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Är. fi Kbsrlauflher Hsimatzsttung Die vorgeschichtliche Besiedelung unserer engeren Heimat 3. Frenz el, Bautzen MWHWekannt ist, daß die geschichtliche Zeit unserer Ober- MUW lausitz, die Zett also, aus der die ersten schristiichen Nachrichten stammen, erst mit dem Ausgange des 1. Jahrtausends unserer Zeitrechnung beginnt.!) Und doch ist unsere Heimat uraltes Kulturland, schon Jahrtausende vorher ist sie besiedelt gewesen, haben Menschen in ihr gelebt und gestrebt, haben gesorgt und ge schafft. Diese Zeiten nennen wir im Gegensatz zur geschicht lichen Zeit die vorgeschichtliche Zeit. Sie war lange in völ- liges Dunkel gehüllt; sie zu erforschen und das Dunkel zu lichten ist eine lohnende und dankenswerte Aufgabe. Denn auch aus dieser grauen Vorzeit sind Gegenstände von Menschenhand auf uns gekommen, die uns als Geschichts quellen dienen können. Der Schoß der Erde hat uns in Gräbern, Wohnstätten und anderen Anlagen, in Waffen und Werkzeugen, in Schmucksachen und Geräten zuverläs sige Zeugen des Lebens und Strebens unserer Vorfahren erhalten, denen mir, seitdem uns ihre Sprache verständlich geworden ist, sichere Ausschlüsse verdanken. Welches ist nun der leitende Gesichtspunkt, nach dem Schlüsse auf die vorgeschichtliche Bevölkerung gezogen und vorgeschichtliche, uralte, dunkle Zeiten erhellt werden können? Die historische Stammeskunde und die moderne Völker kunde lehrten, daß die nicht mehr auf niederster Kulturstufe stehenden Menschen in Stämmen sich sammeln. Die gemein samen Grundlagen einer solchen Stammeseinheit, die ge wisse räumliche Grenzen voraussetzt, liegen auf politischem, sprachlichem und kulturellem Gebiete, also auf Tracht, Hausbau und Siedelung.aus Waffen,Werkzeugen, Schmuck, auf Grabgebräuchen, wie überhaupt auf allen Äußerungen des Lebens. Wo sich nun scharf begrenzte Kulturgebiete befinden, da haben wir es auch mit einem ganz bestimmten Volke oder Volksstamme zu tun. Dieser Grundsatz ist in geschichtlichen Zeiten tausendfach bewiesen, er muß demnach auch für die vorgeschichtlichenZeitenunbedingtGeltunghaben.(Kossinna). Auf diesem Grundsatz baut nun die Vorgeschichte auf. Das erste Auftreten des Menschen in Europa sollt in eine Periode der eidgeschichtlichen Entwickelung, welche unserer jetzigen oorausging, in das Diluvium. Es war dies zu einer Zeit, wo nicht bloß der Norden unsere, Erdteils, sondern auch das ganze norddeutsche Tiefland bis heran an unsere heimatlichen Berge?) mit gewaltigen Gletschern bedeckt war. Die Gletscher der Alpen erstreckten sich weit in die vorliegen den Länder, und auch einzelne mitteleuropäische Gebirge selbst waren vergletschert. Zn Deutschland war also nur der schmale Streifen zwischen etwa Bodensee, schwäbischem Iura einerseits und dem Harz anderseits eissrei. Dle Rhein gegend und die westlichen Länder Europas — Slldengland, Belgien, Frankreich — wurden von demNordlandsgletscher nicht berübrt. Und in diesen Ländern lebte bereits der Mensch und hat uns viele Zeugnisse seines Daseins in den Höhlen und Diluvialschichten der Erdoberfläche hinterlassen.?) >) Bergt. Needon, Abriß der Geschichte oon Bautzen. 