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30 Gbsrlauflher Heimatzoitung herangerückt sind. Hier hat der Mensch den südlichen Abhang des Berges landwirtschaftlicher Bearbeitung unterzogen und Sied lungszwecken dienstbar gemacht. Nur wenige Schritte vom Aus gange des Dorfes, und wir sind auf dem höchsten Punkte des Gebietes (307 Meter über d). dk) angelangt. Doch zuvor wollen wir noch ein wenig rasten und rückwärts schauen auf unserm Wege. Am Waldrande, auf den erwärmten Sandsteinhaufen, die gut geschichtet die Feldmark umsäumen, nehmen wir Platz. Die Blicke schweifen rückwärts über das durchwanderte Gebiet bis zu seinen durch die Berge der südlichen Lausitz gesetzten Grenzen — die Gedanken aber beschäftigen sich nicht allein mit dem Gegen wärtigen, sie schauen auch rückwärts in die Vergangenheit unsers heimatlichen Bodens, durcheilen die Weltgeschichte und ihren Anteil dieses Winkels unserer Heimat daran mit ihren meßbaren Zeiten, tauchen unter in den nur im großen zu schätzenden Zeit spannen der Vorgeschichte und verlieren sich endlich in jenen fer nen Zeitläuften, die wir nicht messen und schätzen können, mit deren Schicksalen sich aber die Erdgeschichte, die Geologie, eifrig beschäftigt. Und die Dubrau verdient es, daß wir etwas bei ihren Schick salen in erdgeschichtlicherZeit, ihrem Werden und Vergehen, ver weilen. Dazu wollen wir uns aber einen ehrwürdigeren Platz als diesen von Menschenhänden aus den Bruchstücken der im Walde versteckten Eteinschürfe aufgebauten aufsuchen. Wenige Schritte auf dem Wege nach Ölsa — und ein rechtwinklig nach rechts ab zweigender Waldweg führt uns nach zwei Minute» an eine drei hundert Meter lange Felsemnauer, in die an einigen Stellen be reits durch Steinschürfung künstliche Löcher gerissen worden sind. Sie gestatten uns den Einblick in den Aufbau dieser natürlichen Felsenmauer. Es lagern fast wagerecht 'oder nur ganz schwach geneigt weiße, graue oder schwach rötliche Sandsteinschichten von seinstem Korn und Gefüge übereinander. Nur unter dem Mikro skope erkennen wir die kleinsten Quarzsplitterchen, aus denen die Zentimeter- bis dezimeterstarken Platten und Schichten bestehen, die deshalb von den Geologen als Dubrau-Quarzit bezeichnet werden. Diese Quarzsplitterchen und die wenigen andern Mineral splitter sind in ein ganz feines Gemenge von Ouarzstaub, tonigen und glimmerigen Zement eingebettet. Wie kommen aber diese wohlgeschichteten Gesteinstrümmer hier auf diese Bergeshöhe? Wohl ist uns bekannt, daß das Wasser den Gebirgsschutt hinab zu Tale führt, den größten in den Flüssen ablagert und den fein sten Staub bis ins Meer trägt und hier sorgfältig geschichtet ab setzt. Vielleicht war diese Stätte der Ablagerung einstmals ein Binnensee, weil uns der Glaube an das Fluten des Meeres in diesem Heimatwinkel nicht kommen will. Und doch müssen wir daran glauben, seitdem die Zeugen dafür aus jener fernsten Zeit aufgetäucht sind und uns von dem silurischen Meere in unserer Heimat erzählen. Fm Lahre 1872 sand einGörlitzer (Bergmeister Schmidt) im Quarzit der Grotz-Radischer Dubrau drei Stein kerne von Muscheln, die von Professor Geinitz als der IZnZuIu koimlti, einer aus den silurischen Schichten Englands bekannten Meeresmuschei, am meisten nahestehend erkannt wurden. Später sammelten noch ein Schüler des Nieskyer Pädagogiums (Haus- mann^und 1874 Dr.R. Peck (der verdienstvolle ehemalige Kustos der Sammlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz) gleiche und ähnliche Steinkerne. Die geringe Aufgeschlossenheit des Gesteins durch wenige unbedeutende Steinbrüche mag wohl an der Seltenheit der Funde schuld sein. Die vorliegenden wenigen Zeugen bestätigen aber auf das bestimmteste die Entstehung des Dubrou-Quarzits am Grunde eines Meeres, das in der unteren Silurzeit (am Beginn des Altertums der Erdgeschichte) in unsrer Oberlausitz flutete. Nur ein kleiner Rest jener silurischen Schichten hat sich durch all die wechselnden Schicksale des heimatlichen Bodens mit seinen Hebungen und Senkungen, Perioden vulka nischer Tätigkeit und Meeresbedeckungen, Faltungen und Zer reißungen der Erdrinde hindurch an der Oberfläche halten können. Wie eine Insel ragt heute der Dubrau-Quarzit der Groß-Radischer Berge aus einem Meer von losem Schutt, den Sanden, Kiesen, Lehmen und Tonen der jüngsten geologischen Vergangenheit, aus dem Diluvium heraus. Nur an seinem