Volltext Seite (XML)
Doas ös woas, wu dr Stoaht oabackng mößte! Doo wiär o no woas ze huhln und geraicht wiärsch o ock! Wennch ennr su a Wanstl zugeläht hoht, dar moagks o verstoiern! Doas woar a Gedanke, dar wer doo uhf dr Foahrt no Gruh. schiene koam, und 's wiär wer ock raicht, wennch dr Reichsdahg dar Sache oanahm bäte. Kottmar. **) Hagcbuttcn *") Bovisten, -s-) Heuschrecken. Die Doktorfuhre Bon Richard Blasius lter Hockwenze', wer im ganzen „Soonrnfleckl" hätte dich wohl nicht gekannt, wenn du mit deinem rot- und weißgescheckten Fellranzen durch die Dörfer stampftest! Du warst sicher keinem einzigen Kind« ein Fremder. Für jedes kranke Mädel war der Rus: .Der Hockwenzrl kimmt!" die beste Medizin. Da konnte kein Kamillentee ran und kein Teufelsabbiß. Wo sich eine Herde Zungen iy wüstem Knäuel aus der Straße balgte, da war das Signal von deinem Kommen der beste Friedensstifter. Und das tobte dann hinter und nor dir her wie die wilde Zagd. Aber du warst ein Schelm, Hockwenzel, ein ganz ge riebener. Dir fiel es gar nicht ein, den Kindern ihren Spaß zu verderben oder auch nur eine unwillige Miene zu zeigen, wußtest du dach ganz genau, daß unser Lärm die beste und wohlfeilste Rekiame für dich war. Heut deckt dich längst der Kühle Rasen. Du warst der Letzt« deiner Zunft. Alles hat sis seitvem geändert. Die dich als Kinder umtobten, sind nun Männer geworden. Was sollte auch heutzutage «in tzockwenzel, wo in jedem noch so klein«» Dörflein irgendwo das Schild: .Schnittwaren' Handlung' prangt? Du wüidest kaum etwas los werdrn von deinen Leinenhemden, Blaudruckjocken und Schnupstüchein. Wie schon gesagt, ein geriebener Fuchs war er, von dem noch mancher Schwank im Umlauf ist. Am meiste» ist die Geschichte von der Doktorsnhre belacht worden. Ihr sollt sie hören. Bleiben wir aber vorläufig stehen und guck n in Hockwenzels Jellranzen! Was drin war, wissen wir schon. Er durchstreifte alle Dörfer, und selbst das abgelegenste Woldhäusrl konnte ihm nicht entgehen. Zureden hilft. Das war der oberste Glaubenssatz in seinem Hausierer-Katechismus. Wenn er seine Leineuhemden heraus zog, beteuerte er in Heller Begeisterung: „Wore wie a Bratl, ne enizwee zo Kriegen." Es war rin wundervolles Bild, der Leinewand eines Hogarth wert, wenn er seinen Kunden die Vorzüge seiner Artikel pries. Die Augen schloffen sich in stummem Entzücken, beide Hände hoben sich bis zu, Schulterhöhe und das Gesicht wandle sich gen Himmel. Auf diese Weise versuchte er bildlich darzustellen, wie man die Herrlichkeiten seines Ranzens mit sehnsüchtigem Verlangen als segensreiche Himmelssprnde in Empfang nehmen möge. Wunderbarerweise hielt das die Leinewavd durchaus nicht ab, zu reißen, wie es ja schließlich jede Leinewand tut, nur daß es die Hockwenzelsche etwa» sehr eilig damit hatte. Das aber wiederum konnte den Hockwenzel nicht genieren, denn bis zum Zeitpunkte ihre« materiellen Verfalls war sie eben doch dauer haft gewesen. tzockwenzels verehrter Kundenkreis setzte sich ausschließlich aus der Landbevölkerung zusammen. Es war dies ein seiner SeschSftrkniff. Bet Annahme eines Gottesgeschenkes ist naive Gläubigkeit Bedingung, und so konnten die Städte, die Brut plätze von religiösem Kritizismus, nie und nimmer die Sammel- orte Wenzelscher Gemeinden werden. Dank den Schleusen der Beredsamkeit, die Hockwenzel ja stets offen hielt, waren auch heut« vieler Seelen gläubig geworden und hatten den Seg- tzungen