Volltext Seite (XML)
Gonntag, den IS. April (Gstermond) 1922 Nr. 8 3. Jahrgang Grscheint ollen 14 Tage A>eiVogs' Gescf)lcs)te, ^KuMLiteratur^ Druc^ u.Vertag.Alwin Marx (Jnh.OttoMaiz') SüdlauftHen Dlachrichien, Reicstenau/Sa. ^Blakten für L?ermclifunöe ScHristleitung und Geschäftsstelle ist Reichenau, Sa. Fernsprecher Nr. 21S Unbeieclitigrer NaciiAnuoi» vpnboren Ostern 2!un lasst uns fröhlich gehen, Lasst uns in Sonne sehen, In österliches Landl Wo unser Fuss auch schreitet, Wie unser Blick sich weitet, Ist Frühling ausgejpannt. Dis Blüten in den Hecken, Dis Blumen in Verstecken, Sie drängen all zum Licht. Von gnadenreichen Händen Lin gottersülltes Spenden Nus allen Zweigen bricht. Der Liebe Ströme regnen, Dis ganze Welt zu segnen, And dich, o Menschenkind l Was Leides du besessen. Lass es im Lenz vergessen, Gib es dem Frühlingswind. Nus, dass dis Seelen schwingen. Da Dsterglocksn klingen 2m votlgsstimmten Lhoc. Der unser Kreuz getragen In trauervollen Tagen, Dust uns: Empor l Empor! Mak 2«ibig. Bunte Frühlingssteine Skizze von Max 3ei big-Bautzen gibt Menschen, die tragen zerschlagene Seelen und WWvn gebrochene Herzen mit sich. Man sieht es ihnen an. Ihre Haltung ist müde, ihre Bewegungen sind müde, und wenn sie einmal lächeln, so ist auch ihr Lächeln müde, schmerzlich müde. In ihre Haare fliegt frühzeitiger Winterschnee, und kleine Fältchen graben sich zuerst um die Augen winkel und dann um den Mund. Ihre Augen aber sind voll unsagbar großer Traurigkeit, als müßten sie immerfort bitterlich weinen. Das sind Menschen, die an keinen Frühling mehr glauben können. Die armen Menschen!.... Manchmal sind unsere Stunden, Tage, ist unser Leben dem der unglücklichen Menschen recht ähnlich. Da ist es Frühling, und wir sehen ihn nicht, wie er blüht und leuchtet, und wir hören ihn nicht, wie er lacht und singt, weil Reifkälte bitteren Leides über unseren Herzen zittert, bis dann irgend ein Strahl segnender Liebe alles Dunkel durchbricht und uns wieder froh macht. Da stehen wir voller Staunen in einer wunderbaren Welt und haben Mühe, uns darinnen zurecht zu finden. * . * Dies Jahr hat der Frühling sehr zeitig und sehr offenkundig feine bunten Fahnen herausgehängt. Nordöst und Nordwest haben ihren Kampf längst beendet. Die Stürme sind besänftigt. Schon über den frühen Märztagen stand eine blaffe, blaue Stille, von der Sonne herrlich vergoldet und herzlich durchwärmt. Nicht nur draußen, wo die Dörfer die Berge hinansteigen, oder wo die Felder bis zum Heidewalde laufen, hängen nun Kätzchen heraus wie fröhliche Ostergrüße. nein, in den kleinen Gärten, an den alten Mauern ist überall ein herrliches Frühlings verkünden. Klettere ich die Stufen zu dem Wall hinauf, so gucken zwar noch dürre Zweige und Stengel über die Zäune, bräunlich und gelb: aber das feinfädige Moos in den Ritzen leuchtet schon auf in Freude, und das Geäst putzt sich bereits mit fröhlichem Grün. Überhaupt gibt es mancherlei bunte Farben. 3n einzelnen Gärten brennen die flammroten Blüten der japanischen Quitte, während über ein Geländer der stolze, gelbe Forsythiastrauch ebenso in die Sonne lacht wie sein Nachbar, aus dessen Zweigen lauter Gold zu regnen scheint,Gold, das so rein ist wie das der lieblichen Himmel schlüssel, die mit dem Buschwindröschen den Wiesenteppich bunt besticken. Gar manche Bäume sind da, die können die Fülle ihrer Knosven kaum noch halten. Bom Schaft bis zum Scheitel treiben die Kräfte, und sind sie auch noch für Tage gebändigt, wenn erst die Kühlen Nächte vorüber, wenn die Sonne so weiter tut in schwärmerischer Güte, und wenn erst einmal ein warmer Früh lingsregen hineinrauscht in das junge Leben ... dann ist mit einem Male der ganze Frühling da in seiner unerhörten Pracht. Leuchten, singen, blühen wird es dann, daß selbst die alten Steine unserer Stadt behaglich schmunzeln, als wären sie auch noch ein mal jung. * * * Wenn ich in diesen lenzlichen Tagen in dem grünen Band spaziere, das um die heimischen Mauern so wundervoll gelegt ist, habe ich das Herz voll Freude; denn nicht nur die Natur an sich ist es, die mir jetzt freundliche Bilder zeigt, Menscken sind es, die mir den Frühlingstag noch schöner machen. Da sehe ich Mütter, die fahren ihre Kleinsten, sorglich in die Wagen gebettet, in die liebe zeitige Nachmittagssonne. Ganze Reihen sehe ich. Immer eine Mutter um die andere, die ganz voll Liebe ist um das Leben, das sie gegeben, bereit dabei, das eigene zu opfern. Der Anblick von soviel Mutterliebe macht mich immer ganz demütig und andächtig. Manchmal möchte ich hingehen und sagen: „Ich danke Dir, Du Mutter, daß Du so gütig bist zu Deinem