191S' H'Vergl. die Abhdl. von tzeinke: Unser Landschaftsbild im Wandel der geologischen Zeiten — in diesen Biültern. Die Gesellsch. f. Anthr. und Urgesch. d. Oberlaui. hat in ihrer Sammlung im Stadtmuseum zu Bautzen zum Vergleich eine Menge Steingeräte der älteren Steinzeit aus dein Bezöre-Tal in Frankreich ausgestellt, desgl. Nachbildungen der gefundenen Schädel- und Skelett-Teile des Diluvialmenschen, auf die auch an dieser Stelle hingewiesen sei. Die Kulturperiode dieses Zeitalters uennt man die ältere Steinzeit. Steinzeit nennt man den ganzen Zeitraum vor der Benutzung der Metalle; sie hat ihren Namen daher, weil der Stein der wichtigste Rohstoff für die Herstellung der Geräte war; daneben verarbeitete man auch Holz und Knochen. Als ältere Steinzeit hat man die Kultur- zustände des Menschen zur Eiszeit von der jüngeren Steinzeit, die erst nach der Eiszeit blühte, unterschieden. Man verstand noch nicht, den Stein zu schleifen, sondern machte das Steinwerkzcug nur durch Abschlagen von Spänen und kleinen Teilchen für den Gebrauch geeignet; daher auch der Name Periode des geschlagenen Steines. Sie kommt für Norddeutschland und unsere Heimat nicht in Betracht, da hier eben noch nicht die Daseinsbedingungen für die Menschen gegeben waren. Erst als die Gletscher massen endgültig abgeschmolzen waren, größere Landflächen eissrei wurden und sich allmählich mit einer Pflanzendecke überzogen, waren auch die Vorbedingungen für die Existenz einer höheren Tierwelt gegeben, und mit ihr zog der Mensch in unsere Gegend ein. Seiner Kulturstufe nach gehöit er der jüngeren Steinzeit an oder der Periode des ge schliffenen Steines. Die jüngere Steinzeit Der Beginn der neuen Zeit wird namentlich durch zwei Kulturfortschritle bezeichnet, das ist das Auftreten der Tongefäße und das des geschliffenen und durch bohrten Beiles. Das älteste Kulturgebtet, das den Übergang oon der älteren zur jüngeren Steinzeit darstellt, treffen wir an der Ostsee in den sogenannten Muschelhaufen. An den Küsten Schleswigs und Dänemarks erheben sich an vielen Stellen langgestreckte, niedrige Hügel, die im Innern große Massen von Muschelschalen bergen, außen sind die Hügel mit Erde bedeckt und mit Gras und Kraut bewachsen. Die Menschen haben auf diesen Haufen selbst gewohnt, es sind ihre Küchenabfallhausen. In ihnen finden sich auch die Stein- und Knochengeräte jener Zeit, Scherben von den ersten rohen, dickwandigen, unverzierten Töpfen mit spitzem Boden, die Herdstellen und die ersten norddeutschen Gräber, ge legentlich mit großen Steinen umstellt. Sie bergen stark knochige Skelette, gleichend denen der heutigen Bewohner des Nordens. Sie mögen um 5000 o. Ehr. begraben sein.H Gleichalterige Ansiedelungen ziehen sich, den Flüssen und Seen folgend, ins Land hinein. Den zweiten steinzeitlichen Kulturkreis finden wir im Süden, in den Donauländern, es ist der der Bandkeramik. Man bezeichnet ihn mit diesem Namen, weil Bänder in viel facher Abwechselung auf die Gefäße eingeritzt oder ein gedrückt sind. Diese Bänder sind ein ganz charakteristisches Ornament dieser Kulturgruppe. Jäger, Fischer und Acker bauer sind die Träger dieser weitverbreiteten Kulturgruppe gewesen. In einfachen Erdgruben wird der Tote in die Erde gesenkt, aus der Seite liegend, in zusammengehockter Stellung, die Hände über die Brust gekreuzt oder unter den Kopf gelegt; einige Gefäße stehen zu Häupten oder zu Füßen, gefüllt mit Wegzehrung für dle Reise ins Jenseits, eine Steinaxt im Männergrade, Steinmesserchen und allerlei Schmuck für Mann und Frau, Muscheln, Ticrzähne, Arm- Schmantes, Aus Deutschlands Urgeschichte.