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seinem Maskenball in Bautzen, da« suchte er aus allen Schub» säckern seiner Erinnerung hervor, bis er selbst nicht mehr mutzte, ob der ganze Ball nur seinetwegen gewesen war, oder ob er ziemlich blöde, immer an eine Säule gelehnt, in das bunte Gewirr gestarrt hatte. Das letzter« deckte sich fast mit dem wirklichen Geschehnis vor dreißig Jahren. Der Huserdl hört« zu wie einer, der erst von gestern wäre. Ob man's versuchte? „War wörd denn woan an Mosknboll no Bautzn fohrn, Onsinn," brummte er verächtlich. Dabei spie er wieder eine unförmliche Wolke aus. D>« teilte sich, wälzte, dehnte sich und mit einem Male war ein Kobold fertig. Wie ein kleiner Teufel sob er aus, schmutziggrau. Meckernd schwang er sich aut den Osensims, legte sich der Länge hin auf den Bauch und grinste nach dem Huferdl hinunter. Der Seph sah nichts davon, obwohl er der Msticköpser des Teufleins war. Er sagte so leichthin: „Nu, Du fährst doch su wie su wagn denn Iungn no Bautzn." Da sprang der Kobold herunter und fuhr flugs wieder heim in Huserdls Kops. Für ein Teuflein ist so ein Kopf etwas ganz anderes wie tür uns Menschlein. Das kennt sich dadrin aus wie die alte Marthli-se in ihrem Krävterkasten. Wie da an jedem Schubfach die Namen stehen: „Pfefferminze, Gelb- suchtkraut, Rauchsalm. Stiefmütterchen", so kann ein Teufel» cken an jeder Gehirnfurche lesen: Dummheit, Eitelkeit, Stolz, Lüsternheit. Dem Huserdl sein Kobold schloß behend zwei Türen aus in dem Hirnlein. Da krochen zwei neue Teuslein raus: Eitelkeit hieß das eine, Neugier das andere. Dir drei tanzten einen tollen yöllenreigen nach der Melodie: „Schöne Seelen finden sich." „Su übl wär's ne," sagte der Huserdl. Der Kobold Eitel» keti machte einen Luftsprung, was den Huserdl zu dem Ge danken veranlaßte: „Iei ja, ehr Neundorfer, ihr ward gucken nnd staunen, wos ich war erzählen können." .Nu, ond wos ich gor no für an Mork ho, wirst Dich wundern. Die könnist überhaupt glei mitnahm. Mir sein doch e enner Statur," meinte Steiger Seph. „Wos dn?" „Soll'ch se huln?" „Nu." Der Steiger Seph schlürfte zur Stube hinaus, knarrte die Treppe empor und dann patzte er in der Kammer rum. Rach einer geraumen Weile brachte er eine gewaltige Hocke herein. „Ich ho örst de ganze Lod' ausräumen müffn," meinte er. Der Kobold Neugier machte einen Lustsprung. Da griff der Huserdl in dos Bündel hinein und fühlte etwas Rauhes und Stachliges. Schließlich kam ein richtiges Fell zum Vorschein. Line Jacke war s mit angenähten Hofen, inwendig aus dickem Zeug und auswendig mit schwarzem Pelz besetzt. „ s ös richtg zon Oziehn," sagte der Steiger Seph. „Ne über Dich aber o." Huserdl schüttelte verwundert den Kopf. „Nu, do nimm Dir's ock mit, Huserdl." „Dos do ? Ich meß ja gor ne, wos es ös." .Wos wörd's sein. A Teifl." „Wo — wo — wos? A Teifl?" „Nu." .Ne, 's ös orndlch gor aus. „Dos ghiert o no derzu." Damit zog der Steiger Seph eine schwarze Haube hervor, deren Vorderteil eine grinsende Fratze trug. Gekrönt wurde sie non zwei mächtigen Hörnern. Huserdl kam aus dem Kopssckütteln nicht mehr heraus, so daß die Teuflein in seinem Kopf immer von einer Wand zur anderen geschleudert wurden. „Ne, do wörd nischt, dos kömmt en ja en Traum ei," so brummte er. „E, bis ock ne olbern!" „Pack s ock wieder ei!" „Nu ja, aber für Dich," sagte der Steigerbauer und knüpfte