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historischen Zeit im Verlaufe der ostdeutschen Kolonisation von 1000 an wohl meist ritterliche, von 1200 an aber die großen Massen der bäuerlichen Kolonisten. Mer die drei erstgenannten Völker, die Schnurkeramiker, die Lausitzer Bronze- und Eisenleute gewesen sind, wissen wir nicht. Wir wissen nicht einmal, ob diese Hilfs- benennungen drei verschiedene Völker bezeichnen oder ob man unter den Trägern dieser Kulturen ein einziges Volk erblicken muß, das in der OL. nur die drei Phasen der Stein-, Bronze- und Eisenzeit durchmachte. Wir wissen auch nicht, ob sie sich nach 100 p. in der OL. erhielten oder ob sie ganz restlos abwanderten. Die Prähistorie hat mit mehr oder weniger sicheren Gründen die einzelnen bezw. mehrere von ihnen Germanen, Illyriker, Karpodaken, Kelten genannt. Nach Ansicht des Verfassers sind alle diese Identifikationen unsicher. Die darüber vorgetragenen Hypothesen kranken sämtlich daran, daß man Kulturmerkmale Rassenmerkmalen gleichsetzt, ohne daß bisher der Nachweis erbracht worden ist, daß beide sich decken, ohne daß man sich einig ist, ob es den Begriff der Rasse in scharf umgrenzter Bolkszahl über haupt gibt. Hier ist heute das Kampfgetümmel der Forscher, die Schlacht wogt hin und her.") Desgleichen sind die oben angegebenen Jahreszahlen nur ungefähre Angaben, die prä historische Chronologie ist von der erstrebenswerten Genauig keit noch weit entfernt. Die Stellung der OL. in der Geschichte Deutschlands ist im Mittelaller und in der Neuzeit stets eigenartig gewesen. Sie hat sich selbst über die Revolution hinaus eine gewisse Sonderstellung auch im Deutschen Reich gewahrt. Es liegt dies nicht an der Zweisprachigkeit unserer Heima», sondern an ihrer geographischen Lage. Böhmen, Schlesien, Branden burg, Kursachsen als politische Mächte und als kulturelle Mittelpunkte sind die Nachbarn, keiner gönnte sie dem andern, oft wechselte sie die politische Zugehörigkeit. All dieser Streit um unsre Heimat bedingte, daß hier eine Eigenentwicklung einsetzte, daß man von der OL. als von einem Staate im Staate sprechen kann. Da sich nun in ihr das wendische Volkstum erhielt, so begann man von der OL. „dahinten" zu sprechen. Sie ist eben dem kulturellen Bewußtsein der Nachbarvölker entrückt. Ihren Anschluß an das westelbische Deutschland erhielt sie erst dann, als die via regia, die Hohe Straße, sie von West nach Ost durchzog. Der Güteraustausch wurde dadurch befördert. Dieser Abschluß war naturgemäß in den prähistorischen Zeiten wirksamer als später und heute. Vor 1000 p. war die OL. durch die breiten Urwaldzonen auf allen Seiten umschlossen. Diese wurden durch die sumpfigen Niederungen im Norden und durch das Gebirge im Westen und Süden in ihrer verkehrsfeindlichen Wirkung noch verstärkt. Der „Auslandoerkehr" der OL. wird nun oft höher ein geschätzt, als er in Wirklichkeit gewesen sein mag. Man spricht von prähistorischen Handelswegen, die sie durchzogen hätten. Das ist nach Ansicht des Verfassers für die Vorzeit unrichtig. Mögen auch im Gebirge, bei Kamenz und im Norden Schatzsunde früherer Perioden zu Tage treten, mag hier auch der oder jener Händler wirklich sein Handels depot im Urwald angelegt haben, vielbegangene Weg- rtchtungen von kulturbringender Wirkung werden nicht vorhanden gewesen sein. Höchstens mag man im Meißnischen gewußt haben, daß man östlich des Elbllb rganges hinter dem Urwald (Dresdner und LaußnigerHeide, Massenei usw.) «in wenn auch wenig kaufkräftiges Gebiet findet, höchstens wird man es sich in Böhmen weitererzählt haben, daß man nach beschwerlicher Reise durch die Wälder und Übersteigen des Gebirges in ein „jenseits des Waldes" (Zagost) ge