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im deutschen Nordböhmen tritt uns ein solches „Eierkollern" als Osterspiel entgegen. Doch ist es unseres Erachtens nicht richtig in dem Bautzener „Eierschieben" nur eine Zweigsorm jener Bräucke zu erblicken. Tragen dieselben in der Haupt suche d n Charakter eines Spieles, so kommt dieser bei unserer Bautzener Osterlitte weit weniger zum Ausdruck. Hier tritt das Ei selbst mehr in den Vordergrund, das als Sinnbild der wiedererwackenden Fruchtbarkeit gerade in dieser Zeit eine große Rolle spielt. Gilt dasselbe doch als urspiüngliches Abzeichen der Oitaraverehrung. jener Göttm des aufsteigenden Lichtes und Lebens, welchem dos Oste, fest bekann'lich seinen Namen verdankt. Auf eine Entstehung in vorchristlicher Zeit ist sicher auch unser Eierschieben zurück- zuführen. Schon mehrfach hab n sich Freunde uns Forscher heimatlichen Volkstums bemüht, seinen U-sprung zu er gründen. Sie stützen sich dabei auf einen Bericht aus der Refirmationszeit, nach welchem damals die Bautzener Protestanten aus Unmut über das den Katholiken zu gestandene Vorrecht, am ersten OsKrsiiertage im evangelischen Teile des Petridomes Gottesdienst halten zu dürfen, den Proitichenberg in Menge aufsuchten, um hier während jener kirchlichen Veranstaltung sich in möglichst lärmenden Be lustigungen zu ergehen. Dies in nächster Nähe der Kirche, überhauvt innerhalb des Stadtgebietes zu tun, sei ihnen von dem gestrengen Rat verboten worden. Auf solche Weise hätten die Bautzener Gefallen an der von der Seidauer Bevölkerung auf ihrem Berge geübten Bolkssitte gesunden und sich immer zahlreicher daran beteiligt. Doch ist es wohl gar nicht besonders nötig, die starke Teilnahme der Stadt bewohner an dem Osterbrauche der Seidäuer aus diese Art zu erklären. Ubt doch ein solches Volksfest stets eine große Anziehungskraft auf seine Umgebung aus. Ist es überhaupt eine zwingende Notwendigkeit, bas Eierschieben in seiner ursprünglichen Form durchaus der wendischen Dorfbeoölke. rung der nächsten Ortschaften zuzuschreiben? In seinen ältesten Überlieferungen treten diese als Empfangende, die Bautzener dagegen als Geber auf. Ist es nicht eine rein- deutsche Gegend, das benachbarte Nordböhmen, in weichem unsere Eierschieben fast in derselben Gestalt als „Eier kollern" geübt wird. Mit demselben Recht wie einen sla wischen dürfen wir einen deutschen Ursp ung des beliebten Volksfestes annehmen. In Bautzen hat ja das Deutschtum bereits um das Jahr lOOO festen Fuß gefaßt. Seine ersten Bewohner waren zwar Christen, doch hat sich bei ihnen sicher noch in Sitte und Brauch viel ungebrochenes Heiden tum erhalten, so unter anderem auch die Verehrung der Ostara, bei welcher das Ei eine besondere Verwendung fand. Der Zug aus dem engen Stadtinnern in die freie Natur zurzeit des erwachenden Frühlings, dem wir bereits im Mittelaller begegnen, hat gewiß auch dazu beigetragen, das Eierschieben an dem der Stadt abgekehrten Flußabhang im Angesichte der rings ergrünenden Heimatnatur entstehen zu lassen. Wie fast alle derartigen Volksfeste hat man dasselbe später in enge Beziehung zu einem bestimmten christlichen Feiertage gebracht. Waren es früher ausschließlich Eier, die den Berg „herab gekollert" wurden, so haben dieselben freilich schon seit Jahrzehnten immer mehr und endlich aän stich verschiedenem Backwerk, Äpfeln und Apfelsinen Platz machen müssen. Doch hat sich der bezeichnende oielhundertstimmigeRuf „Eier" der gabenheischenden Kinderschar bis wenige Jahre vor dem Kriege erhalten. Sicherlich nicht zum Vorteile der alten anziehenden Ostersilte mar an Stelle des Eies in letzter Zeit die sremdländrsche Apfelsine getreten und „Appelsinrn" schallte es uns am ersten Osterfeiertage von den Hängen des Proitschenberges unzählige Mal aus Kindermund entgegen. Mochte auch dieser Zuruf damals mehr Berechtigung haben als der frühere, da tatsächlich neben Pfefferkuchen