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8"? Gberlausiher Hslmatzeltung --4. Kinde. Erhalte ihm die Liebe, was auch kommen mag, denn Liebe ist die größte Kraft des Menschenlebens." Zu meiner Mutter möchte ich gehen in solchen Tagen und möchte ihr danken und kann es doch nur noch, wenn ich ihr ein paar Frühlingsblumen auf das frühe Grab lege. Der Gedanke macht mich wohl manchmal traurig. Doch da höre ich ein fröhliches Lachen, das nun die Kinder haben, wenn sie Blumen suchen und lustige Spiele machen und um bunte Kugeln Kämpfen. Da wird das Herz wieder hell. * Manchmal sehe ich einen lieben alten Herrn. Der schreitet be- dächlig sinnend durch Gassen und Anlagen. Wie ein schöner Gruß aus verschollener Zeit erscheint mir der Herr, den ich tief verehre. Gr hat einen langen weißen Bart, der aber doch nicht verbergen kann, dqß um den Mund ein heimliches Lächeln liegt. Die Augen sind lauter goldene Güte, lauter Weisheit und Liebe. Wenn ich ihn sehe, muß ich immer an das Lied denken: Dann gehet leise nach alter Weise der liebe Herrgott durch den Wald. Sicher, der liebe alte Herr steht auf sehr gutem Fuße mit unserm Herrgott. Die Alten hielten überhaupt zum lieben Gott. Und das war so schön. Da tvar die Welt doch eine bessere als heute. Ob er so denkt? O. er ist gewiß schon sehr alt, hat manchen Herbst und Winter durchlebt, hat manches Leid durchlitten; aber er ist doch jung geblieben, weil er an den Frühling glaudi, an den Erdenfrühling und an den Himmelssrühling. Und nun sucht er sich jeden Tag draußen seinen Frühling, bis ihn einst himm lische Engel — mit denen er fast ein Leben lang um die Wette musiziert hat — in den Frühling der ewigen Seligkeit tragen. Und nun muß ich euch noch ein Frühlingsmärchen erzählen: Es war einmal — so muß ich doch ansangen, wenn's ein Märchen werden soll — es war einmal ein Mensch, nicht zu jung und nicht zu alt, nicht zu arm und nicht zu reich, nicht zu fröhlich und nicht zu traurig, der saß in seiner Stube und schrieb. Was er schrieb? Das Blaue vom Himmel wollte er am liebsten herunterholen in seinen Gedichten und Geschichten, das Gold der Sterne und das Silber der Milchstraße, und all das Gute, Schöne, Fromme, Edle, Freudige, das bisher zum Himmel hinaufgestiegen war, wollte er herunterholen und in die Herzen der Menschen tragen, damit ihre Seelen sroher würden und besser als seine. Pom Klavier schauten Pater und Mutter, die ihm beide der Frühling genommen hatte, zu, und auch sonst ein paar Menschen, die ihn lieb halten. Das Klavier stand offen, und aus den Tasten hüpfte ein Früh lingslied. Auf dem Bücherbrett tanzten ein paar Bände hervor und deklamierten schöne Frühlingsqedichte. Ein Pfirsichzweig schlug dann und wann einmal an die Scheiben : Guck dir's an! Guck dirs an! Lauter Nosablüten! Lauter Rosabliften! Bin ich nicht schön? — Im Garten sang dazu ein Vogel: Frühling, Frühling! Aber es war eigentümlich. Der Mensch hatte doch keine rechte FrühlingssreuLe im Herzen. Es war, als fehle ihm etwas. Frühlingssonne, Frühlingsblumen und Frühlingslieder, ver gänglich wie alle Dinge der Welt, können eben noch nicht das Höchste und Letzte im Leben sein. Da pochte es aus einmal. Und ein herzallerliebstes Mädelchen hopste wie ein kleiner Zivilscherling zur Tür herein, hatte ganz schwarze Löckchen, die sich in keckem Übermut unter dem Hut heroorringelten, und teufelsichwarze Augen und einen Mund, der war so rosigrot wie die Pfirsichbliften. Und der Mund sprach: „Grüß Dich Gott, mein Dichtersmann! Und hier hast Du ein paar Kätzchen, die habe ich Dir draußen gepflückt. Draußen ist nämlich Frühling, mußt Du wissen, und wenn Du's noch nicht