das Teufeishabit wieder in das blau» und weißgekästelte Tuch. „All Ding mack wer ne, nee, nee, Seph." „Woröm dn ne ?" Huserdl gab seiner Stimme einen markigen Klang und fuhr den andern, der ganz gleichmütig drrinsah, barsch an „Weil mir's zo olbern ös." „Nu, do läßt s blribn." „Jawohl, mach ich o." Dabei zündete sich der Huserdl seinen ausgegangenen nega tiven Duftträger wieder an, nahm das Teufelsbündel unter den Arm und schritt der Tür zu. Nach einmal drehte er fick um, „Seph, schämst 'ch ne, sött Dommhetn zo mach»?" sagt, er verächtlich. „Nö." „Nu, ich o ne. Gu Nacht, Seph." „Gu Nacht, Huferdl" v * , * .... In der Gesindestube beim Huibauer saßen sie oll« um den Tisch und fuhrwerkten mit den Löffeln in einer Schüssel von Erbs- suppe herum, als der Bauer mit seiner Höllenunisorm hereintrot. „Anton, gieh amol mit nuff!" Der Großknecht guckte erstaunt nach dem Bauer. Was sollte denn das sein? Ist dos eine Art und Weise, die Leute beim Essen stören? Die Neugie^ legte ihm ober den Löffel aus der Hand und schob ihn die Treppe hinaus hinter dem Bauer her In dessen Kammer ging's nun an s Ausknüpsen. Dabei bekam der Knecht einleitungsweise ein Kapitel zu hören über die Dummheit der Menschen im allgemeinen und die Albern heit des Steiger.Seph im besonderen, was ihn, den Knecht, übrigens gor nichts angehe. Der konnte sich aus alledem nur den einen Vers macken, daß sein Bauer einen geschmettert haben müsse. Aus dem Vortrag des zweiten Kapitels wurden ihm nur einige zusammenhanglose Brocken verständlich von Teuselspielen, Maskenball und Bautzen fahren. Darauf folgte in eindringlichen Worten etwas höchst Unnötiges, ein Schweige- verbot, obwohl der Anton noch gar nicht wußte, was es zu verschweigen geben sollte. Bald aber ward's ihm klar. Huferdl zog aus der Hocke die Teuselstracht hervor. „Weißt, wos dos ös?" fragte er den Knecht. Der guckte mißtrauisch nach dem behaarten Ungetüm und meinte mit verächtlichen Mienen: „Hm, su an Automobbt- Klunker, verdammte". „Ne, an Teiflslumperasche." „Wos?" „An Teiflsjack." „Qs wuhe, ne su wos!" Der Husbauer fuhr jetzt langsam aus der Haut und kroch in die neue hinein. Die mutzte ihm der Anton hinten zuknöpfen. Ein biffl eng war sie ihm. Da hieß es, morgen die Weste auch ausziehen. . . Der Knecht konnte gar nicht fertig werden mit Zuknöpfen. Entweder er saß aus der Lade neben dem Bette, krümmte sich vor Lachen und schlug im Zweioierteltakt auf seine Oberschenkel ein, oder er hüpfte wie ein Sperling um den leeren Kuchen rahmen herum und hielt sich pustend und stöhnend den Bauch. Endlich war er mit seiner Arbeit zustande gekommen. Gar die schwarze, gehörnte Haube saß auf Huserdls Kops. Auf den Schultern, am Rücken, an der Brust, ringsum war sie fest.' geknöpft. Nun stand er da, der Höllenfürst, in seiner ganzen satanischen Pracht. Die Arme an die Hüsten gestemmt, guckt« er hochmütig in den Spiegel. „Anton, ein vor schwarze Handschn brauch' 'ch no. Gieh amol niber zo Bäcks Gust, ob dar welche Hot!" Ehe der Knecht hinausging, guckte er nicht etwa nur mit weitgeöffneten Augen auf den Schwarzen, nein, mit allen Sinnen sog er das Bild in sich hinein. Er erstickte schier am Lachen: „Ahahaha—uh—uh- uh— oooohoho hö." Dabei turnte e, fortwährend Kniebeuge. Auf — ab. Auf — ad. Draußen satz er dann aus dem obersten Treppenstufen, di« Arme über die Knie gelegt und den Kopf auf die Arme ge»