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unerschütterliche Treue er mir gehalten. Es kam ihm nicht in den Sinn, daß ich — wie das doch von altersher der Familienbrauch war —in das Heim seines Sohnes oder später in das des Enkels folgen sollte. Sein Wunsch und Wille war, mich bis an sein Ende um sich zu sehen. So ist es denn auch geblieben, obwohl ich auch den jungen Generationen traute Freundin war. Nachdem das Leben keine Anforderungen mehr an ihn stellen konnte, sollte sein Feierabend ruhig und still sein. Er siedelte aus der stürmisch pul sierenden Stadt in die tannumrauschte Lausitz über, die ihm schon vor Jahren lieb und teuer geworden war. Es war ihm vergönnt, dort noch eine schöne Spanne Zeit zu erleben, gestärkt vom Urquell der ewig jungen Natur, der in tausenderlei Tropfen Herz und Seele labte. Die Harmonie unseres Daseins wurde eines Tages rauh gestört durch die Kriegsfanfare, die auch in unsere Einsam keit drang. Der Urenkel meines Herrn, nächst mir das Liebste, das er besah, kam zu uns, um Abschied zu nehmen, bevor er als Kriegsfreiwilliger die Heimat schirmte. Mit bebender Stimme sprach der hochbetagte Greis zu ihm: „Als t.ures Vermächtnis sei sie Dein, wenn Du wieder heimkehrst. Sie war die treue Freundin Deiner Ahnen. Möge das künftige Geschlecht In gleicher Treue zu ihr stehen so wie die Alten es getan." Die welke Hand des Greises strich zitternd über mich hin und der blühende Jüng ling sah mich leuchtenden Blickes an. Die Wochen und Monate vergingen. Da neigte sich ganz sanft und leise das Leben, das fast unsterblich schien, seinem Ende entgegen. Im letzten Augenblick mochte er wohl den jüngsten Sproß seines Stammes sehen, denn seine brechende Stimme flüsterte: „Er kommt zurück." Und wirklich, es währte nicht lange, da kam er als tapferer Held zurück. Freudig sah ich ihm entgegen, als er —schlank und hochgewachsen, das verjüngte Ebenbild seines Urgroßvaters — das Zimmer betrat. Ihm zur Seite ging eine schöne junge Dame, die fragend zu ihm aufsah. Ein versonnenes Lächeln streifte seine männlich-kühnen Züge, als er sagte: „Siehst Du. hier ist das Erbe meiner Vorfahren, unsere liebe, alte Uhr. Treu hat sie an Freud und Leid unseres Geschlechtes teilgenommen und treu ist auch jede neue Generation gegen sie gewesen, denn bis zur Gegen- wart ist sie in unserer Familie verblieben. Sie muß auch mit uns ziehen, wenn wir unser Heim gründen." Leuchtenden Auges blickten sich die Beiden an. Mein Herz aber erbebte in Freude, zitternd erklang meine Stimme und ich gelobte auch meinerseits dem künftigen Geschlecht beständige Hingabe bis zum letzten Augenblick, denn. Treue um Treue. Milder Lsnzsshouch Wecket Daum und Strauch Froh zu neuem Leben aus. O Nus den Wiesen grün Schlüsselblumen blühn, Saust vom Winterschlaf erwacht. O And aus Dusch und Äisd Klingt der Vöglein Lied Lieblich, schön und wunderbar O Still hab ich gelauscht. Wie das Dächlsin rauscht Durch den tiefen Waldesgrund. H Heimlich über Nacht Kam die Frühlingspracht Frühling " rm Heimattal Nun mit einemmal Lacht ins Hsimattal Goldner Frühlingssonnenschein. 