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An den Abenden aber, besonders im Winter, versammelten sich alleKinderdesDorfes bei ihr. Da wußte sie die herrlichsten Märchen zu erzählen, immer wieder neue und am liebsten solche, die über das Zwergenvolk gingen. So saß auch ich unter den Kindern vor dem Lehnsessel der alten Muhme. Ich sah ihre Züge leuchten, wenn sie sprach, und alle ihre Worte waren voll warmen Lebens und voll leuchtender Farben kraft man sagte, sie sähe alles das mit den Augen des Geistes, was denen ihres Körpers unzugänglich war. Biele Abende habe ich bei ihr gesessen und ihre Hand gehalten. Und einmal, einmal hat sie mir erzählt, was sie als kleiner Locken kopf im Märchenlande erlebt hatte. Die Abendsonne warf rot flackernden Schein an die Wände und es war, wie in einer seltenen, heiligen Feierstunde. Als sie geendet, saß sie lauge schweigend und ich fühlte, wie sie mit ihren geistigen Augen in Fernen schaute, die nur ihrem Blick offenstanden. Dann humpelte und tastete sie sich zu einem alten Wandschränkchen und nahm aus seinem verborgensten Fache ein längliches, goldenes Kästchen heraus. Das gab sie mir in die Hand — Ich wog es und befühlte es und irgendetwas hielt mich zurück, es zu öffnen. Dann aber drückte ick doch auf die Feder an seiner Seite. Der Deckel sprang auf und ich hielt — einen Federhalter aus einfachem, schwarzem Holze in den Händen. Es duftete auf einmal so stark nach Rosen und durch die Lust ging es, wie ein seines, wisperndes, tönendes Klingen. Und als ich der altenFrau ins Gesicht sah,war sie tot und lächelte geheimnis voll wie ein raunendes Märchen Curt Rabe. Heide-Lied In dis Heide, in die Heids Da lockt es mich hinaus. In der Heide, in der Heids Da steht ein kleines Haus. In dem Hause drin Wohnt 'ne Schäferin, In der Heide, in der Heide. In der feuerroten Heide, Nm jungen Morgen früh, Führt zur taubenstzten Weide Dis Schäferin ihr Vieh, And sie summt dabei Eine Melodei Nus der Heids, aus der Heids. Herbert In der Heide, in der Heide Din gern ich zeitig wach. And ich folge auf die Weide Der kleinen Schäf'rin nach. And ich hol' sie ein And sie ist dann mein In der Heids, in der Heide. Nuf der Weide, aus der Weide, Wo still die Herds zieht, Singt vor Freuds, singt vor Freude Sie dann ein Schäfsrlied. And ich ruf' ihr zu, Nch nur du, nur du Werde mein, du Kind der Heide. H e n k n e r. Stolpen als Wanderziel Von Fr. Beruh. Störzncr Jahrzehnten ist Stolpen das Wanderziel Bieler an Sonn- und Festtagen zu jeder Zeit des Jahres geworden, sei es im Sommer, sei es im Winter. Das idyllisch ge legene Bcrgstädtchen übt auf alle Freunde Gottes schöner Natur und der vaterländischen Geschichte eine große Anziehungs kraft aus. Gerade zur Winterszeit, wenn alles tief verschneit ist, gewähren die Ruinen der Burg einen bezaubernden Anblick. Die aus dem Schnee, emporragenden schwarzen Basaltmauern kontrastieren wundervoll! Und wer an einem solchen Tage durch die stillen Burghöfe wandelt, wird das Bild nie vergessen. Hier oben möchte man sich Hütten bauen. Die liebliche Romantik der alten Beste wirkt bezaubernd auf den Besucher. Die Meißner Bischöfe, die Stolpen zu ihrem Lieblingssitze wählten, hatten wahrlich keinen schlechten Geschmack. Ihnen verdanken wir ja auch den Ausbau der Burg. Hier oben residierten sie von 1227 bis 1559. — Welch herrliches Bild entrollt sich vor den Augen dessen, der z. B. den aussichtsreichen Fürstenplatz mit dem sieben spitzigen Turme besucht! Unten zu Füßen ruht das traute Städt chen, das sich gleichsam schutzsuchend an den Berg schmiegt. Dar über hinaus dehnt sich das ringsum liegende Land in meilenweite Ferne. Immer wieder schön und anziehend auch für den, der schon oft es sah! Streift doch das Auge über