der Längsachse des Parkes liegenden Teiches führt. Bei dem einen befindet sich auf einem wuchtigen Postament eine eiförmige Urne, bei dem andern eine Sandsteinvase einfachster Art. An den vier Seiten des ersten Steines lesen wir die folgenden Inschriften: Für die vollendeten Freunde, Unsterblichkeit, Wiedersehn, Auferstehung. Sie zeugen von einem echt christlich, kirchlichen Sinn des Peter August von Schönberg. Das andere Denkmal ist ihm gewiß von seinen Freunden zu Dank und Andenken gesetzt worden. Die ebenfalls auf alle vier Seiten des Fundaments verteilte Inschrift lautet: Dem Gründer des Parkes, Peter August von Schönberg. — Hochstämmige Bäume sind die Säulen seines Ruhmes. — Werke der Kunst