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54 Gberlauflhev Helmatzettung Nr. 5 Einen solch dummen Teufel hatten die Bautzener noch nicht gesehen. Der kroch meist, Deckung suchend, ängstlich an den Wänden hin. Irgend welcke Annäherung wies er brummig zurück. „Laßt mich ock e Ruh!" Hui, das war rin mundartlicher Teufel. Nun gtua das Hallo erst recht los. Tinig« Clowns führten ihm zu Ehren einen Höllenreigen auf. Lin frommer Pater verschwendete seine Beaehrungsversuche an ihm. Eine Hexe wollte ihn auf den Blocksberg zerren. „Ich gih ne mit!" brummte der Teufel, ritz sich los und schlängelte sich ans Büfett. Dort stand auch schon wieder der Türke mit der Rothaut. Den Teufel kennen wir sa. Und die beiden anderen, das sind Bauern aus Dloaschütz, die der Huferdl mitgeschleppt hat. Er kommt sich wirklich vor wie in der Hölle. Unter seinem Teufelshabit läuft fortwährend der Sckweiß in unzähligen Bächen zu Tal. Und se mehr der Ferdl trinkt, um so mehr schwitzt er und um so mehr macken die Kronensäle dem Kops weis, sie seien oorüberfliegende Mauern an der Bahnstrecke. Er stürzt soeben wieder ein Glas „Felsenkeller" hinunter, als plötzlick die Wände immer toller rennen Auf einmal ändern sie die Richtung, schieben sich von allen Seiten aus den Huferdl los, ein Krach und — der Satan liegt der Länge nach im Saal. Davon, daß die Rothaut und der Türke ihn in eine Drosckke verluden und nach dem „Goldenen Engel" rasselten, wußte Beelzebub nichts mehr. Es war gegen elf Uhr nockts, als sie mit ihrem Bierlransport vorm „Engel" hielten. Wie sie in ihr Zimmer kamen, wußten sie alle drei nicht. Bon Ausbleiben konnte keine Rede sein. Sie versuchten zwar, dem Teufel leine Kapuze abzuknöpsen, aber es war verlorene Liebesmüh. Fünf Minuten — und das Sägewerk war in vollem Betrieb. Aber was der Hvkerdl war, dem wurde es mit der Zeit doch recht ungemütlich. Wenn wenigstens der Spiritus aus seinem Kopfe einen Ausweg gefunden hätte! Aber die verflixte Satans- Haube! Huferdl erwachte. Wo er war, wußte er nicht. Er hatte nur das Gefühl, daß alles um ihn herum in gleichgültigem Nebel sckwomm. Das einzige, was er denken konnte, hieß Durst. Riesendurft. Er tappte im finsteren Zimmer umher. Nach und nach dämmerte es, aber nur in seinem Kops, und auch nur ganz wenig. Trinken — trinken! Ein gewisser Instinkt führte ihn die Treppe hinunter. Aber statt in die Gaststube, torkelte er zur Hinteren Tür. Alles war stockfinster. Noch langem Mühen hatte er die Tür geöffnet und wankte in den Hof. Aber er fand das Gesuchte nicht. Er wußte ja auch garnicht, was er suchte. In ihm lebte nur eine Begierde, die stachelte seinen Körper auf, ihr Befriedigung zu gewähren. Der aber war so schlaftrunken, daß er nur immer von der Stillung seines Wunsches träumte, ohne die Fähigkeit zu erlangen, es auch wirklich auszusührem Er torkelte von einer Wand zur anderen, schielte mit den Beinen in den und jenen Windel, bis er schließlich unklar empfand, in der Nacht sei wohl dos Beste, irgendwo Kopf und Zehen in gleiche horizontale Lage zu bringen. Nach einigem Toppen erwischte er eine Türklinke, die sofort riackgab. Aber die Schwelle! Was für ein Ding mochte das sein? Kurz, schmal und dabei erstaunlich hoch. Der arme Teufel schlug sich die Knie wund, ehe er hinauskam. Dann warf ihn aber auch der Schwung gleich kopfüber in das Innere. Nur gut, daß er weich fiel. An einer zweiten Schwelle hatte er sich dabei noch das linke Schienbein ausgeschlagen. Ein kalter Schauer kroch ihm über den Leib. Da bekam er