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SY Sonntag, N. September (Scheiding) 1922 Nr. IS W» Unb?,-eck,iiyter- Grsctz<>in< aller 14 Tage SeeiVags? Blätter für L^eimatkunöe^ Scstristleitung und Geschäftsstelle in Reichenau,Sa. Fernsprecher Nr. 21A Gefct)icl)te, nftLiteratup" Druch u.Verlag.Alwin (Inh. Otto Maiz9 Südlauftizen Nachrichten, Neichenau/Sa. 3. Jahrgang Ein treuer Leser schreibt uns in Erkenntnis dessen, das) infolge der Verhältnisse auch die Hsimatzsitung teurer werden wird, u. a. folgendes: Freilich wird auch die Heimatzeitung teurer werden. Aber darum habe ich nicht die größte Gorge. Bei mir würde die Heimatzeitung die letzte sein, welche ich abgebe, denn es ist mir jedes Mal eine große Freude, dieselbe zu lesen. 6ie ist doch für uns Lausitzer zur direkten Notwendigkeit geworden. Man hat beim Lesen derselben eine Stunde der Erbauung. Bei den anderen Zeitungen kommt einem angesichts der schweren Zeit immer das graue Elend so recht zum Bewußtsein. Möchten doch alle Abonnenten unserer Hsimatzsitung gleichen Sinnes sein und möge die neue Erhöhung für kommendes Viertel jahr sie nicht davon abhalten, die allgemein geschätzte Zeitschrift weiter zu lesen, damit sie weiter erscheinen kann zum Segen unsrer Heimat. Wird ihr diese Unterstützung versagt, jo würde ihr nur der eins Schritt bleiben: dis Einstellung des Erscheinens. Dis Geschäftsstelle der G. H.-S. Gegenwärtiges und Vergangenes von frommen Stätten in der Bautzener Wendei Bon Otto Flösse!, Bautzen ie Wenden sind ein streng religiöses Volk. Mit der ihrem Stamme eigenen Zähigkeit halten sie an den alten Überlieferungen fest. Groß war die Zahl der Opferstätten, welche schon ihre sorbischen Vorfahren auf freiem Berge erbauten und von denen der Wanderer Trümmer hier und in den dunklen Lausitzer Wäldern noch heute trifft. Mit ihnen wetteifert die Zahl der frommen Stätten, die überall im wendischen Lande in unseren Tagen errichtet worden sind. Auch das kleinste wendische Dorf hat seine Kapelle, Bqutzen vermag gar zwei wendische Kirchen aufzuweisen, eine für die evangelischen, eine für die katholischen Wenden. Die Frauenkirche, recht eigentlich „Kirche zu Unserer lieben Frauen" geheißen und im Jahre 1363 auch als Kirche „ru vnsir vrovvin" erwähnt, ist in Bautzen bekannt unter dem Namen „wendisch katholische Kirche". Sie gehört mit zu den ältesten Kirchen Bautzens und wird schon im Jahre 1240 urkundlich genannt. Damals lag sie noch vor der Stadt und hatte oft unter Krieg und Drangsalen zu leiden, wurde zerstört, ging oft in Flammen auf, und diente der Soldateska als Pferdestall im Kriege. Sturm und Wetter haben ihre Kraft an dem kleinen Kirchlein erprobt. Stets aber ist es aus Schutt und Asche neu erstanden. Es war nicht immer leicht, die Kirche neu aufzuführen. Die Jahre 1691 und 1692 zeigen es. Das war um die Zeit, da pfiffen es die Spatzen von den Dächern, daß Stadlrat und Domstift sich täglich in den Haaren lagen. Der Streit kam daher, daß jener evangelisch, dieser katholisch war. Die nichtigsten Gelegenheiten boten Anlaß zu Zank und Reiberei. Auch die Kirche unserer lieben Frauen sollte Stein des Anstoßes werden, im wahrsten Sinne des Wortes. Baumeister Hille war vom Domstift feierlichst beauftragt worden, das Kirchlein wieder aufzubauen. Der aber — weiß Gott, warum er's tat — hinterbrachte die Pläne dem hohen Rat der Stadt. Und diesem war es ein gefundener Schmaus. Er machte Ausstellungen am Entwürfe, um so den Bau zu Hintertreiben. Es gab ein langes Herüber und Hinüber. Schließlich spitzten sich die Streitigkeiten derart zu, daß man beschloß, des Landes höchste Obrigkeit zum Schieds spruch anzurufen. Kurfürst Johann Georg III. griff ein mit eigner Hand. „Es wird gebaut!" So lautete sein Entscheid. Wer aber glaubt, es wurde nun wirklich gebaut, der kennt die Bautzener schlecht. Zunächst war Hille als Baumeister für das Domstift abgetan. Der Pirnaer Meister Gottschick wurde mit den Arbeiten betraut. Der kam bei den Bautzener Maurern aber übel an. Konkurrenz von aus wärts! Und Streikbrecher obendrein! Also: Die Bautzener Maurer umstellen den Bau. Sie stehen Streikposten. Zu einem regelrechten Streik gehörte etz.auch damals schon, den Arbeitswilligen das Handwerkszeug aus der Hand zu nehmen, wenn nötig mit Fluch und Prügel. Der Stadtrat steht — die Hände müßig in den Taschen — an den Ecken und bläst ins Feuer. Stadtsyndikus und Stadtgericht samt Diener und Büttel werden zum „Brandplatz" gerufen und sagen die Fremdlinge kurzerhand zum Tempel und zum