und Äpfeln besonders Apfelsinen den Berg herabrollten, der ur sprünglichen Bedeutung des Festes und stimm alten Zauber tat das Wart ganz entschieden Abbruch. Die Not der Zeit hat leider dazu geführt, daß am ersten Osterfeiertage 1915 der altüberlieferte Balksbrauch zum letzten Male stattfand. Mögen die Zeilen bald kommen, in denen auch das Eier schieben in alter lieber Weise wieder zu neuem Leben ersteht. Wenn es dann aufs neue eine gabenfreudige Menge auf den Proirschenderg lockt, dann möge der altgewohnte Rus „Eier" auch wieder zu seinem Rechte gelangen! Eine Klage Traurig klingel eine Weise Durch das stille Willigte! And im Herzen sing' ichs leise. Weil ich sühl die Schmsrzensqual. Junges, hoffnungsvolles Leben Sank ins kühle, nasse Grab, And kein Mensch kann wiodergsben Das, was Gott ihm einstens gab. (wie.) Weinen l>örs ich und klagen An des Flusses grünem Strand. Elternliebe will verzagen, Wei! Golt nahm ihr liebstes Pfand. Trost und Hoffnung mög' er spenden Ihnen in dem schwersten Leid. Seinen Frisdsnsengsl senden. Das) er stärkt sie in der Seit. Wilhelm Fischer, Aitlou Glocken künde Mitgoteilk von Pfarrer Seidel- Beiersdorf, G.-L. Es ist ein eigener Sauber, der unsere Glocken umgibt. Aichts ist von leblosen Dingen wohl so mit dem menschlichen Leben ver wachsen, wie der Glocken Klang. Begleitet sie doch mit ihrem Schwung „des Lebens wschjelvolles Spiel". Wir können uns keinen feierlichen An last im Leben denken ohne Glockengeläuts. Woher aber stammt diese Gefährtin des Lebens? Auf diese Frage sei kurz Antwort gegeben. Der Glocken Geschichte wird vielleicht manchem etwas Neuss bringen. Es wird behauptet, die Glocken seien einstmals erfunden worden. Die Chinesen führen ihrs Erfindung bis ins Jahr 2ö34 vor Christi Geburt zurück. Dio christliche Sage berichtet darüber folgendes: Im südlichen Italien, in der herrlichen Landschaft Kampanien, lag dis Stadt Nola. Hier war seit dem Jahrs 40S Pontius bLeroxüus Paulinus Bischof, ein ernster eifriger Christ. Der sei einst durch die blühenden Gefilde seiner Stadt gegangen. Bunts Blumen grüßten ihn, darunter auch die kleine, blaue Blume, die bei uns ^Glockenblume" heißt. Bei dem Anblick sei ihm der Gedanke ge kommen, wie wäre es denn, wenn man diese Blumenkelche mit ihrem Stempel in der Mitte groß und stark in Erz nachbildste. Sollten sto nicht laute Stimmen werden können, welche geschickt wären, die Gemeinde des Herrn zu seinem Dienst zu rufen? Er pflückte einige' dieser blauen Blümelein und brachte sie zu einem Meister in allerlei Erzguß, teilte ihm seins Gedanken mit und bat ihn, sie in die Wirklichkeit umzusstzsn. Das geschah. So soll die erste Glocke entstanden sein. Diese Sage ist wahrscheinlich dadurch entstanden, daß dis latei nischen Ausdrücke „nols" und „cuinpana" später soviel wie „Glocks^ bedeuteten. Indessen findet sich in den uns erhaltenen Gedichten des angeblichen Glocksnerfindsrs, Bischofs Paulinus, nirgends sine Erwähnung der Glocken. Wie müssen dis ins 7. Jahrhundert gehen, ehe uns die genannten lateinischen Bezeichnungen begegnen. Wie steht es nun in Wirklichkeit? Nicht als eine fertige Er findung find dis Glocken anzujprechen. Vielmehr dürften fis sich aus den kleinen Glöckchen oder Schellen entwickelt haben. Sind doch die Schells und die Glocke zuletzt nur durch ihre Ausmaße ver schieden. Wahrscheinlich ist das Morgenland die Heimat der Schell«. Schon des Mojes Bruder, Aaron, hat am Saums seines Kleides kleine Schellen getragen. Das war etwa 1 Vs Jahrtausend vor Christus. Der griechische Lustfpieldichter Nrijtophanes (415 v. Ehr.) spricht in seinem Lustspiel „Die Vögel" von einem Nachtwächter, der mit der Schells umhsrgshk. Der griechische Weltweijs Aristoteles berichtet 330 v. Lhr., daß man Fische dadurch fangen könne, daß man sine Schells ins Netz einbindo, deren Klang sie heranlocke. Di« älteste erhaltene Schelle befindet sich jetzt im vorderafiattscbeu