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184 Gberlaufltzer Heimatzeitung Nr. IS Ein Zubiläum des Gebirgsvereins Bautzen Zu seinem 40jährigen Bestehen und verdrossen hatte der Lag unter jein« schweren MIMM gewitterwolkigen Decke heroorgelugt, als er erwachte. Erst hatte er sich gestreckt und gereckt und dann nach dem Ausstehen einige Kühle Duschen genommen. Da war es ihm im Laufe der Zeit allmählich zum Bewußtsein gekommen, daß es ja Mittwoch, der 5. Juli, war. »Ei, der tausend", rief er erschrocken aus mit seiner Donnerstimme, »heute hat ja der Gebirgsverein sein Jubiläum!" Schnell versuchte er die Wolkendecke von sich zu wälzen, um den Mitgliedern und Freunden des Gebirgsvereins nicht das freundlich strahlende Gesicht de» Mutter Sonne zu verbergen. Und wahrlich, sie haben nicht gefroren, als sie nachmittags in ihrem Wanderheim auf dem Mönchswald ankamen. An einer Girlande zwischen zwei Bäumen hängend begrüßte sie rin sinnvoller Spruch: »Und wenn das Herz dir nimmer klingt, So sühr's zu Tal und Höhn; Und wenn sich's hier nicht mehr verjüngt, Dann ist es drum gescheh» . . Nein, bei den Gebirgsvereinlern ist es noch lange nicht drum geschehen. Wie schlugen schon die Herzen höher beim Anblick de» festlich geschmücklen Musikhalle. Au dem darin errichteten Puste prankte grünumraukt eine große.40" den Kommenden entgegen. Und nun ging's los. Ein lustige» Leben der Kinder. O Jugendzeit! Wie jubelten die Herzen der Alten mit! Da wurde heiter und fröhlich gespielt. Barlauf und Dritten ab- schlagen. Als gar die jungen Mädchen mit ihren zarten Stimmen sangen: »Wir woll'n die goldne Brücke bau'n" und dieses Spiel vollführten, da schien der große grüne Kranz, der die Spitze der hohen Stange inmitten des waldumsäumten Platzes schmückte, vor lauter Freude sich zu drehen. Lustig flatterten die bunten Bänder. Plötzlich stockt« das Spiel. Wie von Zaubermackt gezogen eilten alt und jung zur Musikholle hin. Was war's? Was rauschte so feierlich durch den Wald? Was ließ die hohen Tannen so rhythmisch wiegen? — Ein Lied! — Ein silber- Helles Posaunenlied eines Bläser« vom Posaunenchor der Dresdener Kreuzkirche. Ein goldener Rest vom Bautzener Posaunenfist. „Gold und Silber hält ich gern ..Ja, sie hatten es, das Gold der Jugend, der Heimatliebe, die« alten und jungen Gemüter, die Getreuen der Lausitz! Um 6 Uhr nahm die offizielle Feier ihren Beginn. Eine lange, blumengeschmückte Tafel vor der Musikhalle stand für die Ehrenmitglieder und Ehrengäste bereit. Mit herzlichen Worten begrüßte der I. Borfitzende, Herr Oberlehrer Julius Frenzel, all die zahlreich Erschienenen und ging zu seiner feierlichen Ansprache über. Seine Worte waren aus dem Herzen zum Herzen gesprochen. Er schilderte kurz die Schön heit unserer Lausitz. »Heimat, wie schön bist du!" Klang s durch den Wald. Nach dem Vortrag des Gedichtes: »Lausitz, Heimat, sei gegrüßt" von Bruno Reichard, Zittau, durch ein junges Mädchen und dem Gelübde »Ich hab mich ergeben mit Herz und mit Hand", von allen gesungen, führte der Redner die inhaltsvolle Geschichte des Gebirgsoereins vor Augen. Der hochgeschätzte Schwiegervater des Herrn Oberlehrers Frenzel, der verstorbene Oberlehrer Dinier, war es, der bei einer der regelmäßigen Zusammenkünfte einiger Heimatfreunde auf dem Czornrboh die Anregung zur Gründung gab. An einem Don- nerstage in den Borsrühlingstagen des Jahres 1882 war es. Der Borsitz wurde dem Anreger übertragen, und nach dem ersten Jahre halte sich schon eine Anzahl von 109 Herren als Mitglieder eingefundsn. Es ist hier nicht möglich, all die Nomen derer aufzuführrv, die sich um den Gebirgsverein große Verdienste erworben haben. Tausende sind ihnen zu heißem Danke verpflichtet. Biele wissen noch nicht, daß es dem Gebirgsverein zu verdanken ist, daß auf dem Mönchs- wold ein stattlicher