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durch die vielen Kuckucksrufe, die auf der ganzen Wanderung aus allen Laubgebüschen erklangen, nicht beeinträchtigt wurden. Freund Starmatz hatte die Starmesten überall bezogen, und kleine Schwärme jungen Nachwuchses zeugten von guter Erfüllung elter licher Pflichten. Als ständiger Sommervogel unserer Heidedörfer stellte sich wiederholt der Hausrotschwanz mit seinem Lied und schwarzweißroten Kleide vor. Rauchschwalben umflogen während ihres Fliegenfrühstücks die Häuser der Kodersdorfer Ziegelei und eine weiße Bachstelze hatte sich von den Teichen bis in die Nach barschaft eines Fasanen entfernt. Das schönste Bild für das Auge aber boten die Teiche, auf deren ruhigem Wasserspiegel große weiße Blumeninseln vom Wasserhahnenfuß im ersten Morgen sonnenstrahl leuchteten. Nur die lauten Namensrufe des Kiebitzes störten die Stille des Maienmorgens; ruhig und langsam schwam men Pärchen von Tafel- und Moorenten auf dem Wasserspiegel, tauchte lautlos einSchwarzhalstaucher unter, während seine bessere Ehehälfte durch den einsamen Beobachter auf dem Damm ver scheucht wurde und auf dem Nachbarteiche in der Nähe von Paaren des schwarzen Wasserhuhns sich niederließ. Im Morgen sonnenstrahl leuchtete aus dem Schwarz des Gefieders das Helle Weiß, die Blässe des nackten weißen Stirnflecks, der ihm den Namen Bläßhuhn eingetragen hat. In hastigem Fluge und mit langgestrecktem Körper flüchten Stockentenpaare; aus dem Pracht kleide ihrer Männchen glänzt der schöne blaue Spiegel. Im User gebüsch fesselt eine Dorngrasmücke mit ihrem Lied die Zuhörer, lenkt ein Neuntöter die Aufmerksamkeit auf sich. Plötzlich meckert eine Himmelsziege (Bekassine) über uns, schmettert auch hier ein Buchfink sein Lied in die Morgenluft, leuchtet der schöne gelbe Kopf eines Goldammers vom Wege herauf. Uber eine Teichfläche fliegen einzelne Bachmöoen und besuchen die benachbarten Felder, während ein Bogel von dem flachen Userstrande auffliegt und jenseits des Weges auf einer Stangenumzäunung den eifrig mit ihren Gläsern ihn verfolgenden Beobachtern sich als Rotschenkel (rotfüßiger Wasserläufer) vorstellt. Dieses Ornithologenglück verlockte zu längerem Verweilen und weiterer Ausnützung des „guten Morgens" an diesen Koders dorfer Teichflächen. Die Verabredung mit einem Nieskyer Orni thologen zu einem Treffen an den Ullersdorfer Teichen zwang zur Weiterwanderung, aus der unermüdlich und in reicher Zahl Feld lerchen Morgenlieder trillerten, selten eine Grauammer mit ihrem wenig schönen Liedlein dazwischen sang. Zu einem vielstimmigen Chor vereinigte sich die Sängerschar in dem Laubwäldchen, das die Straße vom Freischütz nach Ullersdorf durchschneidet; zahlen mäßig und stimmlich beherrschte das Konzert der Baumpieper mit seinem an einen schmetternden Kanarienvogel erinnernden Gesang. Neben ihm konnte sich der Fitis-Laubsänger mit seinem leisen unvollendeten Finkenschlage nur wenig, sein Vetter, der Weiden laubvogel, mit seinem Zilp-zalp etwas besser bemerkbar machen. Ein anderer Vertreter der Pieper, der Brachpieper, war so wenig scheu, daß er wohl über hundert Meter weit vor den Morgen wanderern auf dem Wege nach der Schäferei Freischütz hertrip pelte und gute Gelegenheit zum Vergleiche mit den ihm in Aus sehen und Lebensweise nahe verwandten Lerchen und Bachstelzen bot. Ein Triel, der in einem Saatfelde zunächst dauernd hin und zurück lief, verhielt sich dann aber so zuvorkommend, daher durch die Gläser genügend bewundert werden konnte. An einem Eichen strauch verrieten ein aufgespießter Maikäfer und die hinterlassenen Visitenkarten den Inhaber der Schlachtbank, den Neuntöter oder Dorndreher. Mehrfach meldete das Rucksen des Taubers die An wesenheit der Ringeltaube in den Laubgehölzen. Von gleichem Glück wie an den Kodersdorfer Teichen war die Wanderung um die Ullersdorfer Teiche begünstigt, wo die von dem orts- und sachkundigen Führer, Herrn Lehrer Kramer aus "Niesky, um 6 Uhr beobachtete Zwergrohrdommel nach unserm allerdings etwas verspäteten Eintreffen nicht mehr gehört und gesehen wurde. Die Frühstücksrast am Iänkendorfer Teiche aber gab gute Gelegenheit zur Beobachtung des Vogellebens an und auf dieser Teichfläche. Vom