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Die Schlafmäuse unseres sächsischen Vaterlandes Von Rud. Zimmermann, Dresden on den vier in Deutschland beheimateten Schlafmausarten, dem Siebenschläfer, dem Gartenschläfer, der Haselmaus und dem Baumschläfer, von denen aber nur die drei erst genannten eine größere Verbreitung besitzen, während der Daumschläfer nur ganz vereinzelt in Schlesien vorkommt, gehören der Sieben- und der Gartenschläfer sowie die Haselmaus auch der sächsischen Tierwelt an. Da sie aber alle drei bei uns noch verhältnismäßig wenig gekannt sind und wir vor allem auch über ihre Verbreilung in unserem engeren Vaterlande Sachsen bis vor wenigen Jahren noch auf das dürftigste unterrichtet waren und es auch heute noch nicht in der wünschenswerten Vollkommenheit sind, da ferner schließlich auch die Tiere, deren Verbreitung sich. ja teilweise auch über die Lausitz erstreckt, z» den interessantesten Bürgern der vaterländischen Säugetierfauna gehören, dürfte es nicht »«lohnend sein, die Verbreitung und die Lebensweise dieser drei Nager in unserem Sachsenlande einmal einer zusammen fassenden Betrachtung zu unterziehen. Dabei sei dieser aber zu nächst eine kurze Beschreibung der Tiere selbst, die, wie schon erwähnt, bei uns noch recht wenig gekannt und selbst an dm Orten häufigeren Auftretens vielen sogar gänzlich unbekannt sind, »orausgeschickt. Die Familie der Schlafmäuse, der Siebenschläfer sowohl wie auch Gartenschläfer und Haselmaus zugezählt werden, gehört zu den Nagetieren und bildet innerhalb dieser gewissermaßen das »ermittelnde Bindeglied zwischen den Eichhörnchen einerseits, an das die Schlafmäuse durch den behaarten, etwa körperlangen Schwanz erinnern und mit dem sie das Baumleben gemein haben, und den Mäusen andererseits, an die die großen, fast kahlen Ohr muscheln erinnern. Es sind durchweg kleinere Tiere —die größte deutsche Art, der Siebenschläfer, bleibt an Größe noch immer hinter dem Eichhörnchen zurück und die kleinste, die zierliche Haselmaus, ist nur mäusegroß —, die vorwiegend in Laub- und an Laubholz reichen Mischwäldern, in lichten Hainen und Buschhölzern, sowie in baumreichen Gärten sich aushalten und zum Teil auch den menschlichen Wohnstätten zugewandert find. Ihre Lebensweise ist eine ausgesprochen nächtliche; den lichten Tag verschlafen sie an allerlei verborgenen Schlupfwinkeln oder in selbstgefertigten Nestern und erst von Beginn der Dämmerung an wird man sie in der Regel im Freien antreffen können. Charakteristisch für sie ist der Winterschlaf, den alle hallen und der besonders beim Siebenschläfer — der diesem Umstande ja auch seinen Nam"en verdankt — von recht langer Dauer sein kapn und an Länge in der Regel den der anderen winterschlafenden vaterländischen Säugetiere übertrifft. Der Siebenschläfer (N^oxuo gli8 I..) oder der Bilch, wie er noch genannt wird, erreicht einschließlich des 13—15 Zentimeter messenden Schwanzes eine Gesamtkörperlänge oon gegen 30 bis 32 Zentimeter und ähnelt etwa einem kleinen grauen Eichhörn chen. Der dichte und weiche Pelz ist von aschgrauer Farbe, die an der Unterseite des Körpers in ein reines Weiß übergeht. Die Ohren sind groß und nur dünn behaart (mäuseähnlich), die Augen ebenfalls groß, von tiefschwarzer Farbe und von einem dunklen Ring umgeben. Im Verein mit den langen Schnurrhaaren ver raten sie uns schon äußerlich des Tieres nächtliche Lebensweise. Der Gartenschläfer (CIiomzr8 qusrcinus 1^.) bleibt an Größe um einiges hinter dem Siebenschläfer zurück; er erreicht bei einer Schwanzlänge von gegen 10—11 Zentimetern einx Kopfrumpf länge von gegen 14 Zentimetern (von mir während des Krieges in Frankreich gesammelte Tiere übertrafen diese Maße allerdings noch um einiges) und ist auch sonst sehr gut von seinem Vetter unterschieden. Denn im Gegensatz zu diesem ist seine Farbe eine braune, mit einem hin und wieder vorhandenen Anflug ins Graue. Die Unterseite ist, von der Farbe der Oberseite scharf abgesetzt, weiß. Den schwarzen Ring um das Auge besitzt auch er, er ver längert sich aber nach hinten und setzt sich inForm eines schwarzen Streifens unter dem Ohre bis zum Halse hin fort. Der Schwanz, dessen