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der Gemeinde, die es sich zum Ziel gesetzt Hai, solchen oder ähn lichen Friedhof zu schossen und zu erhalten. Wieviel herrliche alte Friedhöse hat unser Vaterland, abgeschieden vom Welttreiben. Alte Denkmale sind von Efeu umsponnen. Die Gräber sind grün bewachsen, und von hohen Bäumen rauscht eine ehrwürdige Sprache, redet von solchem Friedhof zu uns. Aber es gibt auch Gemeinden, die den Friedhöfen den Frieden nicht lasten. Wenn neu belegt wird, so wird der alte Baumwuchs abgehäuen, das frühere stimmungsvolle Bild wird ein ödes Leichenfeld. Unsere Vorfahren verstanden es, einen geeigneten Platz zu finden. Sie lehnten den Friedhof an den Berghang und benutzten geschickt die Mannigfaltigkeit des Geländes. Ein Waldstück war der Hintergrund, ein Kranz von Bäumen umschloß die gesamte Anlage, um die stille Stätte gegen die Häuser des Ortes und den Lärm der Straße abzuschließen. Wohl der kleinen Gemeinde, die schon den bloßen Platz ihres Friedhofes zur Anziehung für viele gestaltet! Und dann der Friedhof selbst. Ich habe solche gesehen, die waren von tadelloser, kalter Mauer umgeben, die Gräber alle nach einer Linie gerichtet. Kein Strauchwerk, kein Baum unter brach das öde Einerlei. Das ist weder sür die Toten würdig, noch für die Lebenden gewinnend. Gewiß gehen einige Grabstätten verloren, wenn die Blüte des Rosenstrauches oder das Buschwerk der Hecke oder der hochragende Baum zwischen die Grabanlagen hineingeworfen wird. Aber lohnt sich diese Unterbrechung nicht? Wird nicht die Blüte und das Grün zum Sinnbild des Lebens? Wird in der Zypresse nicht der Singvogel ein Nest bauen und am Tage ein Loblied und am Abend ein Abendlied der Freude an stimmen? Das ist mit einfachen Mitteln zu erreichen. Es ist nicht schwer, bei Neubelegung das alte Grün, den stattlichen Baum zu belassen. Die Axt gehört nur an abgestorbene Bäume. Jeder andere Baum soll ein Naturdenkmal der Schöpferkraft Gottes, ein Schmuckstück des Friedhofes bleiben. Jede größere Pflanze ist Eigentum des Friedhofes und wird aus nichtigen Gründen nicht entfernt. So werden die Friedhöfe Wertstücke in der Ge meinde, bringen der großen Stadt Zierde in der unendlichen Straßenzeile. Köstlich, wenn auf die Mauer ein Birkcnsämling fiel und zum stattlichen Bäumchen sich entwickelte, wenn die Heckenrose das alte Denkmal umschlang, wenn Farn oder Schling pflanzen die Einfassung des Grabes bildeten. Wer auf dem Fried- Hofe die schaffende Mutter Natur wirken läßt, nur Unkraut be seitigt, aber das Gute wachsen läßt, der wird auch auf schlichtem Dorffriedhof ein Bild uneingeschränkten Lebens sich entfalten sehen und Freude empfinden, wie Gott der Herr cs versteht, der Gemeinde eine Stätte des Ernstes und des Friedens zu schenken. Laste darum deines Gottes Hand auf dem Friedhöfe langsam walten, dann hast du an ihm das, was er sein soll: Eine Stätte für Tote und Lebende zugleich. * * * II. DieGestaltungdesGrabes Friedhofspilger wandern nicht nur zum Friedhöfe, um auf seinen Wegen und Plätzen, zwischen Gräbern Frieden zu finden. So manches eilt schnell die Wege vorwärts oderschleicht gebeugten Hauptes durch das Tor nach einer bestimmten Richtung. Sie suchen ein Grab. Haben sie es erreicht, sv stehen sie eine Weile still, trauernd und doch hoffend. Dann wird geordnet, gepflanzt, gegossen und dann geht es denselben Weg wieder heim. Tag um Tag derselbe Gang. Der Ausaang ist sür manchen nur der Weg zum Friedhof. An dich, du treuer Besucher, du stille Pilgerin, wendet sich die Frage: Wie gestaltest du dein Grab? Du denkst nur an dein Grab, und doch ist dein Grab ein Stück des Ganzen. Es muß auf die Gestalt des Friedhofes Rück sicht nehmen. Es darf in seiner Ausmachung nicht gegen die im Friedhof lebenden Gedanken streiten, des Friedhofes Sinnigkeit nicht stören. Es darf nicht durch unangenehme Eigenart die Blicke der Friedhofsbesucher auf sich ziehen. Einheitlich, stimmungsvoll möchte es in die Gesamtheit sich fügen. Wer ein Grab für ein teueres Angehöriges gestalten will, der möchte erst den gesamten