2n mein liebes Heimattal. In der Stube der Glocken Bon E. G. Lade, Obersriedersdors un ist es wieder schön in der geräumigen, Hellen Glockenstube. Während des Krieges verödete sie, denn zwei der alten, lieben, ehernen Stimmen, die so ost bei Freude und Leid ihren Rus hören ließen, mußten von dannen ziehen, die große Glocke blieb einsam und allein zurück. Vier Jahre lang waltete sie ihres Dienstes in Ehren, aber einförmig kam uns ihr Geläut vor und traurig stimmte es. Doch vor kurzem erhielt sie zwei neue Schwestern, und im vollen Dreiklang erschallt nun klar und hell ihr lautes Lied herab zu Tal, dahin übers Feld, hinaus zum grünen Walde. Heute zieht michs hinauf in des Türmers Reich. Steil gehts die Treppen empor, bald bin ich oben. Durch die hohen Fenster flutet der Sonne Schein in Strömen herein. Da hängen sie nebeneinander, die schweren, metallenen Ruferinnen. Ihr Erz glänzt im Lichte, die alte mit dem Lhristuskopfe und mit Bändern und Spruch reich verziert, die neuen bescheiden einfach gehalten. Noch sind sic stumm, aber bald raffelt der Drahtzug, der den schweren Hammer hebt, hinaus hallt der volle Ton und verkündet den Menschen der Zeit raschen Laus. Wie lange schlagt ihr mir die Stunden, ihr lebendigen Glocken ? Ihr seid doch nicht nur totes Metall; in eurem Innern wohnt eine mitfühlende Seele. Wie könntet ihr sonst so fröhlich klingen am hohen Feste und so traurig am Tag der Toten und beim Be gräbnis? Geweiht von des jungen Pfarrers Hand, habt ihr heiligen Dienst. Zwar brecht ihr die Blitze nicht, wenn sie euch flammend umleuchten, doch ihr ruft um Hilfe bei schlimmer Not. Zu Gebet und Kirchgang, am Abend und Morgen, vollstimmig am lieben Sonntag, bei Taufe, Trauung, Begräbnis, in Ernst und Freude erschallt euer Sang. Wenn das Jahr geht, ihr meldet es, ihr läutet bei Sieg und Friede, in Glück und Not. Was kündet ihr unsrer Gemeinde in kommender Zeit? Wem gilt nächstens euer Trauerklang und welch Paar begleitet ihr wohl freudig bald auf dem Wege zum Traualtar? Wie gestaltet sich unsers Volkes Geschick? Wendet es sich einmal zum Bessern ? Zieht neue Zuversicht und frommer Glaube ein in die Herzen des heranreifenden Geschlechts? Blüht Deutschland dann wieder aus? Ich frage und höre. Aber es wird mir keine Antwort. Bin ich sie nicht wert, wissen sie keine oder dürfen sie solche nicht sagen? Stumm bleiben sie. Wir haben euer lange vergebens gewartet. Als ihr dann kamt, holten wir euch mit Freuden ein; wie stolz schritten die vier Füchse vor dem Wagen! Es jubelte die Musik, froh strahlten alle Gesichter. Wir sahen euch zu, wie ihr schwankend am Seil den Turm bestiegt, hörten andächtig, als ihr zum ersten Male ertöntet. O, bleibt nun immer bei uns als gute Freundinnen, als Begleiter durchs Leben. Es ist schmerzlich, euch zu missen, wir mußtens erfahren, aber schön, euch zu lauschen, und heimatlich gestimmt wird das Herz, hören wir euch von ferne oder draußen im frischen Walde. Gern folgen wir, so ihr ruft zu Gottes Dienst am Hellen Sonn tagsmorgen. Doch nun einen Blick hinaus und hinab. Es blaut der Himmel, die Sonne glänzt, sie versilbert die duftigen Wolken, die im Luft meere dahinschiffen. Tief unter mir das alte, trauliche Pfarrhaus mit seinen freundlichen Bewohnern, weiterhin im Tale Haus eng an Haus, Baum neben Baum. Wie sieht das fein aus! Der Gärten Grün so lustig, das Rot der Dächer froh, die breite Straße hell, die Gebäude groß und klein, alt und neu. Aus den Essen wirbelt leichter Rauch auf. Die Menschen, die sich da und dort bewegen, sind so winzig, dort am Hang die Rinderherde gar niedlich. Weiterhin Felder, die junge Saat leuchtet frisch, sonst alles kahl bis zum fernen Waldrande. Nun hin aus die andere Seite. Da liegt der Garten der Toten, ernste Fichten umstellen ihn. Grab an Grab, Reihe neben Reihe; seit Jahren schnitt die Sichel des Todes, sie traf alt und jung Nun ruhen sie friedlich beieinander, die das Leben erst einte. Dunkler Lseu deckt ihr Grab, düstere Lebensbäume ragen empor.