Behaarung keine so dickte wie beim Siebenschläfer ist, sich am Ende aber pinselartig verlängert, ist deutlich dreifarbig, in seiner ersten Hälfte zeigt er das gleiche Braun wie der übrige Körper,'in der Endhälfte aber wird er schwarz, während die Unter- seite weiß bleibt. Der Kopf erscheint gestreckter, mäuseartiger, als wie beim Siebenschläfer, die großen, kaum behaarten Ohr- muscheln sind fleischfarben, die dunklen Schnurrhaare an ihren Spitzen Heller. Wesentlich kleiner als Sieben- und Gartenschläfer, nur maus groß, ist die Haselmaus (IVlu8curciinu8 uveilanurius l^.), die eine Gesamtlänge von gegen 14 Zentimetern erreicht, wovon elwa die Hälfte auf den ebenfalls wieder behaarten (ein gutes äußeres Kennzeichen allen unseren Mäusen gegenüber bildenden) Schwanz entfällt. Ihre Farbe ist ein schönes Gelbbraun, das an der Unter seite einen etwas lichteren Ton annimmt und nur an Kehle, Brust und den Füßen ins Weiße übergeht. Der Siebenschläfer wird für Sachsen ohne nähere Fundorts- angaben zuerst 1810 von Ludwig und kurz darauf von Mosch erwähnt, der in seiner in den Jahren 1816—1818 erschienenen — allerdings etwas unvollständig gebliebenen — historisch-topo- graphischen Beschreibung von Sachsen ihn für das Amt Pirna im allgemeinen und für den OrtReinhardsdorf bei Schandau im besonderen nennt. 1863 führt ihn dann Päßler für Meerane auf, dessen Angabe 1869 auch Neidisch in sein Verzeichnis der Säuge- tiere Sachsens ausgenommen hat und dabei als weitere Fundorte noch den Lößnitzgrund bei Dresden, die Sächsische Schweiz und Waldheim nenni. 1882 hören wir dann wieder von des Nagers Vorkommen auf dem Baltenbcrg (im Grenzgebiet des Elbsand- stein- und des Lausitzer Gebirges), wobei in Unkenntnis der früher gemeldeten Funde des Nagers gesagt wird, daß der Valtenberg der einzige Ort Sachsens sei, an dem das Tier vorkomme. Im gleichen Jahre wird aber auch noch aus dem Plauenschen Grunde bei Dresden als ein ehemals vorhandenes, inzwischen aber ver schwundenes Tier als „kleiner Siebenschläfer" eine Schlafmaus erwähnt, die im späteren Schrifttum zwar überall als Sieben schläfer segelt, bei der es sich aber wahrscheinlich gar nicht um unser Tier, sondern um die Haselmaus, vielleicht auch um den Garten schläfer gehandelt hat. In den neunziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts dann stellte Förster Wünsche in Sä milka diesen Schläfer am Großen Winterberg (Sächsische Schweiz) fest und kurz darauf Dr. Beck am Königstein. Außerdem wurde er um die gleiche Zeit noch bei Maxen und erneut auf dem Baltenberge beobachtet, welchen Funden sich für die Folge noch weitere von schon bekannten Orten der Sächsischen Schweiz anschlossen. Ich erfuhr 1914 bei einem Besuche des Valtenbcrges, daß das Der auf dem Gipfel des Berges, auf dem es ehemals überaus häufig gewesen ist, seines Schadens wegen ausgerottct und in neuerer Zeit nicht mehr beobachtet worden sein soll, dagegen aber am Fuße des Berges sich im Laubwald noch finde. Zeitungsmeldungen sprachen dann weiter von einem häufigen Vorkommen des Schlä- sers um Copitz bei Pirna. Für Pirna selbst bestätigte mir das Berhandensein des Nagers Oberlehrer Prof. Dr.Bogel in Pirna. An Ort und Stelle erhielt ich dann auch noch zuverlässige Mit teilungen vom Vorkommen des Nagers bei Schandau und dem Fund einiger Tiere bei Rathen, ebenfalls wieder im Gebiete der Sächsischen Schweiz. Im Jahre 1900 stellte Lehrer Hempel in Chemnitz den Sieben- schläfer in Burgstädt, im mittleren Teile des Chemnitztalcs bei Markersdorf und Diethensdorf, sowie in Wechselburg fest, während ich selbst auf das Vorkommen des Tieres auf dem Rochlitzer Berge, in der Stadt Rochlitz und in der Gegend von Grimma, aus der es auch früher schon durch M.Höpfner erwähnt morden war, Hinweisen und später diesen westsächsischen Fund plätzen noch eine ganze Anzahl weiterer, nämlich Rochsburg und Lunzenau, Wiederau, Noßwitz und das Köttwitzschtal bei Rochlitz, die Colditzer Gegend (besonders Colditz, Collmen und den Col- ditzer Wald), das Moorbad Lausick und Töpeln an der Einmün- düng der Zschopau in die Freiberger Mulde angliedern konnte. Zu diesen Funden kommen dann als in jüngerer Zeit festgcstellte