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sür Belebung des Gemeindegesanges gesorgt. 1570 fing man an, aufs neue durch Schüler Vespern singen zu lassen. Die eiste solche Vesper sand am 4. Dezember 1570 statt. Den Kirchengesong leitete ein Kantor, später ein sogenannter „Deutscher Sänger". Der Gymnasialchor bot bald unter Zuhilfenahme der Kunstpfeifer u. a. tüchtige Kirchenmusiken. Jedenfalls ward schon sehr früh der Grund gelegt für spätere künstlerische Leistungen des Kirchenchorleiters, des Orga nisten und des Sängerchores." (Dgl. „Zittau in 7 Jahr hunderten" S. 65, 66, 68.) Noch dem ollen war nun sür den Katholizismus in Zittau kein Raum mehr. Nachdem bereits zwei Jahre zuvor Balt hasar Gottschalk, der letzte Mönch von Oybin, entschlafen war, der auch nur noch den Nomen eines Katholiken führte, im Herzen aber evangelisch sühlte, wurde im Jahre 1570 der letzte katholische Gottesdienst in Zittau gehalten. (Heut haben wir wieder eine katholische Kirche dort.) — „Die kirchlichen Einrichtungen Heidenreichs und Tek- tanders sind seit dem 16. Jahrhundert bis in das 20. Jahr hundert binein vielfach dieselben geblieben. Man glaubte," schreibt Pesckcck, „eigenmächtig auch Kleinigkeiten nicht ändern zu dürfen und begriff nicht, daß das stete Einerlei mehr schade als nütze, und die Andacht bei veränderter Zeit auch neue Formen bedürfe. 1574 begann man, in den Früh gebeten statt der Litanei die Bibel und den Katechismus zu erklären. Ze beli-bter die Predigten wurden, desto mehr wurden Stiftungen sür sie ausgesetzt. Die älteste Stiftung ist die der Katechismuspredigten in der Mitte des 16. Jahr hunderts auf die Zeit, wo ehedem das „8a!ve Uegins" ge sungen wurde. Sie fielen auf die fünf Wochen um den Sonntag Znvocavit und Sonntag Reminiscere. Barbara Möller stiftete um 1559 die Passion-Predigten und Frau Anna Weigand 1594 die sogenannten Kürpredigten. 1598 wurden Mittwoch-predigten in der Klosterkirche eingesührt. Die erste hielt der Pestprediger David Sutorius. Bei den Taufen hatte laut der Kirchenordnung von 1564 ein männlicher Taufzeuge ein Knäbchen zu halten, „wie allent halben gewöhnlich." 1560 beschloß man, die versammelte Gemeinde durch den Klingelbeutel um Geld für die Armen anzusprechen. Die zwei Unterkirchväter bekamen die Ein- ! sammlung sür den Gotteskasten, zuerst Georg Sperling und Caspar Büttner. 1564 führte der „erste bekannte Zittauische Pädagog und sehr würdige Gehilfe des unvergeßlichen Tektander", der zweite Prediger Martin Hofmann, den kotechetischen Unterricht ein. Er war vor 1559 Prediger an der Frauenkirche in Dresden. 1559 kom er, wegen all zuscharfen Predigens gegen die zu leidenschaftliche Jaqdlust des Kurfürsten August seines Amtes entsetzt, nach Zittau. 1559 führte er die Kinderlehre ein und zwar an den Frei tagen nacb dem „Tenebraesingen" nach 9 Uhr, bei welcher sich „aus Wiß- und Heilsbegierde" auch Erwachsene, be sonders arme Leute, einfonden. Dieser Hofmann schrieb 1571 über diese Kinderlehre ein „nützliches Handbüchlein", das den Kindern das Noch- und Abschreiben ersparen sollte, mit dem Motto: „Lasset die Kmdlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes." Am meisten freute sich an dieser Kinderlehre der alte, ehr würdige Prior von Oybin, der kindersreundliche Balthasar Gottschalk, der hier im Väterhof seine Tage beschloß. Er hatte unter den Kindern mele Paten, weshalb man ihn auch so oft in den alten Kirchenbüchern als Tauszeugen findet. Er nahm an der Kinderlehre