Aste einer Eiche am Uferrande wur den unter den zahlreichen Paaren von Stock-, Tafel- und Moor enten auch Schellenten gesichtet. Mit besonderer Zuvorkommen heit behandelte uns ein Schwarzhalstaucherpärchen, das dem diesseitigen Uferrande näher und näher kam, während ein senk rechter Heller Strick am jenseitigen Ufer durch die Gläser sich als Haubentaucher mit seinen spitzen Federhauben und dem schwarz berandeten, braunen Halskrage» entpuppte. Das Erkennen dieser Einzelheiten erleichterte dieser größte unserer heimischen Taucher durch großes Entgegenkommen. Den Sängerchor während der Frühstückspause stellte der Ullersdorfer Park; einen besonderen Genuß bot die bis dahin noch nicht gehörte Mönchsgrasmücke. Aus dem Schilfrohr erklang das laute „Karakiet" des Drossel rohrsängers, der als gleich guter Turner wie liebenswürdiger Bogel durch sein Emporklettern an einem Rohrstengel sich vor stellte. Mit kräftigem flötenden Rufe meldete der Pirol seine Anwesenheit und weithin schallte der Ruf des Grünspechts. Ein Kleiber verriet seine Nähe durch sein klangvolles Pfeifen; der ihm nahe verwandte Baumläufer wurde auch nur an seinem Sümmchen erkannt. Die Wanderung am Nordufer des Groß teiches überraschte das Auge mit dem schönen Blick über den Teichspiegel, in dem das Königshainer Gebirge sich spiegelte und auf dessen Wasserfläche unter anderen auch der Rothalstaucher und die Knäkente beobachtet wurden. Teichrohrsänger und Rohr ammer sangen im Röhricht, die Amsel flötete im nahen Gebüsch, die Hohltaube gurrte und der Eichelheher rief aus dem Walde herüber. In nur l '/-MeterHöhe hatte ein Finkenpaar sein Nest gebaut und mit fünf Eiern belegt. Plötzlich richtete der Führer die Blicke auf einen mit Beute abziehenden Sperber, dessen Nähe ihm bereits das erschreckte Benehmen der andern Vögel verraten hatte. Mehrfach wurde die Wacholderdrossel beobachtet; nach ein paar Schritten aufwärts an einem Kiefernstämmchen bot sich ein Blick in ihre Kinderstube. Die Verpflegung der fünf Jungen durch die mit großer Vorsicht herankommenden Alten ließ mit Sicher heit die Zugehörigkeit des Nestes erkennen, dessen Iugen denen der Amsel sehr ähnlich waren. Leider verriet nichts die Anwesen heit der Rohrweihe in ihrem Horstgebiet am Langen Teiche; dagegen zeugten die im Kiefernwalde aufgefundenen Federn eines Opfers davon daß auf dem Speisezettel des Hühnerhabichts auch das Bläßhuhn steht. Freundlichere Bilder bot zum Schluß noch einmal die Wanderung durch den Ullersdorf-Iänkendorfer Park. Von Sängern ließen sich neben andern bereits gehörten noch Kohl meise und Blaumeise, Klappergrasmücke und Girlitz vernehmen. Auch Gartenrotschwanz und Zaunkönig schwiegen nicht, während der Trauerfliegenfänger erst nach langem Warten sein Liedlein ansümmte. Die Gebirgsbachstelze, dieser bereits weit in die Ebene vorgedrungene Vogel der Berggewässer, stellte sich als letzter Ver treter der Bogelwelt des durchwanderten Gebietes vor. Doch wurde noch nicht jenes „Hans auf allen Gassen", des Haussper lings, und seines Vetters, des Feldsperlings, Erwähnung getan. Auch ein regelmäßiger Gast auf de» Feldern, die Nebelkrähe, beansprucht infolge wiederholter Begleitung der Wanderer noch ein Plätzchen in diesem Berichte von dem Maienmorgen, der dem Ornithologen so viele Beobachtungsziele und dem Wanderer so schöne Freuden für Körper und Geist darrcichte. Ein Waldmärchen Von Erwin Sedd ing ^MMitten zwischen selbstbewußten Tannen und ernst drein- schauenden Ahornbäumen stand eine kleine Birke. Sie AAM erinnerte sich nicht, wie sie hierhergekommen war, und auch von der Mutter wußte sie nichts. Fremd und ver lassen wuchs das Bäumchen unter den mißgünstigen Nachbarn auf und das kleine Seelchen im Stamm war schüchtern, wie ein Mensch, der einen körperlichen Fehler hat. Dabei war das Bir kenbäumchen gar nicht häßlich. Im Gegenteil. Kein andrer Baum hatte solch eine weiße, reine Farbe am Stamm und nir- gends sah man zartere Blätter unter dem vielen Grün. Aber dies? Blätter waren es eben, weshalb der Birke so viel zu dulden bescyieden war. Denn wenn abends der Wind über die Wipfel strich und die Ästchen sacht hin und her bog, dann sangen alle Blätter mit. Ganz süß und verträumt sangen sie. Die Rehe und