Friedhof auf sich wirken lasten und die sür ihn herrschende Orb- nung zu Rate ziehen. Ist schon jeder als Lebendiger ein Glied einer Gemeinschaft, so sollen sich auch die Häuser der Toten als eine große zusammengehörige Gemeinde fühlen. Zugleich soll aber jedes Grab ein Stück persönlichen Lebens, ein besonderes Grab sein. Du sollst nicht andere Gräber nach ahmen. Du möchtest vielmehr in das Grab etwas hineinlegen von dem, was die drunten schlummernde Person einst im Leden gewesen, ihren Wunsch erfüllen, ihre Lieblingspflanzen dort aus stellen. Es ist nicht fein, wenn Vorübergehende sagen: ein hüb sches Grab, aber es paßt nicht für den, der drinnen liegt. In der Erdscholle und der Pflanze soll ein Stück des Verblichenen sich ausdrücken. Die meisten haben nur einfache Gräber, keine Erbgräber. Auch im Erbbegräbnis möchte das einzelne Grab nicht wesentlich vom Rcihengrab sich unterscheiden. Das Reihengrab kann häßlich oder auch srcundlich wirken. Da sagt einer, er möchte nicht viel Mühe mit dem Grab haben. Er möchte, daß das Unkraut nicht immer entfernt werden müsse, zumal wenn er entfernt wohnt oder später einmal gestorben ist. Da verschließt er das Grab mit hohen Zementtvänden und deckt oben eine Platte darauf. Ist die Pflege dadurch unnötig geworden? Wächst das gefürchtete Unkraut nicht schnell zu allen Seiten der Einfassung heraus? Wie kalt, wie eintönig ist überdies solche Einfassung! Wären es doch Bruchsteine, aus deren Fugen Immergrün oder Efeu herauslugen. Aber bei festen Wänden istjedes Grün ausgeschlossen. Das grüne Grab, ein Stück Wiese und Leden ist unser Wunsch für die Gräber Laß zur Sette des Grabes den Rasen wachsen, oder bedecke das Grab mit Efeu, dem kleinblättrigen, Winterhärten. Bald wird es völlig vergrünt sein und kein Unkraut mehr durchlassen, und du hast so wenig Pflege nötig. Oder nimm Immergrün, Sedum, das wächst und grünt und hält mit seinen Wurzeln das Erdreich so fest, daß der Grabhügel in sich selbst Halt hat und auch gegen Mäuse, Maulwürfe und Kaninchen geschützt ist. Haben etliche das grüne Grab gewählt, so finden auch andere Freude daran. Die Zementeinfassung, der Schrecken aller Friedhöfe, verschwindet allmählich von selbst. Um das Grab möchte ein Strauch, ein Baum und auf das Grab einige Blumen gepflanzt werden. Ja Blumen, lebendige, keine künstlichen aus Papier oder Blech. Soll denn zu dem Toten im Grabe auch der Tod auf dem Grabe kommen? Blüten auf dem Grabe, ausblühend und wieder verblühend, sind Sinnbilder des Menschenlebens, das da blühet und wieder verblühet. Mußt du aber die ganze Oberfläche des Grabes bis in das letzte Win kelchen mit allen möglichen Blumen bepflanzen? Nicht die Maste, sondern die sinnige Anordnung tul's. Wenige Blumen wirken mehr, als erdrückende Fülle. Pflanze im Frühling Stiefmütter chen, später Storchschnabel und Aster oder ähnliche Reihenfolge! Und Sträucher und Bäume? Auf manchem Friedhose waren beide verboten. Gewiß darf der Einzelne mit seinem Baum oder Strauch das Grab des Nachbarn nicht benachteiligen. Aber ist's wirklich Benachteiligung, wenn die luftigen Faden der Weide auch des Nachbars Grab überdecken oder der Fichtenzweig auch seinen Hügel anrührt. Doch wähle beim Pflanzen den Baum oder Strauch, der nicht in die Weite, sondern nach oben sich streckt. Hängepflanzen, wie Birke und Weide, Sträucher, wie Tamarix und Forsythia, eine winterharte Rose und dann die ernste Konisere in ihren verschiedenen Arien — die stehen am besten am Kopfende des Grabes oder auch um das Grab herum. Traust du dir nicht allein zu, dein Grab so zu gestalten und zu erhalten? Die Friedhossverwaltung oder ein Friedhossgärtner bieten ihre Hilfe. Wohl kostet die Aniage etwas. Aber was in dieser Weise getan wird, das lohnt sich mehr, als wenn ein teures, vielleicht unschönes Grabmal kalt und kahl hingestellt wird. Der vornehm denkende Mensch wird solche Anlage gern sehen, und der einfache wird dich keinen Protzen schelten. Willst du solche Gedanken erwägen, wenn du ein neues Grab gestalten oder ein schon bestehendes besser Herstellen möchtest? * » *