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Nr. 15 Gberlausiher HelmaLzeltung ISS und absichtlich sich nur in kleinen Gemeinden zusammen geschlossen, sie hat nie um Proselyten geworben. Nur wer freiwillig und aus eigenem Antrieb, erweckt und tief durchdrungen oom Glauben an die Versöhnung mit Gott durch den Tod Christi, zu ihr kommt, wird als Bruder ausgenommen, aber auch nur nach gründlicher Prüfung seiner sittlichen und religiösen Persönlichkeit. Wer aber einmal zur Brüdergemetne gehört, der steht schon durch das brüderliche „Du" und durch die Anrede „Bruder" und „Schwester" allen Gemeindegltedern in allen Orten nahe, sie alle umschlingt ein inneres Band tiefster religiöser Überzeugung, das sich werktätig zeigt in der religiös sittlichen Arbeit an sich selbst, in der christlichen Liebes und Heilstätigkeit im Dienste der Jugenderziehung, der inneren Mission und vor allem der Heidenmission. Häufig denkt man bei dem Namen Herrnhut nur an das große Werk der Heidenmission, dem sich allerdings die Brüdergemeine bereits 10 Jahre nach der Gründung ihres Mutterortes tatkräftigst angenommen hat. Vom Grafen Zinzendorf selbst ist die Anregung dazu ausgegangen. Am 31. August 1732 brachen die ersten beiden Brüder Dober und Nitschmann von Herrnhut auf, um in West indien den Negern das Evangelium zu predigen, und ein halbes Jahr später gingen zwei Brüder Stach mit Christian David, dem Erbauer Herrnhuts, zu demselben Zwecke nach Grönland. Das Werk der Heidenbekehrung wurde unter dem Grafen Zinzendorf bereits eine Weltmission, in vier Erdteilen halten bis zum Tode Zinzendorfs (1760) die Herrnhuter Heidenprediger bereits Fuß gefaßt: Westindien, Grönland, Nordamerika, Guiana (Suriname); Algier, Süd afrika, Abessinien, Ägypten; Persien, Kalmückensteppe, Cey lon, Trankebar in Indien usw. 266 Missionare waren bis 1760 bereits ausgesandt worden, gewiß eine gewaltige Arbeit angesichts der Tatsache, daß die Muttergemeinde Herrnhut doch 1760 erst 1200 Menschen aufwies und da mals aus ihr in der Hauptsache die Missionare hervorgingen. Die gewaltige Misstonstätigkeit ist bis in unsere Zeiten segensreich fortgeschritten und als Gesamtwerk aller Zweige der Brüder-Unität von einer eigenen Direktion, der Missions direktion in Herrnhut, geleitet worden. Kurz vor dem Kriege (Ende 1913- hatte die Brüdermission auf ihren 14 Arbeits gebieten 107 379 Seelen in Pflege und 36198 Kinder in ihren Schulen. Man würde aber zu einem falschen Urteile über das Herruhutertum kommen, wollte man es bloß nach dieser äußeren Missionsarbeit einschätzen. Der Geist der Brüder gemeine offenbart sich entschieden am reinsten in dem Leben der Gemeinden selbst. „Ihr ist das Christentum Leben, Leben aus Gott und mit Gott für den einzelnen, Leben der Gemeinschaft untereinander", heißt es in der klaren Schrift von G. Burkhardt „Drei Fragen nach dem Wesen der Brüdergemeine" S. 4 „Und in so hohem Grad ist ihr das Christentum Leben, daß ihr im Verhältnis dazu Lehre, Bekenntnis, Buchstabe zurücktritt". Es ist der brüderliche Geist des Urchristentums, der sich uns im Herrnhutertum offenbart. Dieser urchristliche Geist, der auch keinerlei soziale Gegensätze kennt, bezeugt sich auch in der sympathischen Form des Abendmahles, in der Auf fassung des Todes, in der eigenartigen Ordnung des um fangreichen Gemeinbesitzes, schließlich auch in dem brüder lichen genossenschaftlichen Leben der ledigen Brüder und Schwestern, der Witwen in besonderen