Turm und eine freundliche Wirtschaft stehen. Die Wegemarkierung spricht auch eine deutliche Sprache. Namen, wie die des Herrn Kommerzienrats Otto Weigang, Herrn Kommerzienrats William Busch, dessen Namen rin Weg erhielt, und noch so viele andere find für ewig mit diesem Werk verbunden. Ein lebensgroßes Bild des ersteren schmückt dos Vereinszimmer der jetzt über 400 Mitglieder. Herr Oberlehrer Frenzel schloß seine fast halbstündige An sprache mit den Worten: »Möge unser Verein auch im kom menden Jahrzehnt aus dem betretenen Weg« sortschreiten, daß er immer mehr ein Hort werde de, Heimatkrnntnis, Heimat- liebe und Heimattreue. Lin »Berg-Heil" unserem Gebirgs- verein! Er wachse vnd blühe!" Dreifach schallte es durch den Wald. Leise rauschlen die Tannen: auch sie flüsterten ihr »Berg-Heil!" Für 40 jährige treue Mitgliedschaft wurden fünf Herren zu Ehrenmitgliedern ernannt. Es sind die Herren Kaufmann Paul Hartmann, Professor Neumann, Kammerrat Guido Reiche und Buchhändler Richter aus Bautzen, sowie Heir Schmidt aus Mönchswald«. Ihnen zu Ehren wurde nach Überreichung der Urkunden ebenfalls ein dreifaches »Berg- Heil!" gebracht. Sechs junge Mädchen boten einige Volks- lieber zur Laute und dann dankte Herr Kammerrat Reiche im Namen der Jubilar«. Seine herzlichen, frischen Worte be schloß er mit einem dreisachen Hoch auf den Gebirgsverein. Damit nahm gegen Uhr der offizielle Teil sein Ende. Einige Darbietungen im Saale der Wirtschaft sowohl wie im Freien folgten und sorgten für gute Unterhaltung. Herr Schuldirektor Hanke-Wilthen bot ein Gesangssolo: »Der Waldteufel" von Bohm, während Frau Bankier Gottschalk- Kaeubler ein seibstversaßtes Gedicht zum Vortrag brachte.. Stimmungsvolle, innige Töne aus einer selig-wonnigen Ver gangenheit, einer nicht wiederkehrenden wanderlustigen Jugend zeit klangen aus ihren Worten. Ein Wort aus dem »Eoan- gelimann" mit einem von ihr dem Tage angepaßten Texte- und der Klavierbegleitung ihres Herrn Gemahls, erinnerte an die »Bautzener Nachtigall", unter welchem Namen sie den älteren Mitgliedern noch gut bekannt ist. Manch liebes Mol wirkte sie als Konzertsängerin im Lehrergesangverein, wenn es galt, Mittel zu schaffen sür den Gebirgsverein. Freudiger Beifall lohnte das Dargebotene. Dann ging's wieder hinaus aus den frischen Rasenplatz. Ein Regenschauer hatte sür etwass Kühlung gesorgt. Doch horch, da knistert es in den Zweigen, Und durch den Wald klingt lustiges Geigen. Sag an, du Spielmann, was soll das bedeuten? Da huscht es leise und sacht durch den Tann Und naht mit Grazienbewegung heran Ein Waldseenreigen! Sieben junge, anmutige Turnerinnen des Allg. Turn vereins boten ein selten schönes Reigenspiel, das durch lebhaften Beifall um Wiederholung gebeten wurde. In der Musikhalle sprach Wolfg. Winkler das Gedicht „Meine Lausitz" von Bruno Reichard-Zittau, wonach ein weit bekanntes Mitglied, Herr Rechtsanwalt Dr. Naumann, ein langes, selbstverfaßtes Gedicht vortrug. Mit kernigem Humor bot er einen Rückblick, ohne daß der Ernst der Bereinsgcschichie darunter zu Schade» kam. Herr Oberlehrer Jütte brachte Mundartliches mit dem humoristischen Gedicht „De Johanns» wermel" und drei junge Mädchen aus der Wandergruppe des Herrn Oberlehrer Jährlichen schloffen diesen Teil mit dem Gesänge einiger Lieder zur Laute. Nach dem Schlußworte des erste» Vorsitzenden, Herrn Oberlehrer Frenzel, wurde auf diesen ein dankerfülltes Hoch ausgebracht. Auch seiner Frau Gemahlin, der Tochter des Vereinsgründers, der Herrn Ober lehrer Dinter, wurde auf dieselbe Weise der Dank desGebirgr» Vereins für ihre sorgsamen Bemühungen um das Gelingen des Festes dargebracht. Während ein Teil der Besucher ausbrach, um mit dem Zuge nach der Stadt heimzukehren, verblieb ein anderer Teil des Ver eins noch lange bei einem lustigen Tänzchen oben.