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Käme, das aber bei uns noch viel zu wenig bekannt ist, ist der Rennwols. — Die jetzt meist übliche Form des Wintersportes auf den überfüllten Eisbahnen unserer Groß- und Mittelstädte bietet außer dem Werte der andauernden körperlichen Bewegung an sich wenig Vorteilhaftes für unsere Gesundheit, da diese Be wegung nicht in reiner Luft vor sich geht. Besser sind die daran, welche den Eislauf auf großen Flächen fern von dem Industrie gebieten ausüben können. Die Ausübung des Sportes löst im Sommer infolge unangeneh mer Hitze leicht ein Gefühl der Ermüdung aus. Anders wirkt der Wintersport. Die Winterkälte schafft Anregung und Belebung für alle körperliche Tätigkeit, für die Atmung, den Blutumlauf und die Verdauung. Gegenüber aller geistigen Tätigkeit wird ein wohltuender Ausgleich geschaffen, wie ihn körperliche Arbeit allein nicht bieten kann. Besonders nervös veranlagte Geistes arbeiter werden den tiefen, gesunden Schlaf, der sich als Folge vernünftig betriebenen Wintersportes einstellt, als recht wohl tuend empfinden: Lebenslust, heitere Stimmung und damit er höhte Arbeitslust kehren wieder ein. Die ängstliche Abschließung unseres Körpers vor jedem kalten Lusthauch hat noch nie die Gesundheit gefördert. Berufe, die zu viel Aufenthalt und Arbeit in frischer Luft gezwungen sind, (Förster, Waldarbeiter und dergleichen) weisen eine längere Lebensdauer auf, als Stubenhocker. Sie sollten uns als Bei spiel dienen. Lbttg. Die Feier des Gregoriusfestes in Bautzen Bon O. Schöne gegenwärtige Monat März erinnert den Geschichts- freund an ein eigenartiges mittelalterliches Schulfest, welches im vorreformatorischen Zeitalter als das Hauptfest aller Schulen und noch bis in spätere Iahr- Hunderte hinein als das wichtigste Fest der städtischen Gelehrtenschulen galt. Es ist das Gregöriusfest, ein nach dem 12. März, dem Gregoriustage, benanntes Fest der Schul jugend und ihrer Lehrer, dessen Feier man besonders im ^.Jahr hundert mit einem großen Schaugepränge auszustatten pflegte. Wie bei manchem anderen mittelalterlich-christlichen Feste ist jedenfalls auch der Ursprung des Gregoriusfestes in römisch heidnischer Zeit zu suchen. Jedes Jahr iin März wurde zu Ehren der Minerva, der Göttin der Weisheit und Beschützerin der Künste und Wissenschaften, in den römischen Schulen ein fünf tägiges Fest gefeiert, welches zugleich den Schluß des alten und den Anfang des neuen Schuljahres markierte. Es fanden an diesem Tage feierliche Umzüge, Opfer, Wettkämpfe von Rednern und Dichtern, und Gastmähler statt. Es läßt sich nun nicht mit Sicherheit behaupten, ob dieses römische Schulfest vom Papst Gregor dem Großen oder von Gregor Hl. oder IV. in den Dienst des Christentums gestellt worden ist. Gewiß aber istGregor der Große, der Verbesserer des geistlichen Schulwesens und der Schöpfer des kirchlichen Chorgcsanges, der allgemein verehrte Schutzherr der geistlichen Schulen, derjenige, zu dessen Andenken das Fest an seinem Todestage, dem 12. März, begangen wurde. Und wie einst im heidnischen Rom das Götterbild der Minerva dem Zuge vorangetragen wurde, so erschien nunmehr ein Schüler im päpstlichen Gewände, den Bischof Gregorius darstellend, und ihm zur Seite zwei Knaben als seine helfenden Kapläne. Und wie sich ehedem der Zug nach dem Tempel der Minerva bewegte, so zog man jetzt zur Kirche, um dem Feste eine bestimmte kirchlich religiöse Weihe zu geben. Uber die Feier des Gregoriusfestes in unserer heimatlichen Oberlausitz liegen zahlreiche Nachrichten aus älterer und neuerer Zeit vor?) Vorzüglich bieten die älteren Berichte über dieses an Eigentümlichkeiten reiche Fest vielfach Gelegenheit zu fesseln den kulturgeschichtlichen Streiflichtern. Es ist zweifellos eine dankenswerte Ausgabe, dieselben einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Es soll nun im folgenden auf einiges von dem näher eingegangen werden, was chronikalische Aufzeichnungen und andere glaubwürdige Nachrichten von der Bautzener odel- richtiger Budissiner Gregoriusfestfeier zu berichten