eine Landschaft von der nördlichen Landesgrenze hinter Kamenz bis weit hinein ins Böhmerland im Süden, ostwärts bis an die Lausitzer Berge, zu denen der gewaltige Valtenberg bei Niederneukirch die Brücke bildet, und westwärts bis hinauf ins Erzgebirge. — Zahlreiche geschichtliche Erinnerungen knüpfen sich an Stolpen und an die verfallene Burg. Ein großer Teil der sächsischen Geschichte spielte sich hier oben ab. Die Mauern erzählen von der Glanzzeit der sächsischen Kurfürsten, die Ruinen von der Zerstörungswut der Franzosen, die schauerigen Burgverließe von den Leidenstagen evangelischer Märtyrer, die um ihres Glaubens willen hier unten schmachten mußten. Der trutzige Iohannisturm berichtet von dem tragischen Geschick der Gräfin von Cosel. In seinen Räumen flüstert Frau Sage. Nachts wandelt der Schatten der schönen Gräfin, die in der Gruft der Sankt Barbarakapelle der Burg ihre letzte Ruhestätte fand, umher! Stolpen trägt zum Teil noch mittelalterliches Gepräge. Wer von Westen her ins traute Städtchen eintritt, der muß noch durch das alte Stadttor, das efeuumrankte Dresdner Tor, schreiten. Der gestrenge Herr Torschreiber, der sonst hier seine Dienste tat, ist freilich längst schlafen gegangen. Hier ist auch noch ein Teil der ehemaligen Stadtmauer zu sehen. Bor drei Jahrzehnten war auf der Nordseite des Städtchens auch noch teilweise der frühere Wallgraben vorhanden, der aber nunmehr ausgefüllt und in einen Weg, „Am Graben" genannt, umgewandelt worden ist. Die kleinen, winkligen und engen Gaffen und Gäßchen heimeln uns an. Das Innere des lieben Städtchens ist sichtreugeblieben, und ein warmer Hauch des deutschen Mittelalters liegt über ihm. An der West- und Südseite Stolpens regt sich jedoch die Neuzeit. Die Umgebung des Städtchens hat hier im Laufe der letzten vier Jahrzehnte eine wesentliche Veränderung erfahren. Die ersten Gebäude der Neuzeit, die hier emporwuchsen, hatten freilich nicht immer Rücksicht auf den landschaftlichen Rahmen genommen, und sie wollen daher gar nicht so recht ins Landschaftsbild passen. In den letzten zwanzig Jahren ist es hierin aber erfreulicherweise doch wesentlich anders geworden. Im anheimelnden Heimatstile sind da eine Anzahl Gebäude am Siidabhange des Stolpner Berges entstanden, die den Reiz des Gesamtbildes geradezu erhöhen. Die Bestrebungen des Heimatschutzes haben hier Wurzel gefaßt. Und wer Stolpen lieb hat und ein Freund des Heimatschutzes ist, der begrüßt das mit großer Freude. Stolpen ist es w ert, daß ihm sein mittelalterlicher Zauber erhalten bleibt! Wir haben nicht allzuviel Städte im Land, die schon durch ihre Lage, wie sie Stol pen hat, dazu ein Anrecht haben. Als Stadt auf hohem Berge grüßt sie so freundlich und einladend weit hinaus ins Land und erfreut schon aus der Ferne den, der es erstmalig schaut. Möchte darum auch ferner bei Aufführung neuer Gebäude am Berges abhange Rücksicht aus das Landschaftsbild genommen werden. Stolpen verdient diesen Heimatschutz in erster Linie. So wünschen wir dem anmutigen Bergstädtchen Stolpen auch für die Zukunft einen regen Fremdenverkehr! Zittau. Sein 50jähriges Berufsjubiläum beging kürzlich in aller Stille ein höchst verdienstvoller Zittauer Mitbürger, Herr Pfarrer cm. Sauppe. Der schlichte Geistliche und hochver diente Heimatforscher, ein edler Menschenfreund und Gelehrter von umfassendem Wissen, ist in Wahrheit einer von denen, die keine Zeit haben, müde zu sein. Bon seinem „Ruhestand" hat er bisher wenig genossen, denn »och bis in die letzte Zeit und namentlich während der langen Kriegszeit hat er in seinem Hauptberufe andauernd überall, wo es fehlte, eingegriffcn, und in seiner ersprießlichen wissen schaftlichen Tätigkeit gönnt er sich noch heute kaum irgendwelche Schonung.