Chorhäusern. Daß dieser Geist segensreich auch auf die Jugend wirkt, bezeugen die ausgezeichneten Erfolge der zahlreichen Er ziehungsanstalten in den verschiedenen Herrnhuter Ge- meinden, die auch in weiten Kreisen, auch in solchen, die nicht zur Brüdergemeine selbst gehören, einen ausgezeich neten Ruf genießen. Uber die Art dieser Erziehungs anstalten, zunächst der Knabenschulen, sind wir anschaulich unterrichtet worden durch den Herrnhutischen Bubenroman „Gottfried Kämpfer" von Hermann Anders Krüger, der, selbst der Sohn eines Herrnhuter Predigers, besonders seine Erlebnisse und Erfahrungen in Niesky erzählt. Wenn dieser bedeutende moderne Erzähler auch im Wider streit mit seinem Vater und im Gegensatz zur Brüder gemeine später eigene Wege gegangen ist, wie er in seiner sehr anziehenden Selbstbiographie „Sohn und Vater" erzählt, so gelangt er doch zu einem hochanerkennenden Urteil über das Herrnhutertum, indem er sagt (S. 216): Wenn ich schon ein Mitglied irgend einer Kirche sein müßte, wäre mir von allen kirchlichen Gemeinschaften die schlichte und tolerante Brüderkirche, die dem Ideal der Urchristenheit immer noch am nächsten kommt, bei weitem die liebste. Dankbar bleibe ich ihr, die mich durch ihre besten Diener redlich und vorbildlich erzogen hat, bis ans Ende meines Ledens. Mit diesem schönen Dankeswort eines warmblütigen Dichters dürfen wir unsere kurze Betrachtung über die ihren 200. Geburtstag feiernde Brüdergemeine schließen und den Wunsch aussprechen, daß sie auch in künftigen Zeilen zum Segen der Christenheit und der ganzen Menschheit wirken möge wie bisher als ein Sauerteig echten Christentums! Wir empfehlen aber allen Lesern die neuesten Schriften über die Brüdergemeine zum eingehenden Studium des Herrnhutertums, es sind ausgezeichnete Iubiläumsgaben nicht nur für die Gemeine selbst, sondern für jeden Ge bildeten: Gerhard Reichel: Die Anfänge Herrnhuts. — Hermann Steinberg: Die Brüderkirche in ihrem Werden und Sein. — Lebensbilder aus der Brüdergemeine. Mehrere Hefte. — Baudert und Steinmann: Die Welt der Stillen im Lande. (Berlin, Furcheverlag.) Kaiser Matthias speist in Großpostwitz Bon Fr. Beruh. Störzner-Arnsdorf Jähre 1611 reiste Kaiser Matthias nach Budissin, um IW dort sich huldigen zu lasten. Sein Weg führte ihn über Rumburg nach Großpostwitz, wo er am 3. September an kam. Bis hierher waren ihm von Bautzen aus die 50V Vertreter der Landstände entgegengeritten. 3m Pfarrgarten zu Großpostwitz hatten diese Zelte, Tische, Tafeln, Stühle und Bänke aufgestellt, dazu ein großes Festmahl bereitet. Nach ehrfurchts voller Begrüßung auf dem Dorfplatze vor der Kirche wurde der Kaiser nach dem festlich geschmückten Pfarrgarten geleitet, und das Festmahl nahm seinen Anfang, nachdem der damalige Orts pfarrer Michael Schwach das Tischgebet gesprochen hatte. Längere Zeit unterhielt sich nach der Tafel der Kaiser mit dem Pfarrer und sprach zuletzt zu ihm: „Bitte Dir eine Gnade von mir aus!" — Da antwortete der Pfarrer: „Kaiserliche Majestät wollen der Postwitzer Kirchen den Kelch beim heiligen Abendmahl gnädlgst lassen!" — „worauf Se. Kaiser!. Majestät mündlich und treulich versprachen, sie bei diesem Gebrauche allezeit zu lassen und zu schützen." — Großpostwitz war nämlich der erste Ort in der Bautzner Gegend, der Luthers Lehre annahm und daher manche Feindseligkeit zu erdulden hatte. — Der Kaiser hat sein Wort gehalten, und noch heute wird seiner in Großpostwitz dankbar gedacht. —