weißt... da hast Du einen Kuß!" Und da gab das sonnige Menschenkind dem einsamen Dichters mann »inen herzhaften, warmen, dtöhenden Kuß. Är. s Da flog über die alten Möbel ein goldener Schein, flog über s Klavier, flog auf die Bücher und flog wirklich und wahrhaftig dem Dichtersmann ins Herz hinein. Und er schaute dem Menschen kind in glückseliger Verwirrung in die schwarzen Augen, dar- innen nun ein seltsamer Glanz war, und ein Strahl großer, heiliger, ergebener Liebe brach daraus hervor. Das war aber das Höchste und Letzte, was der Frühling zu vergeben hatte. Der Dichter erkannte es, nahm leise des holden Mädchens liebe Hände uno küßte sie in demütiger Dankbarkeit. Da hat das Frvhlingsmärchen sein Ende. Leid im Lenz Vock glänzt In den Bergen der flimmernde §irn, Vock sckon kost der Lenz mir die fiebernde Stirn; Vie Sonne strablt wieder mit kröklicber straft, Und selige Sokknung die Sebnen uns strafft I Scbon scbwellen dis stnospen an dürrem Beäst; Ls reckt sicb und streckt sicd zu wonnigem Sest; Ls jubelt Lis Lercbe au» jaucdzender Brust vem §rübling entgegen in sprükender Lust. ver Winter ziebt keim und die grimmige Not; ver Lenz kützt zum Leben, was welk und war tot. Nur eins bringt er nimmer und nie mir Zurück: In §rankreicb, da scbiätt es, was einst war mein Blück! Und tränenden ttuges durcbscbreit' icb den lann, Mit todwundem löerzen, ein alternder Mann! Icb kab' für den lackenden §rükling nickt Sinn: Lenz, Sommer und löerbst sind mir ewig dakin! Bruno Neicbard. An tönender Orgel Bon E- G. La de-Oberfriedersdorf dem Dorfe steht die Kirche, stattlich ragt ihr breiter Turm auf, mftd klingt das Geläut. Sie ist schön von außen, einSchmuckkäslchen imInnern. Licht und freund- lich der Raum, einfach gehalten Wand und Decke, die isWs-N Malereien sinnig, Helle Rosen grüßen, ein Kreuz sieht edel hernieder flammende Strahlen erinnern an Reinheit und Liebe Gottes. Groß sind die Fenster, die Sonnenstrahlen haben freien Eintritt, sie erhellen aufs beste und malen manchmal in den Prismen der Glaskronleuchter farbige Lichter. Altar und Kanzel fügen sich in ihrer Einfachheit dem Ganzen gut ein. Es läßt sich im Schiff und auf den Emporen fein sitzi-n. wenn Blumen, Blätter, Ranken und Kreuze an der Decke ihre Sprache reden und Tarlo DolcesChrislusbild uns mahnend anschaut. Wie schön desAbenvs, so die elektrischen Lichter erstrahlen, ein Himmelssaal scheint dann auf die Erde gestellt. Für mich birgt die Kirche einen besonderen Schatz, das ist di» große Orgel. Gern weile ich an ihr, zu spielen und zu hören. Wohl ist das Werk etwas veraltet und nicht mehr voll zeitgemäß, doch trotzdem erklingen die Stimmen so rein wie am ersten Tage. Im Jahre >868 von Meister Kreuzbach in Borna erbaut, wurde sie I9l3 von G. Schuster in Zittau durchgesehen und teilweise verbessert. Seitdem lönen ihre 32 Stimmen wie neu. Leider raubte der Krieg die Pfeifen im Prospekte und sie konnten noch nicht wieder beschafft werden. So fehlt ihr an runder Fülle und der blanke Schmuck des Zinnes. Schweigen herrscht erst Sonntags im weiten Raume, wenn das Geläut der Glocken verhallt. Unter meinen Fingern erklingen die ersten Töne, leise, halblaut, stark, so wie ichs will und wie es das Lied erfordert. Ein Chor von Engelstimmen scheint im Innern der Orgel zu weilen, der überirdischen Klang besitzt. Es flüstert, streicht, geigt, flötet, singt, jubiliert, und Oboe, Trompete und Posaune jauchzen darein. Die Töne schwellen an, nehmen an Stärke ab, sie klingen hell und scharf, rund und voll, zart und lieblich. Ganz so, wie ichs wünsche, ist das Werk zu meinem Willrn, Heilige Musik hält mich in ihrem Banne und die S«'