Südabhange, im nörd- liehen Drittel von Groß-Radisch, ist ihm ein anderes, aber jün geres altzeitliches Gestein, die Culm-Grauwacke, benachbart und baut den durch seine östliche Aussicht bemerkenswerten Monu- mentenberg auf. Im Vergleich zu seinem älteren Nachbar nimmt letzterer aber nur einen bescheidenen Platz an der Sonne in diesem heimatlichen Winkel ein. Das die Groß-Radischer Berge beherr schende Gestein ist der Quarzit und er bildet das älteste erd geschichtliche Naturdenkmal unserer Heimat. Seine zähe Widerstandskraft gegen die Verwitterung hat ihn auch zu einem beachtenswerten und im Landschaftsbilde sich scharf bis in die Niederlausitz hinein abhebenden Wanderziel verhalfen, das aber infolge seiner Lage abseits von den großen Verkehrs wegen noch viele Jahre nur von den wenigen Wanderern aus gesucht werden wird, welche die ehrwürdige Vergangenheit und die an stiller Freude genußreiche Gegenwart aus seinen Höhen zu schätzen wissen. Ungehindert schweift der Blick von den Quarzit platten des Nordendes der Felsenmauer über die weiten, stillen Heidewälder im Westen, Norden und Osten, aus denen nur ver einzelt die ebenso stillen Heidedörfcr der „wendischen Hunde türkei", wie ältere Generationen jene ihnen gänzlich unbekannte Gegend zu benennen liebten, sichtbar werden. Hie und da, öfters auch neben- und aneinandergereiht wie Perlen an Schnüren, glänzen die Spiegel der zahlreichen Heideteiche in dem Schwarz der Kieferwälder, die Reste jener gewaltigen Gewässer des nach eiszeitlichen Oberlausitzer Urstroms, der im Norden dieses Felsen- denkmaies von Osten nach Westen vorüberrauschle. In unserer allernächsten Nähe aber wird der Blick gefesselt von einem in unserer Heimat nicht oft sich wiederholenden Bilde der Eichen bestände dieser Berge, besonders in östlicher Richtung über die Collmer Dubrau. Aber auch in die Nadelholzbestände derülsaer, Daubaner, Gröditzer und Necherner Dubrau mischt sich die Eiche und wir verstehen, warum die Bewohner der angrenzenden Dörfer ihren Anteil an dem Bergwalde „Dubrau" (--- der Eichenwald) nannten. Ob dieses pflanzengeographische Denkmal auch in Zukunft wird dieselbe Widerstandskraft gegen die vordringende Nadel- holzkultur ausbieten können wie das geologische Naturdenkmal gegen den Zahn der Zeit, die Verwitterung? Der aufsteigende Zweifel tritt bei dem steilen Abstiege ganz in den Hintergrund; auf kaum sichtbarem Fußsteige, der die Spuren seiner Nichtbe nützung sichtbar zeigt, und dann mühsam zwischen Eichengestrüpp hindurch nähern mir uns dem Tälchen, in dem ein Gewässerchen von der Senkung zwischen dem östlichen (302 m) und dem west lichen (307 m) Gipfel auf die Romanik-Teiche zwischen Steinölsa und Slsa zu den Nordabhang der Dubrau hinabrinnt. Dieses Tälchen verdankt seine erste Anlage vermutlich einem Reißen der Dubrauschichten, einer „Nord-Süd-Verwerfung". Wir folgen der Richtung dieses Wässerchens, das früher zu drei kleinen Wald teichen angestaut wurde, heute aber nur mühsam durch die Wiesen flecke hindurch findet. Doch sein Weg ist nicht weiter auch der unsrige, der uns in und durch das mit seinen sauberen Wegen und Häuschen so freundlich anmutende Steinölsa auf die Niesky- Bautzener Kunststraße führt. Noch 10 km trennen uns von dem Nieskyer Bahnhofe, von wo aus die Heimfahrt 6 Uhr abends mit dem Dampfroß angetreten werden soll. Das Stahlroß, das wir bisher bergauf und bergab geführt, ist zu Gegendiensten schon bereit. Aber vorher lasten wir noch ein Weilchen den Blick auf dem vor uns liegenden Bilde verweilen: Bor uns die Teiche von Steinölsa im grünen Grunde, dahinter das freundliche Dörfchen mit seinen in bunten Farben versteckten Häuschen und den Türmchen des Gutes und dahinter aufgebaut die doppelgipflige Dubrau, eingehüllt vom violetten Schimmer der Spätnachmittagssonne und der herbstlichen Farbe ihres Laubkleides. Wir müssen uns trennen, schon lassen sich die Karwffelhacker des benachbaiten Feldes durch unsere Andacht stören. Darum schnell zu Roß, das auf solch guter Straße uns dem Abschlußziele schneller nähert als gedacht und neben der Land schaftsbesichtigung auch noch einige geologische Bemerkungen er laubt. An der Grenze ihrer Gemarkung begrüßt uns die Gemeinde Sproitz mit 3 Dasaltsäulen aus den so wertvollen Basaltbrüchen am Kirchberge östlich des Dorfes, in deren Tiefe wir schnell einen Blick von ihrem dicht an der Straße gelegenen Südrande au»