legenes Land kommen kann. Lohnte reicher Handelsgewinn Beschwerde und Gefahr? Kaum, denn prMistorische Schätze (Gold, Eisen, Kupfer, Zinn, BernsteinMSalz usw.) besaß das Volk der OL. nicht in damals abbauwürdigem Maße, höchstens den Raseneisenstein, aber der war auch in den Nachbargebieten vorhanden. Die OL. war ein Gebiet zu friedener „Selbstversorger". Ein lebhafter Handelsverkehr wird daher nicht geherrscht haben. Nur vielleicht einmal im Jahre zog der Handelsmann dahin, nur vielleicht auf der Durchreise nach Schlesien verkaufte der Westelbier hier gelegentl ch etwas. Es ist daher kein Wunder, wenn sich in der OL. anderswo bereits überlebte Kulturen (io wie heute großväterliche Kleidermoden in der Volkstracht) länger er hielten. Dafür wohnten aber auch hier die Einwohner sicherer vor habsüchtigem Überfall. Viel mag zu diesem Abschluß der OL. der Umstand beigetragen haben, daß längs der Oder die Bernsteinstraße und längs der Elbe eine Bölkerstraße verlief. Die OL. berührt keine von ihnen. Gefahr, aber auch raschen Fortschritt schaltete die geographische Lage unserer Heimat automatisch aus. Ob man daher bei der prähistorischen Methode der Zeit bestimmung nach typischen Geräten, die für andere Gegenden durch Münzfunde zeitlich sichergestelk sind, auch die gleiche Zeitansetzung für die OL. treffen darf, erscheint mir unwahr scheinlich. Eine Form der Töpferei, die beispielsweise um Christi Geburt in Schlesien verschwindet und auch in derOL. vorhanden mrr, muß m. E. nicht unbedingt auch zur selben Zeit hier aussterben, sie kann sich vielmehr hier länger er halten haben. Vielleicht auch mit ihr eine Bevölkerung. Nun macht uns die wendische Sage bekannt mit den Lutt- gen, sie spricht non ihnen als von kleinen Leuten, sie kenn zeichnet ihre Sprache, ihre Töpferei, ihre Lebensweise als von der slaoischen grundverschieden. Allgemein können diese sagenhaften Gestalten den Klang von Kirchenglocken nicht vertragen, sie verschwinden, wenn das Christentum ins Land einzieht Mit aller Vorsicht möchte ich hier auf die Möglich keit Hinweisen, daß sich vielleicht doch in der Sage hier ein Bolksrest widerspiegelt, der selbst bis in die Slaoenzeit hinein in der OL. lebte. Aber die Sache ist noch gänzlich unerforscht, und ich bitte alle Leser, die schon etwas von Luttgen.Llltchen, Leutchen zu Füßen der Großmutter in ihrer Jugend hörten, mir diese Geschichten mit Angabe des Ortes der Erzählung zugänglich machen zu wollen. ") Die Siedlungsgeschichte der OL. nach Christi Geburt fängt demnach für uns mit einem großen Fragezeichen an. Es ist als ziemlich sicher anzunehmen, daß die Bevölkerung der OL. um das Jahr 100 p. mindestens eine starke Ver minderung erfuhr. Mir erscheint es wahrscheinlich, daß die Eisenzeitleute damals zu einem großen Teile abwanderten, da sich die Folgen der Klimaoerschlechterung allzu stark be merkbar machten. Wohin sie wanderten, wissen wir nicht.") ') Ich verschweigt hier ganz geflissentlich eine Angabe liker meine Quellen und über das mir von diesen sagenhaften Gestalten Bekannte, um ja nicht eiwa einen freundlichen Erzäbl-r irgendwie ihm unbewußt zu beeinflussen, denn nur allzuleicht wuchert eine küniiliche Sage hoch, die dann alles Bemühen um Egriindung der Totlachen unmöglich macht. — Etwaiaes Briefporto erstatte ich gern zurück l ") Nur »ine Bermuiung. die aber nicht unausgesprochen bleiben darf: Wir haben in Europa nut einer vor-und nichrindogerrnantschen Bevölkerung sicher zu rechnen, die außerordentliche Zeiträume hier saß Zu ihr gehören di- Iberer in Spanien fheurkger R.st di» Basken), dir Dorkelten in Brilonnirn, die Rät>r in den Aloen sowie Etrusker, die nach Italien «inwandrnra, und die Prlasger. Dir Iorschung wird