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2^' Gberlausiher Heimatzeitung 25§ Hasen blieben stehen und horchten. Denn sie hatten noch nie solches Singen gehört. Nur die Tannen ärgerten sich und kniffen das wehrlose Bäumchen. „Was willst du eigentlich bei uns, du naseweiser Wicht!" zischelten sie. „Geh! — Such deine Mutter! Wir brauchen dich nicht." Und protzig-breit drängten sie ihre Leiber auf das schlanke Bäumchen. Das aber wuchs und wurde bald so groß, daß es hinübersehen konnte über die Kronen bis zur nächsten Schneise und ins weite Land hinaus, das in roter Abendsonne lag. Jenseits des Weges, durch dessen tiefgelben Sand sich ab und zu ein Wagen mit Reisig oder Holz hindurch quälte, begann ein Waldbezirk, den die Forstleute Schonung nannten. Dort standen die halbwüchsigen Tannen in Reih und Glied wie Soldaten. Das sah hübsch aus und die kleine Birke wäre gern hingeflogen, wenn sie Flügel gehabt hätte. Aber wenn sie davon sprach, lachten die anderen Bäume: „Da gehörst du grade hin, du einfältiges Geschöpf. Weißt du, wer die dort sind? — Das ist unser Nachwuchs; die Jugend ist das Es würde dir schlimm ergehen, wolltest du in ihre studentische Disziplin ein dringen. Die würden solche Träumer, wie dich, nicht so schonend behandeln. Unschädlich machen würden sie dich, ausrotten!" Nach solchen Reden ließ die Birke bekümmert ihre Blätter hängen. Sie kam sich unnütz vor aus der Welt und wurde tod traurig. Keine Heimat, kein Freund schützte sie vor dem Neid und vor der Bosheit der Nadelhölzer. Niemand sagte ihr ein gutes Wort. — Die schwülen Sommernächte hindurch weinte sie dann leise vor sich hin und trocknete ihre Tränen ab, wenn die Vöglein zu piepsen begannen und lichte Morgenröte den Wald erweckte. Böse war der Herbst für das einsame Birkenbäumchcn. All Lie schönen Blättchen fielen nach und nach zu Boden und zuletzt stand nur der Stamm da mit kahlen Ästen. Die anderen Bäume lachten schadenfroh, wenn sie sahen, wie recht sie gehabt hatten mit ihrer Geringschätzung. Die Birke aber schämte sich, weil sie nichts dafür konnte und weil sie nun völlig nackt vor den anderen stehen mußte. Aber dann kam der Winter. Man zog sich fröstelnd in die schützenden Wurzeln zurück und die Birke vergaß beinah die ganze Sippschaft der Immergrünen. Nur selten lugte man hinaus, wenn ein Tauwetter vom Frühling schwadronierte. Hatte die Birke einstweilen Ruhe, so sollte es in Kürze noch besser werden. Denn eines Tages stampfte ein Mann durch den verschneiten Wald. Der hatte Stiefel an, die ihm bis über's Knie reichten, und trug eine blanke Axt in der Hand. Plötzlich blieb er stehen, wischte sich mit dem Ärmel den Schnee vom Halskragen, der von den wipfenden Asten herabgeflockt war, blickte sekundenlang prü- send um sich und kam dann schnurstracks auf die kleine Birke zu. Sie zitterte ängstlich, als der Mann sich breitbeinig hinstellte und zum ersten Schlag ausholte. AVer dann sagte sie sich: Schlimmer kann's mir nicht ergehen, als bisher. Mag auch neues Leiden auf mich warten — wenigstens aus der ungastlichen Gesellschaft hier bin ich befreit. —Tapfer hielt sie der schmerzhaften Operation stand. Aber ein wenig stöhnte sie doch, wenn der scharfe Stahl im winterharten Holz splitterte. Schnell rettete sich das Birken seelchen aus dem Stumpf in die Krone. Da knackte es auch schon, und — ein neues Leben nahm seinen Anfang. Befriedigt rückte der Mann seine Mütze aus der feuchten Stirn, zog wollene Fäustlinge an, nahm das Beil und hob seine Beute auf die Schulter wie ein Gewehr. So ging's fort. Erst war die Reise ziemlich unbequem, denn das Ende des Bäumchens schleifte hinterher im Schnee und zwar derb von einer Stiefelspur in die andere, in die der Mann zum zweiten Male