wissen. Wie anderwärts folgte auch in Bautzen dem Festgottesdienst der zweite Hauptteil der Gregoriusfeier, nämlich die Aufnahme der neuen Schüler. Die älteren Schulbesucher holten alle die jenigen Knaben aus ihren Häusern ab, welche als neue Scholaren angemeldet worden waren. Man warf ihnen dabei ein weißes Chorhemd über und führte sie als „Gregorianer" in festlichem Zuge zur Schule. Dabei wurden die älteren Schüler von den Bürgern der Stadt sowie von ihren neuen Mitschülern mit aller hand Backwerk beschenkt. Auch die Lehrer hielten an diesem Tage ihren Umgang, sie empfingen dabei freiwillige Gaben der Bürgerschaft. Daß auch in Bautzen bereits im Mittelalter der Gregoriustag in dieser Weise gefeiert wurde, beweist Paragraph 1 der auch im übrigen ungemein wichtigen „Budissinischen Schulordnung von 1418", welcher folgendermaßen lautet: „Ein neuer Schüler zum St. Gregorii-Tage, der soll vom ersten geben 2 gl. dem Meister zum Lohn und fürbaß frey seyn bis auf St. Michaelistag, ob er bleibet bey der Schule: und man ihn die Schüler holen, vor l gl. Pretzel, oder hierauf, ist er arm, so giebet er nichts."**) Die Reformation hatte für das Fest keine wesentlichen Ände rungen im Gefolge. Wohl aber brachte es die Gründung der Gelehrtenschulen in jener Zeit mit sich, daß man bei den Gregorius- aufzügen außer der Gestalt des Papstes und den verschiedenen Ständen der bürgerlichen Gesellschaft nunmehr auch die Götter und Göttinnen der griechischen und römischen Mythologie und allerlei sinnbildliche Figuren darzustellen begann. Dem Ge- schmacke der Zeit folgend, gefiel man sich von der Mitte des 17. Jahrhunderts an in einer maßlosen Versinnbildlichung und Vermenschlichung aller möglichen Begriffe. „Devisen" und „Symbola" mußten die sonst unverständlichen Darsteller erklären. In der Oberlausitz scheinen diese Art sinnbildlicher Schauzüge zuerst in Bautzen Aufnahme gefunden zu haben. Die älteste Be schreibung eines solchen stammt aus dem Jahre 1643 von dem damaligen Rektor Theil, in dessen Händen auch die ganze Veranstaltung lag. Damals wurden die vier Jahreszeiten dar gestellt, und zwar der Frühling durch „Venus" mit Blumen in der Hand und begleitet von den „Grazien" und „Cupido": der Sommer durch „Ceres", die mit Ähren geschmückt ist, auf Garben sitzt und von einem Bauer und einer Bäuerin samt deren „Ackergeschirr" begleitet wird: der Herbst durch den „wohl bekannten Saufgötzcn Bacchus": der Winter durch „Aeolus". Bei dem nächstjährigen Gregoriusfeste wurde zur Darstellung gebracht, wie „Adam der Erste, Loth der Gottesfürchtigste, Samson der Stärkste, David der Streitbarste und Salomon der Weiseste von den Weibern seyn verführt und zu Falle gebracht worden, wie uns solches die heilige Schrift andeutet." Vom Jahre 1691 gibt es eine auf einem Foliobogen gedruckte Ankündigung des „Gregorianischen Schulfestes." Die Über schrift zu dieser Aufführung lautet: Das geliebte Vaterland Oberlausitz. Der Festzug wies 19 sinnbildliche Figuren und Gruppen auf. Einige derselben, welche an die Geschichts- und Heimatfeste der Gegenwart erinnern, verdienen besondere Er wähnung. Wir geben dieselben im Wortlaute wieder: „Nr. 4. Ein Puschmann mit einer Sprize, weil diese Gegend nichts als Wald gewesen. Nr. 5. Etliche in deutscher Nr. 6 Etliche in Wendischer Kleidung. Nr. 9 von Polen, Ungarn, Böhmen, weil diese Völker die Lausiz oft bekrieget. Nr. 10. Ein Römer mit dem Wappen der Oberlausitz. Nr. 14. Lin Markgraf, welchem etliche Soldaten folgen. Nr. 15. Der König in Böhmen. Nr. 17. Der Churfürst von Sachsen, begleitet von einer Suite Cavaliere und den sämtlichen Hofleuten. Nr. 18. Die Sechsstädte, in welche O. L. eingetheilt wird, und welche eine Kette zum Zeichen der Einigkeit zusammenbindet. Nr.2l. Idololatria, das Bildnis des alten Abgotts Flins. Nr. 28. Einige Nymphen mit Sprizzen die Flüsse der Oberlausitz anzudeuten. Nr. 29. Ein Fischer, weil wir mit Karpfen, Hechten, Forellen usw. wohl versehen sind. Nr. 34. Venus und Cupido, welchen folgt Nr. 35. Ein Bürger mit Weib und Kindern die eheliche Liebe abzubilden.'