de« Fellranzen« nicht widerstehen können, Zu vorgeschrittener Abendstunde schritt er nun durch Lichten- berg hinüber nach Opv-lsdors zu, als es plötzlich dem Himmel gefiel, seinerseits auch die Schleusen zu öffnen und sich diesem Feierabendorrgnügen in ausgiebigem Matze zu widmen. Der Hockwenzel brummte verdrießlich tu seine grauen Bartstoppel. Was nun machen? Fünf Viertelstunden war's noch bi» in di« Stadt zur Bahn. Hin mußt« «r aus jeden Fall. Der Regen hatte aufgehört, aber ein Gießen hatte nun an» gefangen. Da ward's ihm doch gar zu ungemütlich. Er schlürfte in den „Bergknappen" hinein und setzte sich hinter «inen Stamper Ingwer. Sein« Stirn legt« sich in nachdenkliche Falte». Wie er nur aus die Bahn zu» rechten Zeit kommen solle: er fuhr sich erregt über seinen Kahlkops. Da, al« er grade den letzten Tropfen Ingwer die Kehle hinuntrrschwetste, begann in seinem Kops «in Lichtleiu auszu. glimmen. Da« ward größer und größer, bis es dem Hock wenzel srin Oberstübel durchleuchtete wie mit Bogenlampen. Er gab dem Wirt vom „Bergknappen" sein Ränzel zum Auf heben und schritt hinaus in die finstere Regennacht. * * *. Der alte Doktor Burkert fuhr schlaftrunken in die Höhe. Hatte das nicht geläutet? Wahrhaftig, schon wieder. Ein Höllenlärm durckrvss-lte do, Hou«, als hingen nrunundneunzig Teufel an dem Klingelzuge. Da klopfte auch schon sein Kutscher, der alte Christian Zabel, an die Tür: „Herr Doktor, su vill'ch os mei link Uhr hieru kann, tur's läuin." „yad's schon auf all« b«id« gehört," brummt« der Arzt un wirsch und bequemte sich aus den Federn. Draußen vor der Tür ging's weiter: „Bleibu Se ock ruM lieg». E dann Water sohrn wer ne." „Mach nur schnell und spann an. Natürlich wird'« aus wärts sein." „'s ös bester, mer bleitn do, globn Se's ock." Der Doktor steckte den Kopf zum Fenster hinaus. „Och öm Gottswölln, Herr Doktor, komm Se ock no Grün- dort, der Pforr will starbn," klang es ängstlich herauf. Christian stand am Flursenster und lauschte. Drin dem Doktor war ordentlich ein Schreck in die Glieder gefahren. Der Pfarrer von Gründors! Das ist ja kaum möglich, der wer ja gestern noch kerngesund gewesen und hatte in der Stadt drin mit ihm gesessen. In der „Sonne" hatten sie ein Ekät- chcn gespielt. Es wurde ihm richtig wehmütig ums Herz, dem alten Doktor Burkert. „Jo, ja," seufzte er, „heute rot, morgen tot. Und der gute Alt« war ja auch schon schneeweiß." Wie alt er wohl sein mochte? Bor zwei Jahren hatten sie mit dem alten Reoiersörster von Lichtenau das fünfundzwanzig- jährige Skatjubiläum gefeiert. Da konnte er wohl schon zwei mal au« drm Schneider gewesen sein. Bei diesen Gedanken hatte Burkert schon die Stiefel ange zogen, aks es wieder klopfte. „Donnerwetter, Christian, wie lange stehst Du noch? Anspanner,!" Draußen hustete es noch ein paarmal. Daun klang es schläfrig: „Herr Dokter, en su an Gießen warn mer wühl ne sohrn." „Ruhe, Christian, wir fahren." „Nu ja, nu ne, 's is ock grob su, 's Water i« «e dernoch. Mer mecht ock derrheem bleiben." Der Doktor war da« gewöhnt von seinem alten Faktotum und zog sich währenddessen an. „Christian, wer ist hier Herr?" „Nu ja, ja, freilch fohru mer. Aber Se hon 's doch falber gehont, a will ja starbv. Do braucht a Sie doch gor ne mieh." „Christian Zabel, halt Er den Schnabel." Das war Christian» Stichwort zum schleunigen Verschwinden, denn nun wußte er, hieß er, schnell einspannen. Jetzt nützte nicht« mehr,