trat, da der Schnee sehr hoch lag. Erst an einer Waldlichtung kam die Birke so recht wieder zum Bewußtsein, als sie aus einen Handschlitten gepackt wurde, auf dem bereits allerlei morsches Knüppelholz lag. Daraus fuhr sie neugierig über den sandigen Weg, der jetzt tiefe Rinnen von Schlittenkufen zeigte und zu dem sie oft hinüber geschaut hatte in Sehnsucht und Verzweiflung. Den ganzen Wald und viele hübsche Pfade, von denen steine gewußt hatte, lernte sie kennen. Bis zu einem einsamen Bauerngehöft kam sie. dann hatten die Erlebnisse des Tages ihre Kraft verzehrt und sie sank in einen langen, leidlosen Schlaf. Als das Birkenbäumchen wieder erwachte, war es kein Bäumchen mehr. Es war in mehrere Teile gespalten und lag mit dem Brennholz zusammen gestapelt vor dem Wirtschafts gebäude. Und jeden Morgen kam der Mann heraus und holte sich einen Arm voll Holz zum Brennen. Da ängstigte sich die Birke sehr, denn nun schien ihr Tod beschlossen. Stündlich konnte sie an die Reihe kommen und in den Ofen gesteckt we den. Schon tat es ihr leid, daß sie im Walde so undankbar gewesen war und wenn sie es recht überlegte, waren die spitzen Tannennadeln immer noch angenehmer als das Feuer. Aber sie starb nicht in den Flammen. Wohl griff des Bauern Hand nach ihr, doch nur, um sie in den Schuppen zu tragen und dort einige Stunden an ihr zu sägen, zu hämmern, zu hobeln und zu spalten. Als dieser Schreck überwunden war, befand sie sich in einer warmen, gemüt lichen Stube. Darin saß die. Bäuerin mit einem schreienden Bündel auf dem Schoß, daneben stand schmunzelnd der Bauer. Da erkannte die Birke, daß sie zu einer Wiege geworden war. Wenn abends graues Dämmerlicht durch die schmalen Fenster hereinschlich, erzählte das Birkenseelchen dem schlummernden Kindlein vom grünen Wald, von den Rehen und Hasen, von den Vögeln und den bösen Nadelbäumen. Am Weihnachtsabend war auch eine Tanne da; die glitzerte prächtig in ihrem goldnen Kleid und mit den bunten Lichtern. Aber sie erkannte das glückliche Birkenbäumchen nicht, und als sie schon lange im Kamin verprassest war, schaukelte die Wiege noch dankbaren Herzens die Mädels und Buben des Bauern. Und war froh, daß sie eine Heimat gefunden Halle und von den Menschen geachtet wurde. Herbstabsnd 2n weichen Schleiern wallt der Abend, Hüllt liebend Dors und Bergs ein; Non Ferne zittert Feierläuten, Lin mattes Feuer schwelt am Aain. Da schliesst sich meiner Seele Blüte,. Mein Sinnen fällt zu ihrem Grund, Die Nacht schwankt träumend schon vom Walds, Lin müdes Lächeln um den Mund. I rr-b-io <5/./o — - Der Burgsberg bei Seidenberg ""'Eit von Seidenberg, das durch seine Töpferwaren und NM» Öfen und als Geburtsstadt Jakob Böhmes über seine nähere Umgebung hinaus bekannt ist, direkt an der tschecho-slowakischen Grenze, liegt der Burgsberg. Anmutige Promenadenwege umspinnen ihn, von Buchen und Birken um hegt, die jetzt im bunten Herbstlaub prangen. Ein kleiner Bach, von den Regengüssen der letzten Tage geschwellt, rauscht unten im Grunde und ergießt sich in die Kätzbach, die hier die Landes grenze bildet. Nichts als der Name mahnt daran, daß einst auf dieser Höhe eine Burg gestanden hat. Nun haben kürzlich, wie schon erwähnt, die früher begonnenen Ausgrabungen des Gör- litzer Vereins für Anthropologie und Urgeschichte unter Leitung des Herrn Prof. Feyerabend ihre Fortsetzung erlebt und Grundmauern der asten Burg zu Tage gefördert. Wir haben es hier mit einem deutschen Bollwerk aus dem 10. oder 1t. Jahr hundert gegen slawische Angriffe zu tun, das durch die Hussiten wieder zerstört wurde. Es wäre wünschenswert, wenn den Lesern der Oberlausitzer Heimat-Zeitung von berufener Seite Genaueres über die Ergebnisse der Ausgrabungen berichtet würde. F. Th- Schatze.