Damen und Herren, die auf Stöckelschuhen — mit Puderperücken —, in Reisröcken und Galasracks geistreich causierend durch die Alleen promenieren, läßt sich kaum denken. Der Schöpfer des Baues ist un bekannt. Er gehört in den Kreis der sächsischen Barockarchitektur, die in Daniel Pöppelmaun,dem Schöpfer des Zwingers und des japanisch-« Palais in Dresden, ihren Hauptvertreter hat. — Tritt man durch die Tür, so befindet man sich in einem quadratischen Empsangssaal mit abgerundeten Ecken. Eigenartig ist, daß der Saal durch beide Stock werke hindurchgeht und somit so hoch ist wie das ganze Haus. Der Bau erscheint dadurch von innen größer und mächtiger als er in Wirk lichkeit ist: eine echt barocke Illusionswirkung! Mit wenig Mitteln will man viel hermachen, will täuschen. Konventionelle Lügen könnte man dergleichen nennen. Der Bau repräsentiert somit eine bezeichnende Wesensseite seiner Entstehunqszeit, in der sich das Leben zwischen schönen Phrasen, blendenden Wendungen und äußerlicher Galanterie bewegte. Die Kronleuchter sind nicht stilecht, sic gehören ins 19. Jahr hundert, der dekorative Schmuck der Wände an den Ausgang des 18. Jahrhunderts. In dem Zimmer rechts vom Saal befindet sich die Gemäldesammlung. Freilich ist der größte Teil der Bilder ins neue Schloß gebracht worden. Unter der Ungunst der Witterung würden Vie wertvollen Stücke, da nicht geheizt werden kann, leiden. Das anstoßende Kabinett enthält interessante Röielstudien nach antiken Statuen, die ein deutscher Künstler aus Italien mitbrachle. Meist liegen ihnen erotische Motive zugrunde. Der schöne Ofen darin stammt, wie die oben abschließende charakteristische Urne beweist, aus der Zeit des Zopfstiles. In dem Zimmer links vom Saal sind noch Uverreste der alten Barockeinrichtung zu seqen, aus derselben Zeit wie die Einrichtung des Moritzburger Schlosses. Die Wände sind mit kostbarem Seidendamast bespannt. Auch ein Betthimmel ist noch erhalten; ferner ein prächtiger Kamin aus Meißn.erPorzellan. Da neben liegt noch ein zweites Schlafkabinett. Die Tapeten sind hier aus Papier mit auf- gedrucktenBlumen. Der Betthimmel ist von wei ßer Seide. Leider sind die drei Zimmer etwas vernachlässigt, offenbar hat man sie, um ihre Originalität zu erhalten, nicht restaurieren wollen. Im ersten der Zimmer Denkmal des Freiherrn Wolfgang von Riesch des oberen Stockwerkes im Schloßpark. steht ein interessanter Schrank. Es ist ein einfacher eiserner Kasten mit Aussätzen und Beschlägen. Wir haben es hier mit einem Geldschrank der Rokokozeit zu tun. Trotz seiner Schwere macht er den Eindruck des Leichten. Heute enthält er eine Dokumenten- und Wappen-Brief-Sammlung, wie sich in der Lausitz wohl keine zweite finden dürste. Unter anderem bewahrt er ein Siegel Blüchers. Daneben liegt die Bibliothek. Sie ist das reizende Muster einer Zopfstil- Bücherei. Die Behältnisse beherbergen gegen 6000 Bände. Beachtung verdient der lausitzer Fayence-Ofen, der ganz charakteristisch ist für seine Zeit: Er vereint das Wuchtige und Stattliche mit dem Gemütlichen. Im Nebenzimmer setzt sich die Bücherei fort, auch hier wird das Auge gefesselt durch einen prächtigen Ofen im Zopfstil. Ein Kabinettstück in diesem Raume ist die Sammlung von Abdrücken antiker geschnittener Steine. Das Behältnis hat die Gestalt eines Buches, in seinen einzelnen Kästchen sind Abgüsse berühmter Gemmen und Intaglien fein sauber in zierlichen Iagdszene aus dem Schloßpark. Rahmen auf grünem Grunde ausgeklebt.