soviel Anteil, daß er selbst den Examinatoren ein Legat vermachte. Obiger Martin Hofmann starb im Jahre 1575. Der Pastor Primarius Tektander amtierte in Zittau von 1558—1579. Nachdem er noch die Pest erlebt und seine Gattin verloren hatte, starb er 73 Jahre alt am 10. April 1579. Leider gab es keine Nachfolger im Primariat, die dem Tektander geglichen hätten. Seine unmittelbaren Nachfolger Andreas Sünder und Bruno Quinos waren unruhige und leidenschaftlich streitende Männer. Quinos war von 1575 bis 1579 Archidiakonus, wurde aber nach unzähligen Streitigkeiten herüber und hinüber auf Betreiben des Pri marius Sünder entlassen. 1580 berief man ihn wiederzurück. Andreas Sünder, zur caloinischen Lehre geneigt, entweihte die Kanzel durch Schmähungen, besonders auf Dornspach, sodaß ihm 1579 mehrere Ratsherren in der Sakristei Vor stellungen machten. Es waren dies M. Wenzel Lankisch, Joachim Milde und David Rodochs." („Zittau in 7 Jahr hunderten" S. 66/67.) Wir sind am Schluß. Das einladende Geschichtsbild, das uns das Werden und Wachsen des Protestantismus in der schmucken, begüterten Lausitzer Grenzstadt Zittau zeigt, die noch heut wie ein Wächter evangelischen Glaubens und Lebens hart an der Grenze der Böhmer-Lande liegt, erhebt uns in dieser grauen haften Zeit mit ihrem Kamps und Streit, in der es auch um den Protestantismus geht, und spornt uns zur Stählung und Stärkung unserer deutsch.protestantischen Gesinnung an. IIIIIIIIIIIIMIMIIIIttlMIMIIIIllllMIMMIIIllllllMIIIIIIIIIIIIWIttlUlttllMIIIUINttllMUIIIUIIttl Frühling! fSkizzen von RudolfKrenz ^^rühling! — Von des Himmels lichtblauen Höhen strömt .WM es in verschwenderischer Fülle hernieder mit dem goldenen Eonnenglanz, aus der Erde quillt es in ungezählten, " rauschenden Quellen und Bächen und im Menschen selbst keimt es auf, groß und beglückend, flammend und schwellend, rauschend und brausend: Das neue Werden und Wachsen, der Wille zum Dasein, zur Schönheit, zum Leben! Wer könnte sich seiner Macht entziehen, wer es verleugnen? Wer fühlte nicht jenen feinen Dreiklang in sich tönen und schwingen, jenen harmonischen Klang von Lenz und Liebe und Wandern, der, beglückend und quälend zugleich, in diesen Tagen das Gemüt bewegt! Wohl niemand!... Lenz Fühlst du den Jubel, das Glück, den Sonnenschein, welcher in diesem Worte schwingt? Heilig und süß ist der Klang dieses Wortes, heilig und süß, wie Heller Glockensang am Ost-rsonntag- morgen, wenn er von des Kirchturms Höhe über des Dorfes ver schlafene Häuschen streicht, das Tal entlang zieht und nach den Bergen emporschwebt, auf denen der Sonne erste siegfrohe Strahlen liegen und verkünden: ... Bom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick!... Sag, lieber Leser, kann ein Fest, von Menschenhirnen ersonnen und von Menschenhänden bereitet, schöner sein, als ein rechter, echter Frühlingstag? Ich glaube es nicht! Und wenn du einen Teil von jener Liebe, welche dich lehrt, Heimat und Menschen, Baum und Strauch und alle diese Dinge, die um dich sind, zu lieben, besitzest, so glaubst du's auch nicht!... Lautes Sperlingsgezwitscher und inniger, volltöniger Amselruf lockten mich aus den Federn. Eine Weile lauschte ich dem kleinen schwarzen Sänger im blühenden Kirschenbaum, dann zog ich mich vollends an und schritt zur Stadt hinaus. Dem Tage ging ich entgegen, der langsam herausdämmerte. Und mit dem Heller werden wuchs auch die Zahl der Vogelstimmen, welche in das Morgenkonzert einfielen. Jubelnd stieg die erste Lerche in die