noch mit Not und Mühe die Türe zu. Dann kroch er in das Weiche, Mollige hinein und verschied. * * * Abseits von den Kulturpsaden des 19. und 20. Jahrhunderts, in einer Gegend, wo sich die Füchte nicht mehr „Gute Nacht", sondern sogar nur „Dobra nutsch" zurusen, liegt ein S-ädllein. Die Einwohner und die Karte — es muß aber eine Spezial karte sein — nennen es Kamenz. Der Bolkshuwor hat für derlei Überreste aus einer längst entschwundenen Zeit andere Städtenamen. Zwischen Kamen, und Bautzen besckränkt sich der Verkehr auf die liebe alte Postkutsche, die zweimal wöckentlich bin unk her raffelt. Dabei ist zwar der Postillion mit seinem Seiäbrt etwas modernisiert worden, aber nur soviel, daß er weder in die alte, noch in die n-ue Zeit paffen will. Vormittags neun Uhr war es, als di« Postkutlcke schwer- fällig auf der Landstraße nock Kamenz zu huwp'lte. Wie weicker Flaum sckwebten spärliche Flocken aus die hartgefrorene E'd«. Insassen batte der Postwagen nickt. Es mar noch ganz finster gewesen, als er in Bautzen unter dem Torbogen vom „Gol denen Engel" durchgefohren war. * » * Der Höllenfürst! Nach dem müssen wir uns auch wieder umsckauen. Der war nun bald sertio mit Scknorcken. Mit einigen grun zenden Lauten richtete er sich in die Höhe. Ihm hotte eben geträumt, der Teufel stände neben seinem Bett und forderte Legstimationsvoviere von ibm. Wie er oesehen habe, es stecke in dem Satanshabit nur der Huferdl, da habe er bobnlachend seinen Schwanz an einen Bettfuß gebunden und rolle mit ibm nun der Hölle ,v. Der Huferdl ouckte kick wild um. Rollte dos nickt wirklich mit ibm fort? Er wollte ouffahren non seinem Laaer, sank aber sogleich wieder in ein Gewirr von Pferdedecken zurück. Der Atem stockte ibm. Seine zitternden Hände warfen In fiebernder Hast die Decken zur Seite. Dann fuhr er in die Höbe. Krack! O weh, er war mit einem Horn an die Decke angepraltt, daß ihm Hören und Sehen verging. Was war das? Do« fuhr sa wirklick! Hukerdls Herz scklug in Todesängsten. Wo war er? Das war ein Wagen. In gelindem Trab fuhr er durch ein Dorf. War er verhext? Er, der Herr und Meister aller Hexen? Er brüllte vor Schreck auf wie ein todwunder Stier. Hinaus, hinaus! Da vorn der Kutscher hörte den Schrei und drehte sich er- schrocken um. War dos nicht in seinem Wogen gewesen? Er hielt an und kletterte von seinem hohen Sitz herunter. Eben stürzte der Teufel zur Wogentür hinaus. Der Postillion war keines Wortes mächtig. Sein Gesicht wurde weiß wie der fallende Scknee. Die Knie brachen ihm. Er lag händeringend auf der Landstraße. Aber der Teufel kümmerte sich nickt um den armen Teufel. Er rannte ziellos die Dorsstraße zurück, ohne daß er sich seine« unzeitaemäßen Anzuges bewußt geworden wäre. In Panschwitz war olles wie ausgestorben. Auf einmal wurde Leben. Aus einem Fenster ertönte ein markerschütternder Schrei: „Der Teifl!" „Tschert, «scher«!" Der Schreie wurden mehr. Neugierig kamen aus den Scheunen die Drescher gelaufen. „Was ist?" Aber wie von Furten getrieben, eilten sie entsetzt zurück, schloffen die Scheunenlore, fielen aus die Tenne nieder und plärrten in Heidenangst sinnlose Gebete. Überall, wo der Teufel vorbeikam, heulte und brüllte es durcheinander. Da dämmerte in dem Huferdl etwas aus. Er konnte doch nicht bei Hellem lichten Tage in Steiger Seph seiner Satans haut Herumlaufen. Er blieb stehen, sah sich um und — ein entsetzliches Angstgeschrei ließ ihn zusammenfahren. Aus der Dorfschenke sahen ihm schneeweiße Angesichter br- stü'z'kr Bauern entgegen. Was tun?