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-Nr. 25 Gi-schpini olle«' !Lc>ge Z^eeiVogs' 3. Jahrgang Scdristleitung unö Gescstafksstcüe iri Reictzenau.Sc». Fernsprecher Nr 21^ Sonntag, 10. Dezember Öulmond) 1022 Blatter für L?simatkunöe ^HÜÜV Gefcf)icf>te, ^KuM Literatu IWI»I Il„«I »MIIHMN Drucf u.Verlog.ÄlwinMar^ (Inst. Oüo Marz-) Süölausitzer Nacstci'cst(en,Ne!cstcnau?So. unbk»r*eck)tiyten vk»nboten Sternbilder H D Orion pirscht über den Himmel, A L Sein silberner Pfeil schwirrt gier, M 8 Getroffen bricht im Fluge 8 L Ein königliches Tier. A An fernen Bergesklippen A Erbleicht des Schwanes Glut^ U 8 Ich bin die Silberschale F Und trinke sein goldenes Blut. s. R»b«j-. A Die goldenen Dächer von Kirschau Bon Otto Flösse!, Bautzen neuer Ort ist in der Lausitz entstanden. Zwar RMM „neu" nicht im Sinne des Werdens von Freital im Plauenschen Grunde. Der Name Kirschau ist alt. Der faule Wenzel von Böhmen, der sich sonst Kein rühmliches Gedenken in unserer Lausitzer Heimat gesichert hat, nennt ihn schon im Jahre 1363. Er hat einen schnöden Handel mit dem Dorfe — „Zur Kutschen" wurde es damals genannt — getrieben, den seine Getreuen, die Großen der Lausitz, weidlich fortsetzten, und der schließ lich damit endete, daß der Ort an das Bautzener Domstist fiel, zur Hälfte als Geschenk „zu einem Seelgerät", zur Hälfte für 250 blanke ungarische Gulden. Man braucht aber garnicht ein halbes Jahrtausend zurück zublättern in der Dorfchronik. Vor hundert Jahren noch war es eins der ärmsten Nester in unserm Lausitzer Winkel, halb wendisch. Kaum ein Dutzend Häuser hatte es aufzu weisen. Häuser? Erbärmliche Hütten mit bemoosten, wind- schiefen Strohdächern, durch deren Löcher der Wind pfiff, daß die kleinen Lehmbuden nur so zitterten. Ja, damals war die stolze Zeit vorbei, in der die Ritter droben auf dem Schloßberge prunkvolle Feste feierten und die Beute ver praßten, die ihnen durch Wegelagerei geworden war. Kaiser Karl hatte den Herren ihr Handwerk gelegt. Seit dem war es, als wäre der Name des Dorfes ausgelöscht ' aus der Geschichte. Selbst in Bautzen wußte man kanm etwas von ihm. Hinter den niedrigen Fenstern saßen bleiche, hohlwangige Gesichter. Der Webstuhl sang ihnen das ein- tönige Lied der Armut, tagaus, tagein, von der Wiege bis zum Grabe. Ja, man muß nicht einmal hundert Fahre zurückgehen. Die alten Leute im Dorfe wissen einem noch davon zu erzählen. Sie sind selbst noch mit dem Korbe auf dem Rücken gegangen und haben Pfucken aus Hainitz und Zaspeln von den Löbauer Märkten geholt, um „Packelt" (Packleinewand) daraus zu weben. Und heute? Man kennt dieses Kirschau nicht wieder. Wer noch vor zwanzig Jahren zum letzten Male dort weilte, vermag im Ortsgesicht verwandte Züge kaum mehr zu finden. Es ist herausgewachsen aus den Talungen auf die umgeben den Höhen. Die alten Weberhütten kuschelten sich noch an der Spree um den Schloßberg zusammen, bänglich fürchtend, heut oder morgen zusammenzustürzen. Die Häuser des neuen Kirschau stehen aufrecht und frei auf den Hügeln. Ihre roten Dächer leuchten dem Wanderer auf Straßen und Wegen von weitem schon freundlich entgegen. Ihre Hellen Wände sprechen deutlich von Wohlstand und Gesegnet-Sein. Wer hätte damals gedacht, daß das arme Dörflein einmal zum reichsten Orte der Lausitz, vielleicht des ganzen Lande» werden würde! Und doch liegen die Anfänge zur heutigen Größe im Schdße jener Weber, die zum Schiffchenspiel ihr Liede! sangen: „Jahraus, jahrei, ei'n gleichen Takt Gilt unser Schützenlous, Aus Schuß und Kette wirken wir Manch „Haderleimdl" auf. Zwee Etickl möchten 'n Tag schun warn, Sist lang'n de Pfänge nich Zu Prajelsaz und Apermus, Ej Bällchen Korn für mich." Das war ums Jahr 1845, als der Webergeselle August Friese in Kirschau einwanderte. Zwanzigjährig, hoch- geschossen, arm bis auf das Bündel, das er auf dem Rücken trug: so kam er von Berthelsdorf herüber, ein Waise, der schqn frühzeitig mit hinterm Stuhle sitzen mußte. Hatte er vom Goldschätze gehört, der im Schloßberg verborgen liegen sollte? Kam er, ihn zu heben? Fast scheint es so. Denn das Garn wurde unter seinen Händen zu Gold. Mit zwei Webstühlen fing er an. Heule ist die Firma „Gebrüder Friese A.-G." die größte und leistungsfähigste Scheuertuch- und Deckenfabrik der Welt. Zwei Menschenalter nur dauerte der Aufstieg. Wahrlich, das ist amerikanisches Wachstum! Aber es war ein beschwerlicher Weg. Nicht ständig surrte der Webstuhl. Es gab magere Jahre. Da ging der Weber Friese zu den Bauern des Dorfes und der Nachbarorte in die Häuser schlachten. Immer aber kehrte er zum Webstuhl